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Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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bieten sie in großen Ebenen, große Jnseln dar
diese werden als ein Delta gebildet oder in
der Ebene durch Bifocation, oft entstehen
sie auch durch Kanäle. Dergleichen ist das
spanische Guyana in Südamerika u. das
größte Mesopotamien liegt zwischen dem
Amazonenstrom u. dem Rio negro. Die
Breite dieser Longitudinal-Becken sind
oft so beträchtlich, daß sie oft den Wanderungen
der Völker Hindernisse in den Weg legten.
Die Flüsse sind in einer Entfernung von 100
Mb. von ihrem Ausfluß zuweilen noch 12-18000
Fuß breit u. der Golf einiger beträgt selbst
40 Meilen Breite. Es sind dies gleichsam Süß-
wasserbecken, von denen Franklin ganz richtig
sagt, daß sich durch diese die Flüße mehr
in die Atmosphäre als in die Meere ergie-
ßen. Durch das stete Zurückdrängen der
Meeresfluth verdünstet die größte Masse
des Wassers. Wasser trägt in sich die Be-
dingung alles organische Lebens; es enthält
4 mal mehr Sauerstoff als die Luft. Auf
dem Monde läßt sich eine organisirte Natur
wie die unsrige nicht denken, weil der
Unebenheiten auf demselben wegen, eine
Flüssigkeit wie unser Gewässer nicht da
sein kann. Die Existenz desselben auf der Erde
ist für die Organisation der Wesen nächst
der Luft nothwendiger als die Berührung
des Sonnenlichts, da theils in den finstern Tiefen
der Gewässer, theils in finstern Höhlen Geschöpfe
u. Gewächse leben u. wachsen können. Un-
ser Planet hat zwei Umhüllungen, eine
allgemeine, die Luft, u. eine parzielle,

das

bieten ſie in großen Ebenen, große Jnſeln dar
dieſe werden als ein Delta gebildet oder in
der Ebene durch Bifocation, oft entſtehen
ſie auch durch Kanäle. Dergleichen iſt das
ſpaniſche Guyana in Südamerika u. das
größte Meſopotamien liegt zwiſchen dem
Amazonenſtrom u. dem Rio negro. Die
Breite dieſer Longitudinal-Becken ſind
oft ſo beträchtlich, daß ſie oft den Wanderungen
der Völker Hinderniſſe in den Weg legten.
Die Flüſſe ſind in einer Entfernung von 100
Mb. von ihrem Ausfluß zuweilen noch 12–18000
Fuß breit u. der Golf einiger beträgt ſelbſt
40 Meilen Breite. Es ſind dies gleichſam Süß-
waſſerbecken, von denen Franklin ganz richtig
ſagt, daß ſich durch dieſe die Flüße mehr
in die Atmoſphäre als in die Meere ergie-
ßen. Durch das ſtete Zurückdrängen der
Meeresfluth verdünſtet die größte Maſſe
des Waſſers. Waſſer trägt in ſich die Be-
dingung alles organiſche Lebens; es enthält
4 mal mehr Sauerſtoff als die Luft. Auf
dem Monde läßt ſich eine organiſirte Natur
wie die unſrige nicht denken, weil der
Unebenheiten auf demſelben wegen, eine
Flüſſigkeit wie unſer Gewäſſer nicht da
ſein kañ. Die Exiſtenz deſſelben auf der Erde
iſt für die Organiſation der Weſen nächſt
der Luft nothwendiger als die Berührung
des Soñenlichts, da theils in den finſtern Tiefen
der Gewäſſer, theils in finſtern Höhlen Geſchöpfe
u. Gewächſe leben u. wachſen köñen. Un-
ſer Planet hat zwei Umhüllungen, eine
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[229./0246] bieten ſie in großen Ebenen, große Jnſeln dar dieſe werden als ein Delta gebildet oder in der Ebene durch Bifocation, oft entſtehen ſie auch durch Kanäle. Dergleichen iſt das ſpaniſche Guyana in Südamerika u. das größte Meſopotamien liegt zwiſchen dem Amazonenſtrom u. dem Rio negro. Die Breite dieſer Longitudinal-Becken ſind oft ſo beträchtlich, daß ſie oft den Wanderungen der Völker Hinderniſſe in den Weg legten. Die Flüſſe ſind in einer Entfernung von 100 Mb. von ihrem Ausfluß zuweilen noch 12–18000 Fuß breit u. der Golf einiger beträgt ſelbſt 40 Meilen Breite. Es ſind dies gleichſam Süß- waſſerbecken, von denen Franklin ganz richtig ſagt, daß ſich durch dieſe die Flüße mehr in die Atmoſphäre als in die Meere ergie- ßen. Durch das ſtete Zurückdrängen der Meeresfluth verdünſtet die größte Maſſe des Waſſers. Waſſer trägt in ſich die Be- dingung alles organiſche Lebens; es enthält 4 mal mehr Sauerſtoff als die Luft. Auf dem Monde läßt ſich eine organiſirte Natur wie die unſrige nicht denken, weil der Unebenheit auf demſelben wegen, eine Flüſſigkeit wie unſer Gewäſſer nicht da ſein kañ. Die Exiſtenz deſſelben auf der Erde iſt für die Organiſation der Weſen nächſt der Luft nothwendiger als die Berührung des Soñenlichts, da theils in den finſtern Tief der Gewäſſer, theils in finſtern Höhlen Geſchöpfe u. Gewächſe leben u. wachſen köñen. Un- ſer Planet hat zwei Umhüllungen, eine allgemeine, die Luft, u. eine parzielle, das

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Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 229.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/246>, abgerufen am 23.11.2024.