Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

dieselben Jdee hierüber wie D. Bernoulli hat[-]
ten. Aristoteles sagt es in seinen naturhistor.
Werken sehr schön, daß in der Ebene unten
die Wärme stralender wie oben sei. Jn
der größten Höhe nahm er freilich eine warme
Aetherschicht an, wie überhaupt die Alten glaub-
ten daß nach einem Extrem dieselbe erste
Erscheinung wiederkehre. Das Riphaeische
Gebirge war nach ihnen der kälteste Punkt
u. dann finge wieder die Wärme an. Eben[-]
mäßig sollte der Aequator sehr kalt sein[.]
Gewiße Berge sollten in die warmen Luft-
schichten reichen, wo der behagliche Sitz der
Götter wäre. Die allgemeine Kenntniß
der obern Luftschichten ist nicht allein wichtig
viele Phänomene zu erklären, sie ist auch
wichtig für die Kultur der Menschheit. Jn
der temperirten Zone sind die Ebenen wo
Menschen leben sehr niedrig. Bayern ist nur
1500' hoch. Wenn gleich einzelne Dörfer zb[.]
Betta 7100' hoch liegt, so leben doch im Gan-
zen selbst Gebirgsvölker tief in den Thäler
u. es giebt keine Hochebenen. Jn den Tropen
freilich sind hohe Bergjöcher wo Millionen
Menschen leben. Jn nördl. Breiten von
40-45° leben in der Höhe von 7000' die
Völker nicht. Jn Süd Amerika, Habesch etc.
da sind Platoseaus von 6-7000 Fuß Höhe.
Jn Tibet wo verschiedene Gebirgsketten
das Himalaja Gebirge, d[unleserliches Material]er Bogdo, Altai
zusammenstoßen, giebt es Gebirgshöhen von
einem Flächeninhalt wie Neuholland u.
wird dorten der Akerbau bis zu einer
Höhe von 14000 Fuß getrieben. An ande[rn]
Orten ist selbst unter dem Aequator eine
solche Höhe mit Eis bedeckt u. die Ursache
ist die Strahlung der Ebene in dieser
Höhe. Millionen Menschen leben hier in hoher Region[.]

Die

dieſelben Jdee hierüber wie D. Bernoulli hat[-]
ten. Ariſtoteles ſagt es in ſeinen naturhiſtor.
Werken ſehr ſchön, daß in der Ebene unten
die Wärme ſtralender wie oben ſei. Jn
der größten Höhe nahm er freilich eine warme
Aetherſchicht an, wie überhaupt die Alten glaub-
ten daß nach einem Extrem dieſelbe erſte
Erſcheinung wiederkehre. Das Riphaeiſche
Gebirge war nach ihnen der kälteſte Punkt
u. dañ finge wieder die Wärme an. Eben[-]
mäßig ſollte der Aequator ſehr kalt ſein[.]
Gewiße Berge ſollten in die warmen Luft-
ſchichten reichen, wo der behagliche Sitz der
Götter wäre. Die allgemeine Keñtniß
der obern Luftſchichten iſt nicht allein wichtig
viele Phänomene zu erklären, ſie iſt auch
wichtig für die Kultur der Menſchheit. Jn
der temperirten Zone ſind die Ebenen wo
Menſchen leben ſehr niedrig. Baÿern iſt nur
1500′ hoch. Weñ gleich einzelne Dörfer zb[.]
Betta 7100′ hoch liegt, ſo leben doch im Gan-
zen ſelbſt Gebirgsvölker tief in den Thäler
u. es giebt keine Hochebenen. Jn den Tropen
freilich ſind hohe Bergjöcher wo Millionen
Menſchen leben. Jn nördl. Breiten von
40–45° leben in der Höhe von 7000′ die
Völker nicht. Jn Süd Amerika, Habeſch etc.
da ſind Platoseaus von 6–7000 Fuß Höhe.
Jn Tibet wo verſchiedene Gebirgsketten
das Himalaja Gebirge, d[unleserliches Material]er Bogdo, Altai
zuſam̃enſtoßen, giebt es Gebirgshöhen von
einem Flächeninhalt wie Neuholland u.
wird dorten der Akerbau bis zu einer
Höhe von 14000 Fuß getrieben. An ande[rn]
Orten iſt ſelbſt unter dem Aequator eine
ſolche Höhe mit Eis bedeckt u. die Urſache
iſt die Strahlung der Ebene in dieſer
Höhe. Millionen Menſchen leben hier in hoher Region[.]

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div xml:id="Ms_germ_fol_842" prev="#Ms_germ_fol_841">
        <div type="session" n="50">
          <p><pb facs="#f0333" n="316."/>
die&#x017F;elben Jdee hierüber wie <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118656503 http://d-nb.info/gnd/118656503">D. Bernoulli</persName></hi> hat<supplied reason="damage" resp="#BF">-</supplied><lb/>
ten. <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118650130 http://d-nb.info/gnd/118650130">Ari&#x017F;toteles</persName></hi> &#x017F;agt es in <choice><abbr>&#x017F;ein&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">&#x017F;einen</expan></choice> naturhi&#x017F;tor.<lb/>
Werken &#x017F;ehr &#x017F;chön, daß in der Ebene unten<lb/>
die Wärme &#x017F;tralender wie oben &#x017F;ei. Jn<lb/>
der größten Höhe nahm er freilich eine warme<lb/>
Aether&#x017F;chicht an, wie überhaupt die Alten glaub-<lb/>
ten daß nach einem Extrem die&#x017F;elbe er&#x017F;te<lb/>
Er&#x017F;cheinung wiederkehre. Das <hi rendition="#aq">Riphaei</hi>&#x017F;che<lb/>
Gebirge war nach ihnen der kälte&#x017F;te Punkt<lb/>
u. dan&#x0303; finge wieder die Wärme an. Eben<supplied reason="damage" resp="#BF">-</supplied><lb/>
mäßig &#x017F;ollte der Aequator &#x017F;ehr kalt &#x017F;ein<supplied reason="damage" resp="#BF">.</supplied><lb/>
Gewiße Berge &#x017F;ollten in die warmen Luft-<lb/>
&#x017F;chichten reichen, wo der behagliche Sitz der<lb/>
Götter wäre. Die allgemeine Ken&#x0303;tniß<lb/>
der obern Luft&#x017F;chichten i&#x017F;t nicht allein wichtig<lb/>
viele Phänomene zu erklären, &#x017F;ie i&#x017F;t auch<lb/>
wichtig für die Kultur der Men&#x017F;chheit. Jn<lb/>
der temperirten Zone &#x017F;ind die Ebenen wo<lb/>
Men&#x017F;chen leben &#x017F;ehr niedrig. Baÿern i&#x017F;t nur<lb/>
1500&#x2032; hoch. Wen&#x0303; gleich einzelne Dörfer z<unclear reason="illegible" cert="high" resp="#BF">b</unclear><supplied reason="damage" resp="#BF">.</supplied><lb/><hi rendition="#aq">Betta</hi> 7100&#x2032; hoch liegt, &#x017F;o leben doch im Gan-<lb/>
zen &#x017F;elb&#x017F;t Gebirgsvölker tief in den Thäler<lb/>
u. es giebt keine <choice><orig>HochEbenen</orig><reg resp="#BF">Hochebenen</reg></choice>. Jn den Tropen<lb/>
freilich &#x017F;ind hohe Bergjöcher wo <choice><abbr>Million&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Millionen</expan></choice><lb/>
Men&#x017F;chen leben. Jn nördl. Breiten von<lb/>
40&#x2013;45° leben in der Höhe von 7000&#x2032; die<lb/>
Völker nicht. Jn Süd Amerika, Habe&#x017F;ch <choice><orig><hi rendition="#aq">p</hi></orig><reg resp="#BF"><hi rendition="#aq">etc</hi>.</reg></choice><lb/>
da &#x017F;ind Plat<subst><del rendition="#ow"><unclear reason="covered" cert="high" resp="#BF">os</unclear></del><add place="across">ea</add></subst>us von 6&#x2013;7000 Fuß Höhe.<lb/>
Jn Tibet wo ver&#x017F;chiedene Gebirgsketten<lb/>
das Himalaja Gebirge, d<subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">er</add></subst> Bogdo, Alta<unclear reason="illegible" cert="low" resp="#BF">i</unclear><lb/>
zu&#x017F;am&#x0303;en&#x017F;toßen, giebt es Gebirgshöhen von<lb/>
einem Flächeninhalt wie Neuholland u.<lb/>
wird dorten der Akerbau bis zu einer<lb/>
Höhe von 14000 Fuß getrieben. An ande<supplied reason="damage" resp="#BF">rn</supplied><lb/>
Orten i&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t unter dem Aequator eine<lb/>
&#x017F;olche Höhe mit Eis bedeckt u. die Ur&#x017F;ache<lb/>
i&#x017F;t die Strahlung der Ebene in die&#x017F;er<lb/>
Höhe. <choice><abbr>Million&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Millionen</expan></choice> Men&#x017F;chen leben hier in hoher Region<supplied reason="damage" resp="#BF">.</supplied><lb/>
<fw type="catch" place="bottom">Die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316./0333] dieſelben Jdee hierüber wie D. Bernoulli hat- ten. Ariſtoteles ſagt es in ſein naturhiſtor. Werken ſehr ſchön, daß in der Ebene unten die Wärme ſtralender wie oben ſei. Jn der größten Höhe nahm er freilich eine warme Aetherſchicht an, wie überhaupt die Alten glaub- ten daß nach einem Extrem dieſelbe erſte Erſcheinung wiederkehre. Das Riphaeiſche Gebirge war nach ihnen der kälteſte Punkt u. dañ finge wieder die Wärme an. Eben- mäßig ſollte der Aequator ſehr kalt ſein. Gewiße Berge ſollten in die warmen Luft- ſchichten reichen, wo der behagliche Sitz der Götter wäre. Die allgemeine Keñtniß der obern Luftſchichten iſt nicht allein wichtig viele Phänomene zu erklären, ſie iſt auch wichtig für die Kultur der Menſchheit. Jn der temperirten Zone ſind die Ebenen wo Menſchen leben ſehr niedrig. Baÿern iſt nur 1500′ hoch. Weñ gleich einzelne Dörfer zb. Betta 7100′ hoch liegt, ſo leben doch im Gan- zen ſelbſt Gebirgsvölker tief in den Thäler u. es giebt keine HochEbenen. Jn den Tropen freilich ſind hohe Bergjöcher wo Million Menſchen leben. Jn nördl. Breiten von 40–45° leben in der Höhe von 7000′ die Völker nicht. Jn Süd Amerika, Habeſch p da ſind Plateaus von 6–7000 Fuß Höhe. Jn Tibet wo verſchiedene Gebirgsketten das Himalaja Gebirge, der Bogdo, Altai zuſam̃enſtoßen, giebt es Gebirgshöhen von einem Flächeninhalt wie Neuholland u. wird dorten der Akerbau bis zu einer Höhe von 14000 Fuß getrieben. An andern Orten iſt ſelbſt unter dem Aequator eine ſolche Höhe mit Eis bedeckt u. die Urſache iſt die Strahlung der Ebene in dieſer Höhe. Million Menſchen leben hier in hoher Region. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/333
Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 316.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/333>, abgerufen am 31.10.2024.