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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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dinger von 14. 15. Jahren, ein paar Tanzsäle
voll Kleiderschränke möcht' ich euch schenken --
O ihr sanften, sanften Mädgen, wär' ich ein
wenig das Geschick, wie wollt' ich euch lieben
und laben! Und wie kann die grobe Zeit solche
süße Wangen und Aeuglein einst peinigen, naß
und alt machen, und halb auslöschen?" -- --

Diesen Text legte Walt dem Prestissimo
unter.

Da er schon seit Jahren herzlich gewünscht,
in einem schönen weiblichen Auge von Stand und
Kleidung einer Thräne ansichtig zu werden -- --
weil er sich ein schöneres Wasser in diesen har¬
ten Demanten, einen goldnern Regen oder schö¬
nere Vergrösserungslinsen des Herzens
nie zu denken vermocht: -- so sah er nach die¬
sen fallenden Licht- und Himmelskügelgen, die¬
sen Augen der Augen, unter den Mädgen-Bän¬
ken umher; er fand aber -- weil Mädgen schwer
im Putze weinen -- nichts als die ausgehan¬
genen Weinzeichen, die Tücher. Indes für
den Notar war ein Schnupftuch schon eine Zähre
und er ganz zufrieden.

dinger von 14. 15. Jahren, ein paar Tanzſaͤle
voll Kleiderſchraͤnke moͤcht' ich euch ſchenken —
O ihr ſanften, ſanften Maͤdgen, waͤr' ich ein
wenig das Geſchick, wie wollt' ich euch lieben
und laben! Und wie kann die grobe Zeit ſolche
ſuͤße Wangen und Aeuglein einſt peinigen, naß
und alt machen, und halb ausloͤſchen?“ — —

Dieſen Text legte Walt dem Preſtiſſimo
unter.

Da er ſchon ſeit Jahren herzlich gewuͤnſcht,
in einem ſchoͤnen weiblichen Auge von Stand und
Kleidung einer Thraͤne anſichtig zu werden — —
weil er ſich ein ſchoͤneres Waſſer in dieſen har¬
ten Demanten, einen goldnern Regen oder ſchoͤ¬
nere Vergroͤſſerungslinſen des Herzens
nie zu denken vermocht: — ſo ſah er nach die¬
ſen fallenden Licht- und Himmelskuͤgelgen, die¬
ſen Augen der Augen, unter den Maͤdgen-Baͤn¬
ken umher; er fand aber — weil Maͤdgen ſchwer
im Putze weinen — nichts als die ausgehan¬
genen Weinzeichen, die Tuͤcher. Indes fuͤr
den Notar war ein Schnupftuch ſchon eine Zaͤhre
und er ganz zufrieden.

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[112/0120] dinger von 14. 15. Jahren, ein paar Tanzſaͤle voll Kleiderſchraͤnke moͤcht' ich euch ſchenken — O ihr ſanften, ſanften Maͤdgen, waͤr' ich ein wenig das Geſchick, wie wollt' ich euch lieben und laben! Und wie kann die grobe Zeit ſolche ſuͤße Wangen und Aeuglein einſt peinigen, naß und alt machen, und halb ausloͤſchen?“ — — Dieſen Text legte Walt dem Preſtiſſimo unter. Da er ſchon ſeit Jahren herzlich gewuͤnſcht, in einem ſchoͤnen weiblichen Auge von Stand und Kleidung einer Thraͤne anſichtig zu werden — — weil er ſich ein ſchoͤneres Waſſer in dieſen har¬ ten Demanten, einen goldnern Regen oder ſchoͤ¬ nere Vergroͤſſerungslinſen des Herzens nie zu denken vermocht: — ſo ſah er nach die¬ ſen fallenden Licht- und Himmelskuͤgelgen, die¬ ſen Augen der Augen, unter den Maͤdgen-Baͤn¬ ken umher; er fand aber — weil Maͤdgen ſchwer im Putze weinen — nichts als die ausgehan¬ genen Weinzeichen, die Tuͤcher. Indes fuͤr den Notar war ein Schnupftuch ſchon eine Zaͤhre und er ganz zufrieden.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/120>, abgerufen am 16.05.2024.