Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

ficht auf wahre männliche Kanzelberedsamkeit
im Manuskripte ausarbeiten, droben als baare
Flüche angeschrieben werden.

Wenn nun solche Lichter dort von einem
und dem andern Engel des Lichts ausgeschneuzet
werden, wenn solche Consistorialvögel zu völli¬
geln Galgenvögeln gerupft im Himmel fliegen:
so dürfen verkannte Galgenvögel dieser Art in
ihren theologischen Journalen, falls sie droben
welche schreiben, mit Recht darauf aufmerksam
machen, daß die zweite Welt wunderliche
Heiligen
habe, und noch manche Aufklä¬
rung brauche, bis sie so weit vorrücke, daß sie
Gebete auf dem Theater und Gebete auf dem
Schreibepult, nach Einem liturgischen Stylisti¬
kum, so zu sagen, abgeflucht, gleich gut auf¬
nehme.

Walt blieb, bis Wina aufstand und vor¬
über gieng, um sie anzusehen. Er konnt' es
aber nachher gar nicht begreifen, daß er, als sie
in der größten Nähe war, unwillkührlich wie
krampfhaft die Augen zugedrückt; "und was
half's mir viel, sagt' er, daß ich ihr durch drei
Gassen hinter ihr nachguckte?"

ficht auf wahre maͤnnliche Kanzelberedſamkeit
im Manuſkripte ausarbeiten, droben als baare
Fluͤche angeſchrieben werden.

Wenn nun ſolche Lichter dort von einem
und dem andern Engel des Lichts ausgeſchneuzet
werden, wenn ſolche Conſiſtorialvoͤgel zu voͤlli¬
geln Galgenvoͤgeln gerupft im Himmel fliegen:
ſo duͤrfen verkannte Galgenvoͤgel dieſer Art in
ihren theologiſchen Journalen, falls ſie droben
welche ſchreiben, mit Recht darauf aufmerkſam
machen, daß die zweite Welt wunderliche
Heiligen
habe, und noch manche Aufklaͤ¬
rung brauche, bis ſie ſo weit vorruͤcke, daß ſie
Gebete auf dem Theater und Gebete auf dem
Schreibepult, nach Einem liturgiſchen Styliſti¬
kum, ſo zu ſagen, abgeflucht, gleich gut auf¬
nehme.

Walt blieb, bis Wina aufſtand und vor¬
uͤber gieng, um ſie anzuſehen. Er konnt' es
aber nachher gar nicht begreifen, daß er, als ſie
in der groͤßten Naͤhe war, unwillkuͤhrlich wie
krampfhaft die Augen zugedruͤckt; „und was
half's mir viel, ſagt' er, daß ich ihr durch drei
Gaſſen hinter ihr nachguckte?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0043" n="35"/>
ficht auf wahre ma&#x0364;nnliche Kanzelbered&#x017F;amkeit<lb/>
im Manu&#x017F;kripte ausarbeiten, droben als baare<lb/>
Flu&#x0364;che ange&#x017F;chrieben werden.</p><lb/>
        <p>Wenn nun &#x017F;olche Lichter dort von einem<lb/>
und dem andern Engel des Lichts ausge&#x017F;chneuzet<lb/>
werden, wenn &#x017F;olche Con&#x017F;i&#x017F;torialvo&#x0364;gel zu vo&#x0364;lli¬<lb/>
geln Galgenvo&#x0364;geln gerupft im Himmel fliegen:<lb/>
&#x017F;o du&#x0364;rfen verkannte Galgenvo&#x0364;gel die&#x017F;er Art in<lb/>
ihren theologi&#x017F;chen Journalen, falls &#x017F;ie droben<lb/>
welche &#x017F;chreiben, mit Recht darauf aufmerk&#x017F;am<lb/>
machen, daß die zweite Welt <hi rendition="#g">wunderliche<lb/>
Heiligen</hi> habe, und noch manche Aufkla&#x0364;¬<lb/>
rung brauche, bis &#x017F;ie &#x017F;o weit vorru&#x0364;cke, daß &#x017F;ie<lb/>
Gebete auf dem Theater und Gebete auf dem<lb/>
Schreibepult, nach Einem liturgi&#x017F;chen Styli&#x017F;ti¬<lb/>
kum, &#x017F;o zu &#x017F;agen, abgeflucht, gleich gut auf¬<lb/>
nehme.</p><lb/>
        <p>Walt blieb, bis Wina auf&#x017F;tand und vor¬<lb/>
u&#x0364;ber gieng, um &#x017F;ie anzu&#x017F;ehen. Er konnt' es<lb/>
aber nachher gar nicht begreifen, daß er, als &#x017F;ie<lb/>
in der gro&#x0364;ßten Na&#x0364;he war, unwillku&#x0364;hrlich wie<lb/>
krampfhaft die Augen zugedru&#x0364;ckt; &#x201E;und was<lb/>
half's mir viel, &#x017F;agt' er, daß ich ihr durch drei<lb/>
Ga&#x017F;&#x017F;en hinter ihr nachguckte?&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0043] ficht auf wahre maͤnnliche Kanzelberedſamkeit im Manuſkripte ausarbeiten, droben als baare Fluͤche angeſchrieben werden. Wenn nun ſolche Lichter dort von einem und dem andern Engel des Lichts ausgeſchneuzet werden, wenn ſolche Conſiſtorialvoͤgel zu voͤlli¬ geln Galgenvoͤgeln gerupft im Himmel fliegen: ſo duͤrfen verkannte Galgenvoͤgel dieſer Art in ihren theologiſchen Journalen, falls ſie droben welche ſchreiben, mit Recht darauf aufmerkſam machen, daß die zweite Welt wunderliche Heiligen habe, und noch manche Aufklaͤ¬ rung brauche, bis ſie ſo weit vorruͤcke, daß ſie Gebete auf dem Theater und Gebete auf dem Schreibepult, nach Einem liturgiſchen Styliſti¬ kum, ſo zu ſagen, abgeflucht, gleich gut auf¬ nehme. Walt blieb, bis Wina aufſtand und vor¬ uͤber gieng, um ſie anzuſehen. Er konnt' es aber nachher gar nicht begreifen, daß er, als ſie in der groͤßten Naͤhe war, unwillkuͤhrlich wie krampfhaft die Augen zugedruͤckt; „und was half's mir viel, ſagt' er, daß ich ihr durch drei Gaſſen hinter ihr nachguckte?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/43
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/43>, abgerufen am 21.11.2024.