ne eigne Niederlage, sich recht nah' vor die eignen Augen gehoben hatte, nach Hause geeilt, mit ei¬ ner Brust, worin die wilden Wasser aller Leiden¬ schaften braußten, um sogleich an Walt so zu schreiben:
"Nur die Lächerlichkeit fehlte noch, wenn ich dir's lange verdächte, daß dein sogenanntes Herz nun auch endlich den Herzpolypen, den ihr Liebe nennt, in sich angesetzt, wenn gleich manches da¬ bei so wenig das Beste ist, als dein künstliches Verstecken vor mir. Das aber nimmst du mir jezt nicht übel, daß ich zum Teufel gehe, und dich allein deinem Engel ablasse, da der Liebe die Freundschaft so entbehrlich und unähnlich ist, als dem Rosenöl der Roseneßig. Halte denn deinen geistigen Schar- und sonstigen Bock aus, bis du auf grünes Land aussteigst, und auf der Stelle genesest, die schwerlich auf der Freundschaftsinsel ist. Himmel! zu was waren wir denn beide überhaupt beisammen, und ritten, wie alte Rit¬ ter, auf Einem Trauer- und Folter-Pferd (equu¬ leus) oder Folteresel? -- Etwa dazu, daß ich auf dem Wege und zum Besten deiner Erbschaft
ne eigne Niederlage, ſich recht nah' vor die eignen Augen gehoben hatte, nach Hauſe geeilt, mit ei¬ ner Bruſt, worin die wilden Waſſer aller Leiden¬ ſchaften braußten, um ſogleich an Walt ſo zu ſchreiben:
„Nur die Laͤcherlichkeit fehlte noch, wenn ich dir's lange verdaͤchte, daß dein ſogenanntes Herz nun auch endlich den Herzpolypen, den ihr Liebe nennt, in ſich angeſetzt, wenn gleich manches da¬ bei ſo wenig das Beſte iſt, als dein kuͤnſtliches Verſtecken vor mir. Das aber nimmſt du mir jezt nicht uͤbel, daß ich zum Teufel gehe, und dich allein deinem Engel ablaſſe, da der Liebe die Freundſchaft ſo entbehrlich und unaͤhnlich iſt, als dem Roſenoͤl der Roſeneßig. Halte denn deinen geiſtigen Schar- und ſonſtigen Bock aus, bis du auf gruͤnes Land ausſteigſt, und auf der Stelle geneſeſt, die ſchwerlich auf der Freundſchaftsinſel iſt. Himmel! zu was waren wir denn beide uͤberhaupt beiſammen, und ritten, wie alte Rit¬ ter, auf Einem Trauer- und Folter-Pferd (equu¬ leus) oder Foltereſel? — Etwa dazu, daß ich auf dem Wege und zum Beſten deiner Erbſchaft
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ne eigne Niederlage, ſich recht nah' vor die eignen
Augen gehoben hatte, nach Hauſe geeilt, mit ei¬
ner Bruſt, worin die wilden Waſſer aller Leiden¬
ſchaften braußten, um ſogleich an Walt ſo zu
ſchreiben:
„Nur die Laͤcherlichkeit fehlte noch, wenn ich
dir's lange verdaͤchte, daß dein ſogenanntes Herz
nun auch endlich den Herzpolypen, den ihr Liebe
nennt, in ſich angeſetzt, wenn gleich manches da¬
bei ſo wenig das Beſte iſt, als dein kuͤnſtliches
Verſtecken vor mir. Das aber nimmſt du mir
jezt nicht uͤbel, daß ich zum Teufel gehe, und
dich allein deinem Engel ablaſſe, da der Liebe die
Freundſchaft ſo entbehrlich und unaͤhnlich iſt, als
dem Roſenoͤl der Roſeneßig. Halte denn deinen
geiſtigen Schar- und ſonſtigen Bock aus, bis du
auf gruͤnes Land ausſteigſt, und auf der Stelle
geneſeſt, die ſchwerlich auf der Freundſchaftsinſel
iſt. Himmel! zu was waren wir denn beide
uͤberhaupt beiſammen, und ritten, wie alte Rit¬
ter, auf Einem Trauer- und Folter-Pferd (equu¬
leus) oder Foltereſel? — Etwa dazu, daß ich
auf dem Wege und zum Beſten deiner Erbſchaft
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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