Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

kel das Geringste zu befehlen oder zu nehmen haben."
Aber am Ende machte ihm doch der Fiskal Knoll
den leichten poetischen Götter-Ichor des Herzens
schwer, dick und salzig, als dieser, ohne im Ge¬
ringsten durch die Freude über den Gewinn von
Schlagholz irre oder trunken zu werden, seine Pro¬
testation im Punkte der 3 Lichter erneuert zurückließ.
Die stehende Gegenwart eines deutlich hassenden
Wesens drückt und preßt eine immer liebende Seele,
die ihre Kälte schon für Haß ansieht, mit dem schwü¬
len Dunstkreis eines Gewitters, dessen Schlag we¬
niger quält als dessen Nähe. Betrübt, selber von
Kuhnolds sanftem Worte, das ihm so vermeidliche
Fehler eben als die unverzeihlichern vorwarf, ging
er nach Hause; und er sah Vults Fluchen und
Scherzen darüber schon entgegen.

Das erste, was er zu Hause machte, war ein
Sprung aus demselben auf die schönen stillen Höhen
der Oktober-Natur, um seinem Vater, dem
Schultheiß, und dessen Scherbengerichte zu ent¬
springen, der, wie er gewiß wußte, in die Stadt
laufen würde, um jede Scherbe des zerbrochenen
Glücktopfes ihm an den Kopf zu werfen. Auf ei¬

kel das Geringſte zu befehlen oder zu nehmen haben.“
Aber am Ende machte ihm doch der Fiskal Knoll
den leichten poetiſchen Goͤtter-Ichor des Herzens
ſchwer, dick und ſalzig, als dieſer, ohne im Ge¬
ringſten durch die Freude uͤber den Gewinn von
Schlagholz irre oder trunken zu werden, ſeine Pro¬
teſtation im Punkte der 3 Lichter erneuert zuruͤckließ.
Die ſtehende Gegenwart eines deutlich haſſenden
Weſens druͤckt und preßt eine immer liebende Seele,
die ihre Kaͤlte ſchon fuͤr Haß anſieht, mit dem ſchwuͤ¬
len Dunſtkreis eines Gewitters, deſſen Schlag we¬
niger quaͤlt als deſſen Naͤhe. Betruͤbt, ſelber von
Kuhnolds ſanftem Worte, das ihm ſo vermeidliche
Fehler eben als die unverzeihlichern vorwarf, ging
er nach Hauſe; und er ſah Vults Fluchen und
Scherzen daruͤber ſchon entgegen.

Das erſte, was er zu Hauſe machte, war ein
Sprung aus demſelben auf die ſchoͤnen ſtillen Hoͤhen
der Oktober-Natur, um ſeinem Vater, dem
Schultheiß, und deſſen Scherbengerichte zu ent¬
ſpringen, der, wie er gewiß wußte, in die Stadt
laufen wuͤrde, um jede Scherbe des zerbrochenen
Gluͤcktopfes ihm an den Kopf zu werfen. Auf ei¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0027" n="21"/>
kel das Gering&#x017F;te zu befehlen oder zu nehmen haben.&#x201C;<lb/>
Aber am Ende machte ihm doch der Fiskal Knoll<lb/>
den leichten poeti&#x017F;chen Go&#x0364;tter-Ichor des Herzens<lb/>
&#x017F;chwer, dick und &#x017F;alzig, als die&#x017F;er, ohne im Ge¬<lb/>
ring&#x017F;ten durch die Freude u&#x0364;ber den Gewinn von<lb/>
Schlagholz irre oder trunken zu werden, &#x017F;eine Pro¬<lb/>
te&#x017F;tation im Punkte der 3 Lichter erneuert zuru&#x0364;ckließ.<lb/>
Die &#x017F;tehende Gegenwart eines deutlich ha&#x017F;&#x017F;enden<lb/>
We&#x017F;ens dru&#x0364;ckt und preßt eine immer liebende Seele,<lb/>
die ihre Ka&#x0364;lte &#x017F;chon fu&#x0364;r Haß an&#x017F;ieht, mit dem &#x017F;chwu&#x0364;¬<lb/>
len Dun&#x017F;tkreis eines Gewitters, de&#x017F;&#x017F;en Schlag we¬<lb/>
niger qua&#x0364;lt als de&#x017F;&#x017F;en Na&#x0364;he. Betru&#x0364;bt, &#x017F;elber von<lb/>
Kuhnolds &#x017F;anftem Worte, das ihm &#x017F;o vermeidliche<lb/>
Fehler eben als die unverzeihlichern vorwarf, ging<lb/>
er nach Hau&#x017F;e; und er &#x017F;ah Vults Fluchen und<lb/>
Scherzen daru&#x0364;ber &#x017F;chon entgegen.</p><lb/>
        <p>Das er&#x017F;te, was er zu Hau&#x017F;e machte, war ein<lb/>
Sprung aus dem&#x017F;elben auf die &#x017F;cho&#x0364;nen &#x017F;tillen Ho&#x0364;hen<lb/>
der Oktober-Natur, um &#x017F;einem Vater, dem<lb/>
Schultheiß, und de&#x017F;&#x017F;en Scherbengerichte zu ent¬<lb/>
&#x017F;pringen, der, wie er gewiß wußte, in die Stadt<lb/>
laufen wu&#x0364;rde, um jede Scherbe des zerbrochenen<lb/>
Glu&#x0364;cktopfes ihm an den Kopf zu werfen. Auf ei¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0027] kel das Geringſte zu befehlen oder zu nehmen haben.“ Aber am Ende machte ihm doch der Fiskal Knoll den leichten poetiſchen Goͤtter-Ichor des Herzens ſchwer, dick und ſalzig, als dieſer, ohne im Ge¬ ringſten durch die Freude uͤber den Gewinn von Schlagholz irre oder trunken zu werden, ſeine Pro¬ teſtation im Punkte der 3 Lichter erneuert zuruͤckließ. Die ſtehende Gegenwart eines deutlich haſſenden Weſens druͤckt und preßt eine immer liebende Seele, die ihre Kaͤlte ſchon fuͤr Haß anſieht, mit dem ſchwuͤ¬ len Dunſtkreis eines Gewitters, deſſen Schlag we¬ niger quaͤlt als deſſen Naͤhe. Betruͤbt, ſelber von Kuhnolds ſanftem Worte, das ihm ſo vermeidliche Fehler eben als die unverzeihlichern vorwarf, ging er nach Hauſe; und er ſah Vults Fluchen und Scherzen daruͤber ſchon entgegen. Das erſte, was er zu Hauſe machte, war ein Sprung aus demſelben auf die ſchoͤnen ſtillen Hoͤhen der Oktober-Natur, um ſeinem Vater, dem Schultheiß, und deſſen Scherbengerichte zu ent¬ ſpringen, der, wie er gewiß wußte, in die Stadt laufen wuͤrde, um jede Scherbe des zerbrochenen Gluͤcktopfes ihm an den Kopf zu werfen. Auf ei¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/27
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/27>, abgerufen am 23.11.2024.