Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Berge gerathen leben hier 100te von Jahren[.]
Noch neulich erhielt ich aus 1000 Fuß tiefen
Gruben Freibergs lebende Pitzker, u. die
Vulkane schleudern häufig todte Fische herau[s.]
Jn großer Tiefe des Meeres ohne Lichtstrahl
leben Fische, mit großen Augen versehen
u. man kann es nicht erklären, wozu sie
ihnen nutzen, obgleich nur wenige hier anz[u-]
treffen. Herr Biot hat versucht im Mittel[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Meer in einen Tiefe von 5000 Fuß zu Fischen
u. er fand einige Arten, deren Schwimmblas[e]
merkwürdig genug mit reinem Sauerstoff
beinahe 0,85 angefüllt war, anstatt daß
Fische höherer Wasserschichten fast nur Stickstof[f]
in ihrer Blase haben. Auf Bergen steigt
das animalische nicht so hoch wie das vege-
tabilische. Bei 10000 Fuß Höhe ist in den
Anden u. 2000 Fuß unter der Schneegrenze
der Pyrenäen schwer etwas Lebendiges
mehr zu finden, ausgenommen geflügelte Jnsecten
die auch die aufsteigenden Luftströme erheben können
Die Vögel erheben sich allerdings, wie Zb. de[r]
Condor bis zu 82000 Fuß Höhe, aber immer n[ur]
da wo Untiefen des Luftozeans unter ihne[n]
sind u. Jai Lussac fand in einer Höhe von
2000 fuß über der Ebene Alles schon thie[r-]
leer.

2. Zahlenverhältniß nach Arten
Wir werfen jetzt einen Blick auf die
Quantität der Species, welche in der Masse
des thierischen Lebens erkannt werden kann
Wie zu Linnees Zeiten kaum 2000 Pfl. gekannt
wurden u. jetzt schon 60000 Pflanzspecies ge-
zählt werden: so ist es auch mit den Thieren
gegangen. Fabricius kannte nur 11000 Jnsec-
ten u. gegenwärtig sind bereits über 4400
beschrieben; das königl. Museum hat allein
30000 Species. von Säugethieren ware[n]
vor 50 Jahren 420 Species bekannt, jetzt
900. Wollte man ein Jnventarium der
Thierwelt aufstellen; so könnte man mit

Sicherheit

Berge gerathen leben hier 100te von Jahren[.]
Noch neulich erhielt ich aus 1000 Fuß tiefen
Gruben Freibergs lebende Pitzker, u. die
Vulkane ſchleudern häufig todte Fiſche herau[s.]
Jn großer Tiefe des Meeres ohne Lichtſtrahl
leben Fiſche, mit großen Augen verſehen
u. man kañ es nicht erklären, wozu ſie
ihnen nutzen, obgleich nur wenige hier anz[u-]
treffen. Herr Biot hat verſucht im Mittel[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Meer in einen Tiefe von 5000 Fuß zu Fiſchen
u. er fand einige Arten, deren Schwim̃blaſ[e]
merkwürdig genug mit reinem Sauerſtoff
beinahe 0,85 angefüllt war, anſtatt daß
Fiſche höherer Waſſerſchichten faſt nur Stickſtof[f]
in ihrer Blaſe haben. Auf Bergen ſteigt
das animaliſche nicht ſo hoch wie das vege-
tabiliſche. Bei 10000 Fuß Höhe iſt in den
Anden u. 2000 Fuß unter der Schneegrenze
der Pyrenäen ſchwer etwas Lebendiges
mehr zu finden, ausgenom̃en geflügelte Jnſecten
die auch die aufſteigenden Luftſtröme erheben köñen
Die Vögel erheben ſich allerdings, wie Zb. de[r]
Condor bis zu 82000 Fuß Höhe, aber im̃er n[ur]
da wo Untiefen des Luftozeans unter ihne[n]
ſind u. Jai Lussac fand in einer Höhe von
2000 fuß über der Ebene Alles ſchon thie[r-]
leer.

2. Zahlenverhältniß nach Arten
Wir werfen jetzt einen Blick auf die
Quantität der Species, welche in der Maſſe
des thieriſchen Lebens erkañt werden kañ
Wie zu Liñees Zeiten kaum 2000 Pfl. gekañt
wurden u. jetzt ſchon 60000 Pflanzſpecies ge-
zählt werden: ſo iſt es auch mit den Thieren
gegangen. Fabricius kañte nur 11000 Jnſec-
ten u. gegenwärtig ſind bereits über 4400
beſchrieben; das königl. Muſeum hat allein
30000 Species. von Säugethieren ware[n]
vor 50 Jahren 420 Species bekañt, jetzt
900. Wollte man ein Jnventarium der
Thierwelt aufſtellen; ſo köñte man mit

Sicherheit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div xml:id="Ms_germ_fol_842" prev="#Ms_germ_fol_841">
        <div type="session" n="58">
          <p><pb facs="#f0383" n="366."/>
Berge gerathen leben hier 100te von Jahren<supplied reason="damage" resp="#BF">.</supplied><lb/>
Noch neulich erhielt ich aus 1000 Fuß tiefen<lb/>
Gruben <hi rendition="#aq">Freibergs</hi> lebende Pitzker, u. die<lb/>
Vulkane &#x017F;chleudern häufig todte Fi&#x017F;che herau<supplied reason="damage" resp="#BF">s.</supplied><lb/>
Jn großer Tiefe des Meeres ohne Licht&#x017F;trahl<lb/>
leben Fi&#x017F;che, mit großen Augen ver&#x017F;ehen<lb/>
u. man kan&#x0303; es nicht erklären, wozu &#x017F;ie<lb/>
ihnen nutzen, obgleich nur wenige hier anz<supplied reason="damage" resp="#BF">u-</supplied><lb/>
treffen. <choice><abbr>H&#xFFFC;.</abbr><expan resp="#BF">Herr</expan></choice> <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-11618860X http://d-nb.info/gnd/11618860X">Biot</persName></hi> hat ver&#x017F;ucht im Mittel<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
Meer in einen Tiefe von 5000 Fuß zu Fi&#x017F;chen<lb/>
u. er fand einige Arten, deren Schwim&#x0303;bla&#x017F;<supplied reason="damage" resp="#BF">e</supplied><lb/>
merkwürdig genug mit reinem Sauer&#x017F;toff<lb/>
beinahe 0,85 angefüllt war, an&#x017F;tatt daß<lb/>
Fi&#x017F;che höherer Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;chichten fa&#x017F;t nur Stick&#x017F;tof<supplied reason="damage" resp="#BF">f</supplied><lb/>
in ihrer Bla&#x017F;e haben. Auf Bergen &#x017F;teigt<lb/>
das animali&#x017F;che nicht &#x017F;o hoch wie das vege-<lb/>
tabili&#x017F;che. Bei 10000 Fuß Höhe i&#x017F;t in den<lb/><unclear reason="illegible" resp="#textloop">Anden</unclear> u. 2000 Fuß unter der <choice><sic>Schnegrenze</sic><corr resp="#textloop">Schneegrenze</corr></choice><lb/>
der Pyrenäen &#x017F;chwer etwas Lebendiges<lb/>
mehr zu finden, ausgenom&#x0303;en geflügelte Jn&#x017F;ecten<lb/>
die auch die auf&#x017F;teigenden Luft&#x017F;tröme erheben kön&#x0303;en<lb/>
Die Vögel erheben &#x017F;ich allerdings, wie Zb. de<supplied reason="damage" resp="#BF">r</supplied><lb/>
Condor bis zu 82000 Fuß Höhe, aber im&#x0303;er n<supplied reason="damage" resp="#BF">ur</supplied><lb/>
da wo <choice><abbr>Untief&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Untiefen</expan></choice> <choice><abbr>ds</abbr><expan resp="#BF">des</expan></choice> Luftozeans unter ihne<supplied reason="damage" resp="#BF">n</supplied><lb/>
&#x017F;ind u. <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118716581 http://d-nb.info/gnd/118716581">Jai Lussac</persName></hi> fand in einer Höhe von<lb/>
2000 fuß über der Ebene Alles &#x017F;chon th<unclear reason="illegible" cert="high" resp="#BF">ie<supplied reason="damage" resp="#BF">r-</supplied></unclear><lb/>
leer.</p><lb/>
          <p><note place="left">2. Zahlenverhältniß nach Arten<lb/></note>Wir werfen jetzt einen Blick auf die<lb/>
Quantität der Species, welche in der Ma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
des thieri&#x017F;chen Lebens erkan&#x0303;t werden kan&#x0303;<lb/>
Wie zu <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118573349 http://d-nb.info/gnd/118573349">Lin&#x0303;ee</persName>s</hi> Zeiten kaum 2000 Pfl. gekan&#x0303;t<lb/>
wurden u. jetzt &#x017F;chon 60000 Pflanz&#x017F;pecies ge-<lb/>
zählt werden: &#x017F;o i&#x017F;t es auch mit den Thieren<lb/>
gegangen. <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-115636978 http://d-nb.info/gnd/115636978">Fabricius</persName></hi> kan&#x0303;te nur 11000 Jn&#x017F;ec-<lb/>
ten u. gegenwärtig &#x017F;ind bereits über 4400<lb/>
be&#x017F;chrieben; das königl. Mu&#x017F;eum hat allein<lb/>
30000 Species. von Säugethieren ware<supplied reason="damage" resp="#BF">n</supplied><lb/>
vor 50 Jahren 420 Species bekan&#x0303;t, jetzt<lb/>
900. Wollte man ein Jnventarium der<lb/>
Thierwelt auf&#x017F;tellen; &#x017F;o kön&#x0303;te man mit<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">Sicherheit</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366./0383] Berge gerathen leben hier 100te von Jahren. Noch neulich erhielt ich aus 1000 Fuß tiefen Gruben Freibergs lebende Pitzker, u. die Vulkane ſchleudern häufig todte Fiſche heraus. Jn großer Tiefe des Meeres ohne Lichtſtrahl leben Fiſche, mit großen Augen verſehen u. man kañ es nicht erklären, wozu ſie ihnen nutzen, obgleich nur wenige hier anzu- treffen. H. Biot hat verſucht im Mittel_ Meer in einen Tiefe von 5000 Fuß zu Fiſchen u. er fand einige Arten, deren Schwim̃blaſe merkwürdig genug mit reinem Sauerſtoff beinahe 0,85 angefüllt war, anſtatt daß Fiſche höherer Waſſerſchichten faſt nur Stickſtoff in ihrer Blaſe haben. Auf Bergen ſteigt das animaliſche nicht ſo hoch wie das vege- tabiliſche. Bei 10000 Fuß Höhe iſt in den Anden u. 2000 Fuß unter der Schneegrenze der Pyrenäen ſchwer etwas Lebendiges mehr zu finden, ausgenom̃en geflügelte Jnſecten die auch die aufſteigenden Luftſtröme erheben köñen Die Vögel erheben ſich allerdings, wie Zb. der Condor bis zu 82000 Fuß Höhe, aber im̃er nur da wo Untief ds Luftozeans unter ihnen ſind u. Jai Lussac fand in einer Höhe von 2000 fuß über der Ebene Alles ſchon thier- leer. Wir werfen jetzt einen Blick auf die Quantität der Species, welche in der Maſſe des thieriſchen Lebens erkañt werden kañ Wie zu Liñees Zeiten kaum 2000 Pfl. gekañt wurden u. jetzt ſchon 60000 Pflanzſpecies ge- zählt werden: ſo iſt es auch mit den Thieren gegangen. Fabricius kañte nur 11000 Jnſec- ten u. gegenwärtig ſind bereits über 4400 beſchrieben; das königl. Muſeum hat allein 30000 Species. von Säugethieren waren vor 50 Jahren 420 Species bekañt, jetzt 900. Wollte man ein Jnventarium der Thierwelt aufſtellen; ſo köñte man mit Sicherheit 2. Zahlenverhältniß nach Arten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/383
Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 366.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/383>, abgerufen am 22.11.2024.