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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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sich für den nächsten und lachenden Thron-Er¬
ben des abgegangenen Freund-Grafens anse¬
hen konnte -- so merkte er doch, daß er darin
seinen Bruder nur bezahle, nicht beschenke und
daß dieser ihm stets um einen warmen Tag vor¬
aus war.

Einst hörte Vult von seinem Klingeldrath --
er hieß eine ganze Mädgen-Pension so -- die
ganze heftige Schutzrede wieder, womit der sanf¬
te Walt gerade in der Liebes-Pause für ihn ge¬
gen seine Antipathetiker an Neupeters Tafel auf¬
getreten war. Walt hatte ihm nicht ein Wort da¬
von gesagt -- wiewohl aus Liebe, nicht blos
gegen den Bruder, sondern auch gegen alle Welt,
so wie er aus doppelter Liebe das Kabelsche
Testament, das den Bruder ein wenig beleidigen
konnte, zu zeigen verweigerte. Vult drückte ihm
beim Eintritt im Feuer der Liebe beide Achseln
und machte solchem dadurch Luft, daß er die
Neupeter'schen scherzend handhabte. Aber er
traf die falsche Zeit, wo Walt am Hoppelpop¬
pel schrieb und den Schreib-Arm allen fünf
Welttheilen liebend, führend bot und wo er so

ſich fuͤr den naͤchſten und lachenden Thron-Er¬
ben des abgegangenen Freund-Grafens anſe¬
hen konnte — ſo merkte er doch, daß er darin
ſeinen Bruder nur bezahle, nicht beſchenke und
daß dieſer ihm ſtets um einen warmen Tag vor¬
aus war.

Einſt hoͤrte Vult von ſeinem Klingeldrath —
er hieß eine ganze Maͤdgen-Penſion ſo — die
ganze heftige Schutzrede wieder, womit der ſanf¬
te Walt gerade in der Liebes-Pauſe fuͤr ihn ge¬
gen ſeine Antipathetiker an Neupeters Tafel auf¬
getreten war. Walt hatte ihm nicht ein Wort da¬
von geſagt — wiewohl aus Liebe, nicht blos
gegen den Bruder, ſondern auch gegen alle Welt,
ſo wie er aus doppelter Liebe das Kabelſche
Teſtament, das den Bruder ein wenig beleidigen
konnte, zu zeigen verweigerte. Vult druͤckte ihm
beim Eintritt im Feuer der Liebe beide Achſeln
und machte ſolchem dadurch Luft, daß er die
Neupeter'ſchen ſcherzend handhabte. Aber er
traf die falſche Zeit, wo Walt am Hoppelpop¬
pel ſchrieb und den Schreib-Arm allen fuͤnf
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[3/0011] ſich fuͤr den naͤchſten und lachenden Thron-Er¬ ben des abgegangenen Freund-Grafens anſe¬ hen konnte — ſo merkte er doch, daß er darin ſeinen Bruder nur bezahle, nicht beſchenke und daß dieſer ihm ſtets um einen warmen Tag vor¬ aus war. Einſt hoͤrte Vult von ſeinem Klingeldrath — er hieß eine ganze Maͤdgen-Penſion ſo — die ganze heftige Schutzrede wieder, womit der ſanf¬ te Walt gerade in der Liebes-Pauſe fuͤr ihn ge¬ gen ſeine Antipathetiker an Neupeters Tafel auf¬ getreten war. Walt hatte ihm nicht ein Wort da¬ von geſagt — wiewohl aus Liebe, nicht blos gegen den Bruder, ſondern auch gegen alle Welt, ſo wie er aus doppelter Liebe das Kabelſche Teſtament, das den Bruder ein wenig beleidigen konnte, zu zeigen verweigerte. Vult druͤckte ihm beim Eintritt im Feuer der Liebe beide Achſeln und machte ſolchem dadurch Luft, daß er die Neupeter'ſchen ſcherzend handhabte. Aber er traf die falſche Zeit, wo Walt am Hoppelpop¬ pel ſchrieb und den Schreib-Arm allen fuͤnf Welttheilen liebend, fuͤhrend bot und wo er ſo

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/11>, abgerufen am 21.11.2024.