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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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must' ihm aber die Viertelstunde ihrer Ankunft
bestimmen und betheuern, damit er erstlich bis
dahin in den seeligsten Träumen des nahen elter¬
lichen Glückes schwimmen und zweitens doch
noch die Viertelstunde kosten könne, wo er ent¬
schieden wuste, das ganze Haus in Elterlein sei
nun ausser sich vor Jubel über den Maxd'or und
lasse Schomakern aus dem Schul- und die Gold¬
wage aus dem Pfarrhause darzu holen. So
viel süsser wirds, lieber durch Boten als mit der
Hand, lieber fernen Leuten als einem dasizenden
Mann zu schenken, der alles ausmacht, wenn
er einsteckt und sich bedanckt.

Seine alte Seelen-Schwester Goldine er¬
hielt jezt einen Brief. Vorn herein schrieb er:
"er übertreib' es nicht, wenn er sowohl in Rück¬
sicht seiner jezigen Bekanntschaften als seiner
künftigen Hoffnungen sich für ein Glückskind des
gütigsten Schicksals erkläre; und nur mit grie¬
chischer Furcht vor der Nemesis bekenn' er, daß
sein erster Ausflug fast zu glücklich, seine erste
Ziel-Palme schon voll Früchte sei und seine
Abende einen Abendstern besäßen, und die Mor¬
gen den Morgenstern."

muſt' ihm aber die Viertelſtunde ihrer Ankunft
beſtimmen und betheuern, damit er erſtlich bis
dahin in den ſeeligſten Traͤumen des nahen elter¬
lichen Gluͤckes ſchwimmen und zweitens doch
noch die Viertelſtunde koſten koͤnne, wo er ent¬
ſchieden wuſte, das ganze Haus in Elterlein ſei
nun auſſer ſich vor Jubel uͤber den Maxd'or und
laſſe Schomakern aus dem Schul- und die Gold¬
wage aus dem Pfarrhauſe darzu holen. So
viel ſuͤſſer wirds, lieber durch Boten als mit der
Hand, lieber fernen Leuten als einem daſizenden
Mann zu ſchenken, der alles ausmacht, wenn
er einſteckt und ſich bedanckt.

Seine alte Seelen-Schweſter Goldine er¬
hielt jezt einen Brief. Vorn herein ſchrieb er:
„er uͤbertreib' es nicht, wenn er ſowohl in Ruͤck¬
ſicht ſeiner jezigen Bekanntſchaften als ſeiner
kuͤnftigen Hoffnungen ſich fuͤr ein Gluͤckskind des
guͤtigſten Schickſals erklaͤre; und nur mit grie¬
chiſcher Furcht vor der Nemeſis bekenn' er, daß
ſein erſter Ausflug faſt zu gluͤcklich, ſeine erſte
Ziel-Palme ſchon voll Fruͤchte ſei und ſeine
Abende einen Abendſtern beſaͤßen, und die Mor¬
gen den Morgenſtern.“

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[21/0029] muſt' ihm aber die Viertelſtunde ihrer Ankunft beſtimmen und betheuern, damit er erſtlich bis dahin in den ſeeligſten Traͤumen des nahen elter¬ lichen Gluͤckes ſchwimmen und zweitens doch noch die Viertelſtunde koſten koͤnne, wo er ent¬ ſchieden wuſte, das ganze Haus in Elterlein ſei nun auſſer ſich vor Jubel uͤber den Maxd'or und laſſe Schomakern aus dem Schul- und die Gold¬ wage aus dem Pfarrhauſe darzu holen. So viel ſuͤſſer wirds, lieber durch Boten als mit der Hand, lieber fernen Leuten als einem daſizenden Mann zu ſchenken, der alles ausmacht, wenn er einſteckt und ſich bedanckt. Seine alte Seelen-Schweſter Goldine er¬ hielt jezt einen Brief. Vorn herein ſchrieb er: „er uͤbertreib' es nicht, wenn er ſowohl in Ruͤck¬ ſicht ſeiner jezigen Bekanntſchaften als ſeiner kuͤnftigen Hoffnungen ſich fuͤr ein Gluͤckskind des guͤtigſten Schickſals erklaͤre; und nur mit grie¬ chiſcher Furcht vor der Nemeſis bekenn' er, daß ſein erſter Ausflug faſt zu gluͤcklich, ſeine erſte Ziel-Palme ſchon voll Fruͤchte ſei und ſeine Abende einen Abendſtern beſaͤßen, und die Mor¬ gen den Morgenſtern.“

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/29>, abgerufen am 29.04.2024.