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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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einem Schlüsselchen, so groß wie ein Staubfa¬
den, ein goldnes Schloß an einer Kette auf Ih¬
rem schönen Halse aufzuschliessen und sie abzu¬
nehmen. Unter dem Aufsperren sah sie gutmü¬
thig dem Vater ins Auge; dann warf sie schei¬
dend dem Notar einen Flugblick voll Weltall zu.

Kauen und Schlucken unter einem Adagio
Pianissimo einer Tafelmusik hätte Walten nicht
so widerstanden, als die Annahme von Kopirge¬
bühren, die ihm der General jetzt aufnöthigen
wollte. Das Weigern hielt dieser anfangs scher¬
zend aus, bis er durch den Argwohn, Walt
handle aus Ehrgefühl, sein eigenes so beleidigt
fand, daß er so heftig schwur, ihn, wenn er
nicht gehorche, nie mehr zu einem Notariats-
Instrument ins Haus zu lassen, daß Walt sich
entschloß, sich seine Himmelspforte nicht selber
zuzuriegeln.

Nun war er allein und zum letztenmale als
Kopist im Zimmer; und hatte, was der Mensch
zum feinsten Glücke braucht, nämlich einen Wi¬
derspruch der Wünsche: er wünschte nicht nur
wegzukommen, um über Wina's Kopf zu Hause

einem Schluͤſſelchen, ſo groß wie ein Staubfa¬
den, ein goldnes Schloß an einer Kette auf Ih¬
rem ſchoͤnen Halſe aufzuſchlieſſen und ſie abzu¬
nehmen. Unter dem Aufſperren ſah ſie gutmuͤ¬
thig dem Vater ins Auge; dann warf ſie ſchei¬
dend dem Notar einen Flugblick voll Weltall zu.

Kauen und Schlucken unter einem Adagio
Pianiſſimo einer Tafelmuſik haͤtte Walten nicht
ſo widerſtanden, als die Annahme von Kopirge¬
buͤhren, die ihm der General jetzt aufnoͤthigen
wollte. Das Weigern hielt dieſer anfangs ſcher¬
zend aus, bis er durch den Argwohn, Walt
handle aus Ehrgefuͤhl, ſein eigenes ſo beleidigt
fand, daß er ſo heftig ſchwur, ihn, wenn er
nicht gehorche, nie mehr zu einem Notariats-
Inſtrument ins Haus zu laſſen, daß Walt ſich
entſchloß, ſich ſeine Himmelspforte nicht ſelber
zuzuriegeln.

Nun war er allein und zum letztenmale als
Kopiſt im Zimmer; und hatte, was der Menſch
zum feinſten Gluͤcke braucht, naͤmlich einen Wi¬
derſpruch der Wuͤnſche: er wuͤnſchte nicht nur
wegzukommen, um uͤber Wina's Kopf zu Hauſe

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[218/0224] einem Schluͤſſelchen, ſo groß wie ein Staubfa¬ den, ein goldnes Schloß an einer Kette auf Ih¬ rem ſchoͤnen Halſe aufzuſchlieſſen und ſie abzu¬ nehmen. Unter dem Aufſperren ſah ſie gutmuͤ¬ thig dem Vater ins Auge; dann warf ſie ſchei¬ dend dem Notar einen Flugblick voll Weltall zu. Kauen und Schlucken unter einem Adagio Pianiſſimo einer Tafelmuſik haͤtte Walten nicht ſo widerſtanden, als die Annahme von Kopirge¬ buͤhren, die ihm der General jetzt aufnoͤthigen wollte. Das Weigern hielt dieſer anfangs ſcher¬ zend aus, bis er durch den Argwohn, Walt handle aus Ehrgefuͤhl, ſein eigenes ſo beleidigt fand, daß er ſo heftig ſchwur, ihn, wenn er nicht gehorche, nie mehr zu einem Notariats- Inſtrument ins Haus zu laſſen, daß Walt ſich entſchloß, ſich ſeine Himmelspforte nicht ſelber zuzuriegeln. Nun war er allein und zum letztenmale als Kopiſt im Zimmer; und hatte, was der Menſch zum feinſten Gluͤcke braucht, naͤmlich einen Wi¬ derſpruch der Wuͤnſche: er wuͤnſchte nicht nur wegzukommen, um uͤber Wina's Kopf zu Hauſe

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/224>, abgerufen am 27.11.2024.