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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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Goldwäsche seines Bruders zu, er hätte die
Wellen zählen mögen. Vergeblich sah er nach
ihm sich um. Auch Wina sucht' er, aber wie
sollt' er einen Juwel in einer Ebene voll Thau-
Glanz ausfinden? Nach seiner Schäzung und
Vermessung mochten unter den ihm zugekehrten
Mädgen an 47 wahre Anadyomenen, Uranien,
Cytheren und Charitinnen sizen in Pracht; un¬
ter den abgewandten Rücken konnten sie sich
noch höher belaufen.

Er legte sich die Frage vor, wenn diese gan¬
ze Kette von 47 Paradiesvögeln aufstiege, und
er sich einen darunter herabschiessen sollte mit
dem Amors-Pfeil, welchen er wohl nähme? --
-- Er brachte keine andere Antwort aus sich her¬
aus als die: jede, die mir die Hand recht drück¬
te und etwas bei der Natur und für mich em¬
pfände. Da nun unter diesem schönen, Honde¬
koeters *) fliegenden Corps unzählige Raubvö¬
gel, Harpyen und dergleichen gewiß steckten: so
ermesse doch aus diesem Selbstgespräch ein ganz

*) ein großer Vögelmahler.
Flegeljahre II. Bd. 8

Goldwaͤſche ſeines Bruders zu, er haͤtte die
Wellen zaͤhlen moͤgen. Vergeblich ſah er nach
ihm ſich um. Auch Wina ſucht' er, aber wie
ſollt' er einen Juwel in einer Ebene voll Thau-
Glanz ausfinden? Nach ſeiner Schaͤzung und
Vermeſſung mochten unter den ihm zugekehrten
Maͤdgen an 47 wahre Anadyomenen, Uranien,
Cytheren und Charitinnen ſizen in Pracht; un¬
ter den abgewandten Ruͤcken konnten ſie ſich
noch hoͤher belaufen.

Er legte ſich die Frage vor, wenn dieſe gan¬
ze Kette von 47 Paradiesvoͤgeln aufſtiege, und
er ſich einen darunter herabſchieſſen ſollte mit
dem Amors-Pfeil, welchen er wohl naͤhme? —
— Er brachte keine andere Antwort aus ſich her¬
aus als die: jede, die mir die Hand recht druͤck¬
te und etwas bei der Natur und fuͤr mich em¬
pfaͤnde. Da nun unter dieſem ſchoͤnen, Honde¬
koeters *) fliegenden Corps unzaͤhlige Raubvoͤ¬
gel, Harpyen und dergleichen gewiß ſteckten: ſo
ermeſſe doch aus dieſem Selbſtgeſpraͤch ein ganz

*) ein großer Voͤgelmahler.
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[105/0113] Goldwaͤſche ſeines Bruders zu, er haͤtte die Wellen zaͤhlen moͤgen. Vergeblich ſah er nach ihm ſich um. Auch Wina ſucht' er, aber wie ſollt' er einen Juwel in einer Ebene voll Thau- Glanz ausfinden? Nach ſeiner Schaͤzung und Vermeſſung mochten unter den ihm zugekehrten Maͤdgen an 47 wahre Anadyomenen, Uranien, Cytheren und Charitinnen ſizen in Pracht; un¬ ter den abgewandten Ruͤcken konnten ſie ſich noch hoͤher belaufen. Er legte ſich die Frage vor, wenn dieſe gan¬ ze Kette von 47 Paradiesvoͤgeln aufſtiege, und er ſich einen darunter herabſchieſſen ſollte mit dem Amors-Pfeil, welchen er wohl naͤhme? — — Er brachte keine andere Antwort aus ſich her¬ aus als die: jede, die mir die Hand recht druͤck¬ te und etwas bei der Natur und fuͤr mich em¬ pfaͤnde. Da nun unter dieſem ſchoͤnen, Honde¬ koeters *) fliegenden Corps unzaͤhlige Raubvoͤ¬ gel, Harpyen und dergleichen gewiß ſteckten: ſo ermeſſe doch aus dieſem Selbſtgeſpraͤch ein ganz *) ein großer Voͤgelmahler. Flegeljahre II. Bd. 8

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/113>, abgerufen am 24.11.2024.