Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.Wie kann ein Wesen, das doch auch ein schlagen¬ Wie kann ein Weſen, das doch auch ein ſchlagen¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0019" n="11"/> Wie kann ein Weſen, das doch auch ein ſchlagen¬<lb/> des Herz hat, ganze Voͤlker weinen laſſen, wenn<lb/> ſchon der erſte Ungluͤckliche, den man machen muͤſ¬<lb/> ſen, ſo wehe thut? Verbirg und verſchweige aber<lb/> meine Klage gewiſſenhaft, damit ſie nicht meinen<lb/> Vater quaͤle, der ſo leicht alles erfaͤhrt! Doch du<lb/> thuſt es ohnehin. Indeſſen ſteht mein Entſchluß<lb/> ſo feſt als je; nur will ich ihn bezahlen durch<lb/> Schmerzen. Ich kann jezt nichts thun als leiden<lb/> und beſſer werden, ich gehe haͤufiger in die Kir¬<lb/> che, ich ſchreibe oͤfter an meine Mutter, ich bin<lb/> gefaͤlliger gegen meinen Vater, gegen jede Menſchen-<lb/> Seele. Denn es gehoͤrt ſich, daß ich, da mir die<lb/> Kirche befiehlt, Freuden zu nehmen, es anders¬<lb/> wo einbringe, wo ſie es erlaubt, einige zu ver¬<lb/> mehren. Meine haben laͤngſt aufgehoͤrt und fruͤ¬<lb/> her als ich Ihn verloren. — O ſei du gluͤcklich,<lb/> meine liebe Raphaela!“ — Daraus kannſt du ſe¬<lb/> hen, Schoͤnſte, wie dieſe Wunde meiner W. mein<lb/> zu weiches Herz zerdruͤcken muß. Leb' wohl!<lb/> Das goldne Herz, wenn du es nicht ſchon beim<lb/> Schmidt beſtellet haſt, muß durchaus drei Loth<lb/> wiegen. Den Haſenbrecher und das Armband<lb/> hat meine Mutter bekommen. Deine Raphaela.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [11/0019]
Wie kann ein Weſen, das doch auch ein ſchlagen¬
des Herz hat, ganze Voͤlker weinen laſſen, wenn
ſchon der erſte Ungluͤckliche, den man machen muͤſ¬
ſen, ſo wehe thut? Verbirg und verſchweige aber
meine Klage gewiſſenhaft, damit ſie nicht meinen
Vater quaͤle, der ſo leicht alles erfaͤhrt! Doch du
thuſt es ohnehin. Indeſſen ſteht mein Entſchluß
ſo feſt als je; nur will ich ihn bezahlen durch
Schmerzen. Ich kann jezt nichts thun als leiden
und beſſer werden, ich gehe haͤufiger in die Kir¬
che, ich ſchreibe oͤfter an meine Mutter, ich bin
gefaͤlliger gegen meinen Vater, gegen jede Menſchen-
Seele. Denn es gehoͤrt ſich, daß ich, da mir die
Kirche befiehlt, Freuden zu nehmen, es anders¬
wo einbringe, wo ſie es erlaubt, einige zu ver¬
mehren. Meine haben laͤngſt aufgehoͤrt und fruͤ¬
her als ich Ihn verloren. — O ſei du gluͤcklich,
meine liebe Raphaela!“ — Daraus kannſt du ſe¬
hen, Schoͤnſte, wie dieſe Wunde meiner W. mein
zu weiches Herz zerdruͤcken muß. Leb' wohl!
Das goldne Herz, wenn du es nicht ſchon beim
Schmidt beſtellet haſt, muß durchaus drei Loth
wiegen. Den Haſenbrecher und das Armband
hat meine Mutter bekommen. Deine Raphaela.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |