Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.Winter? -- "Warum, (schreibt sein Tagebuch "Draussen im Reich" sagte stets Walts Va¬ Jezt fuhr ein Salzkärner mit Einem Pferde Winter? — „Warum, (ſchreibt ſein Tagebuch „Drauſſen im Reich“ ſagte ſtets Walts Va¬ Jezt fuhr ein Salzkaͤrner mit Einem Pferde <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0088" n="80"/> Winter? — „Warum, (ſchreibt ſein Tagebuch<lb/> Vulten,) muͤſſen die armen Gelehrten nicht wan¬<lb/> dern, denen das Reiſen und das Geld dazu gewis<lb/> eben ſo noͤthig und dienlich waͤre als allen Ge¬<lb/> ſellen?“ —</p><lb/> <p>„Drauſſen im Reich“ ſagte ſtets Walts Va¬<lb/> ter, wenn er bei Schneegeſtoͤber von ſeinen Wan¬<lb/> derjahren erzaͤhlte; und daher lag dem Sohne<lb/> das Reich in ſo romantiſchem Morgenthau blizend<lb/> hin als irgend eine Quadratmeile von Morgen¬<lb/> land; in allen Wandergeſellen verjuͤngte ſich ihm<lb/> die vaͤterliche Vergangenheit.</p><lb/> <p>Jezt fuhr ein Salzkaͤrner mit Einem Pferde<lb/> vor, trat ein, wuſch ſich in einer ganz fremden<lb/> Stube oͤffentlich und troknete ſich mit dem an<lb/> einem Hirſchgeweih' haͤngenden Handtuch ab, oh¬<lb/> ne noch fuͤr einen Kreuzer verzehrt oder begehrt zu<lb/> haben. Walt bewunderte den kraͤftigen Welt¬<lb/> mann, ob er gleich nich aͤhig geweſen waͤre,<lb/> ſich nur unter vier Augen die ſeinigen zu waſchen.<lb/> Dennoch exerzirte er — da er in etwas getrun¬<lb/> ken — einige Wirthshaus-Freiheiten, und gieng<lb/> in der Stube wohlgemuth umher, ja auf und ab.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [80/0088]
Winter? — „Warum, (ſchreibt ſein Tagebuch
Vulten,) muͤſſen die armen Gelehrten nicht wan¬
dern, denen das Reiſen und das Geld dazu gewis
eben ſo noͤthig und dienlich waͤre als allen Ge¬
ſellen?“ —
„Drauſſen im Reich“ ſagte ſtets Walts Va¬
ter, wenn er bei Schneegeſtoͤber von ſeinen Wan¬
derjahren erzaͤhlte; und daher lag dem Sohne
das Reich in ſo romantiſchem Morgenthau blizend
hin als irgend eine Quadratmeile von Morgen¬
land; in allen Wandergeſellen verjuͤngte ſich ihm
die vaͤterliche Vergangenheit.
Jezt fuhr ein Salzkaͤrner mit Einem Pferde
vor, trat ein, wuſch ſich in einer ganz fremden
Stube oͤffentlich und troknete ſich mit dem an
einem Hirſchgeweih' haͤngenden Handtuch ab, oh¬
ne noch fuͤr einen Kreuzer verzehrt oder begehrt zu
haben. Walt bewunderte den kraͤftigen Welt¬
mann, ob er gleich nich aͤhig geweſen waͤre,
ſich nur unter vier Augen die ſeinigen zu waſchen.
Dennoch exerzirte er — da er in etwas getrun¬
ken — einige Wirthshaus-Freiheiten, und gieng
in der Stube wohlgemuth umher, ja auf und ab.
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