Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

das nächtliche Poltern, Thüren-Zuwerfen seines
Polter- oder Schmollgeistes voraussagt, um nach¬
her entschuldigt zu seyn, und den wir früher gele¬
sen als Walt, oder vielmehr später. *) Walt
glaubte eilig, er meine eine von heute an zukünf¬
tige Zukunft und sagte, dahin komm' es nicht;
aber als Vult ihm am Datum zeigte, daß eine
vergangne geschildert sei: so faßte der Notar seine
Hände mit beiden fest, sah ihm in die Augen und
fing mit langem Ton der Rührung an: Vult! --
Vult! -- Den Flötenspieler drückte es, daß er eini¬
ge Tropfen in die eignen Augen, über die er mit den
gefangnen Händen nicht hin fahren konnte, mußte
treten lassen: "nun, fuhr er auf, auch ich bin
kein Kiesel; lasse mich aber auf mein Zimmer ge¬
hen und auspacken," und fuhr hinter die Büh¬
nenwand.

Er packte aus und stellte auf. Walt ging
im seinigen auf und ab und erzählte ihm über die
Stadt herüber seine bisherigen Versuche, ihren
Seelen-Tauf-Bund zu erneuern. Alsdann kam er

*) B. II. S. 10.

das naͤchtliche Poltern, Thuͤren-Zuwerfen ſeines
Polter- oder Schmollgeiſtes vorausſagt, um nach¬
her entſchuldigt zu ſeyn, und den wir fruͤher gele¬
ſen als Walt, oder vielmehr ſpaͤter. *) Walt
glaubte eilig, er meine eine von heute an zukuͤnf¬
tige Zukunft und ſagte, dahin komm' es nicht;
aber als Vult ihm am Datum zeigte, daß eine
vergangne geſchildert ſei: ſo faßte der Notar ſeine
Haͤnde mit beiden feſt, ſah ihm in die Augen und
fing mit langem Ton der Ruͤhrung an: Vult! —
Vult! — Den Floͤtenſpieler druͤckte es, daß er eini¬
ge Tropfen in die eignen Augen, uͤber die er mit den
gefangnen Haͤnden nicht hin fahren konnte, mußte
treten laſſen: „nun, fuhr er auf, auch ich bin
kein Kieſel; laſſe mich aber auf mein Zimmer ge¬
hen und auspacken,” und fuhr hinter die Buͤh¬
nenwand.

Er packte aus und ſtellte auf. Walt ging
im ſeinigen auf und ab und erzaͤhlte ihm uͤber die
Stadt heruͤber ſeine bisherigen Verſuche, ihren
Seelen-Tauf-Bund zu erneuern. Alsdann kam er

*) B. II. S. 10.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0126" n="120"/>
das na&#x0364;chtliche Poltern, Thu&#x0364;ren-Zuwerfen &#x017F;eines<lb/>
Polter- oder Schmollgei&#x017F;tes voraus&#x017F;agt, um nach¬<lb/>
her ent&#x017F;chuldigt zu &#x017F;eyn, und den wir fru&#x0364;her gele¬<lb/>
&#x017F;en als Walt, oder vielmehr &#x017F;pa&#x0364;ter. <note place="foot" n="*)">B. <hi rendition="#aq">II</hi>. S. 10.<lb/></note> Walt<lb/>
glaubte eilig, er meine eine von heute an zuku&#x0364;nf¬<lb/>
tige Zukunft und &#x017F;agte, dahin komm' es nicht;<lb/>
aber als Vult ihm am Datum zeigte, daß eine<lb/>
vergangne ge&#x017F;childert &#x017F;ei: &#x017F;o faßte der Notar &#x017F;eine<lb/>
Ha&#x0364;nde mit beiden fe&#x017F;t, &#x017F;ah ihm in die Augen und<lb/>
fing mit langem Ton der Ru&#x0364;hrung an: Vult! &#x2014;<lb/>
Vult! &#x2014; Den Flo&#x0364;ten&#x017F;pieler dru&#x0364;ckte es, daß er eini¬<lb/>
ge Tropfen in die eignen Augen, u&#x0364;ber die er mit den<lb/>
gefangnen Ha&#x0364;nden nicht hin fahren konnte, mußte<lb/>
treten la&#x017F;&#x017F;en: &#x201E;nun, fuhr er auf, auch ich bin<lb/>
kein Kie&#x017F;el; la&#x017F;&#x017F;e mich aber auf mein Zimmer ge¬<lb/>
hen und auspacken,&#x201D; und fuhr hinter die Bu&#x0364;<lb/>
nenwand.</p><lb/>
            <p>Er packte aus und &#x017F;tellte auf. Walt ging<lb/>
im &#x017F;einigen auf und ab und erza&#x0364;hlte ihm u&#x0364;ber die<lb/>
Stadt heru&#x0364;ber &#x017F;eine bisherigen Ver&#x017F;uche, ihren<lb/>
Seelen-Tauf-Bund zu erneuern. Alsdann kam er<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0126] das naͤchtliche Poltern, Thuͤren-Zuwerfen ſeines Polter- oder Schmollgeiſtes vorausſagt, um nach¬ her entſchuldigt zu ſeyn, und den wir fruͤher gele¬ ſen als Walt, oder vielmehr ſpaͤter. *) Walt glaubte eilig, er meine eine von heute an zukuͤnf¬ tige Zukunft und ſagte, dahin komm' es nicht; aber als Vult ihm am Datum zeigte, daß eine vergangne geſchildert ſei: ſo faßte der Notar ſeine Haͤnde mit beiden feſt, ſah ihm in die Augen und fing mit langem Ton der Ruͤhrung an: Vult! — Vult! — Den Floͤtenſpieler druͤckte es, daß er eini¬ ge Tropfen in die eignen Augen, uͤber die er mit den gefangnen Haͤnden nicht hin fahren konnte, mußte treten laſſen: „nun, fuhr er auf, auch ich bin kein Kieſel; laſſe mich aber auf mein Zimmer ge¬ hen und auspacken,” und fuhr hinter die Buͤh¬ nenwand. Er packte aus und ſtellte auf. Walt ging im ſeinigen auf und ab und erzaͤhlte ihm uͤber die Stadt heruͤber ſeine bisherigen Verſuche, ihren Seelen-Tauf-Bund zu erneuern. Alsdann kam er *) B. II. S. 10.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/126
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/126>, abgerufen am 23.11.2024.