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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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mähte, längst mit dem Schulzenzepter in der ei¬
nen Hand und mit dem Bettelstabe in der andern,
hätte von seinem regierenden Haus und Hof zie¬
hen müßen, wovon er eigentlich nur der Pächter
seiner Gläubiger war.

Nur eine Arzenei gabs für ihn, nämlich den
Entschlus das Haus und dadurch die Schultheis¬
serei wegzugeben. Aber er ließ sich eben so gerne
köpfen, als er diese Arzenei nur roch, oder ein¬
nahm, einen Gifttrunk seiner ganzen Zukunft.

Erstlich war die Dorfschulzenschaft seit un¬
denklichen Zeiten bei seiner Familie gewesen, wie
die Regentengeschichte derselben beweiset, sein Jus
und Herz hieng daran, ja seine ewige Seligkeit,
weil er wuste, daß im ganzen Dorfe kein so gu¬
ter Jurist für diesen Posten zu finden war als er,
wiewol Sachverständige erklärten, es werde zu
diesem Posten nicht mehr gefordert als zu einem
römischen Kaiser nach der goldnen Bulle*), näm¬
lich ein gerechter, guter und brauchbarer Mann.
Sein Haus anlangend, so trat vollends fol¬
gender frappanter Jammer ein.

*) Aur. bull. II. r. homo justus, bonus et utilis.

maͤhte, laͤngſt mit dem Schulzenzepter in der ei¬
nen Hand und mit dem Bettelſtabe in der andern,
haͤtte von ſeinem regierenden Haus und Hof zie¬
hen muͤßen, wovon er eigentlich nur der Paͤchter
ſeiner Glaͤubiger war.

Nur eine Arzenei gabs fuͤr ihn, naͤmlich den
Entſchlus das Haus und dadurch die Schultheiſ¬
ſerei wegzugeben. Aber er ließ ſich eben ſo gerne
koͤpfen, als er dieſe Arzenei nur roch, oder ein¬
nahm, einen Gifttrunk ſeiner ganzen Zukunft.

Erſtlich war die Dorfſchulzenſchaft ſeit un¬
denklichen Zeiten bei ſeiner Familie geweſen, wie
die Regentengeſchichte derſelben beweiſet, ſein Jus
und Herz hieng daran, ja ſeine ewige Seligkeit,
weil er wuſte, daß im ganzen Dorfe kein ſo gu¬
ter Juriſt fuͤr dieſen Poſten zu finden war als er,
wiewol Sachverſtaͤndige erklaͤrten, es werde zu
dieſem Poſten nicht mehr gefordert als zu einem
roͤmiſchen Kaiſer nach der goldnen Bulle*), naͤm¬
lich ein gerechter, guter und brauchbarer Mann.
Sein Haus anlangend, ſo trat vollends fol¬
gender frappanter Jammer ein.

*) Aur. bull. II. r. homo justus, bonus et utilis.
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[55/0065] maͤhte, laͤngſt mit dem Schulzenzepter in der ei¬ nen Hand und mit dem Bettelſtabe in der andern, haͤtte von ſeinem regierenden Haus und Hof zie¬ hen muͤßen, wovon er eigentlich nur der Paͤchter ſeiner Glaͤubiger war. Nur eine Arzenei gabs fuͤr ihn, naͤmlich den Entſchlus das Haus und dadurch die Schultheiſ¬ ſerei wegzugeben. Aber er ließ ſich eben ſo gerne koͤpfen, als er dieſe Arzenei nur roch, oder ein¬ nahm, einen Gifttrunk ſeiner ganzen Zukunft. Erſtlich war die Dorfſchulzenſchaft ſeit un¬ denklichen Zeiten bei ſeiner Familie geweſen, wie die Regentengeſchichte derſelben beweiſet, ſein Jus und Herz hieng daran, ja ſeine ewige Seligkeit, weil er wuſte, daß im ganzen Dorfe kein ſo gu¬ ter Juriſt fuͤr dieſen Poſten zu finden war als er, wiewol Sachverſtaͤndige erklaͤrten, es werde zu dieſem Poſten nicht mehr gefordert als zu einem roͤmiſchen Kaiſer nach der goldnen Bulle *), naͤm¬ lich ein gerechter, guter und brauchbarer Mann. Sein Haus anlangend, ſo trat vollends fol¬ gender frappanter Jammer ein. *) Aur. bull. II. r. homo justus, bonus et utilis.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/65>, abgerufen am 24.11.2024.