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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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mittag, wo sie beisammen wären, ihn zu Ra¬
phaelen zu begleiten, welche ihm heute flüchtig
sitze zu einem schlechten Miniatur-Portrait für
den Geburtstag ihrer Mutter: "wir 3 sind sü¬
"perbe allein, fügt' er hinzu. Wenn ich nun
"male, parlir' ich wenig; und doch animirt
"Reden ein Gesicht unglaublich." Ob Walt
gleich wenig delikate Welt darin fand, daß man
ihn als Sprach- und Reitz-Maschine vor ein
Sitzgesicht aufzustellen trachtete: so folgte er doch.
Er wars schon gewohnt seit einer Woche, einige
male des Tags zu erstaunen über Mangel an
zärtester Denkart, sowohl auf dem Markte als in
den besten Häusern, welche äusserlich einen glän¬
zenden Anstrich und Anwurf hatten.

Mit Vergnügen kam er in dem eigenen Hau¬
se wie in einem fremden an. Raphaela lächelte
beiden von der obersten Treppe herab und führte
sie hastig in ihr Schreibzimmer hinein. Hier wa¬
ren schon widersprechende Weine, Eise und Ku¬
chen gehäuft. Da eine Frau leichter das Herz
als den Magen eines Mannes erräth: so weiß
sie freilich nicht, was er Abends um 4 Uhr am

mittag, wo ſie beiſammen waͤren, ihn zu Ra¬
phaelen zu begleiten, welche ihm heute fluͤchtig
ſitze zu einem ſchlechten Miniatur-Portrait fuͤr
den Geburtstag ihrer Mutter: „wir 3 ſind ſuͤ¬
„perbe allein, fuͤgt' er hinzu. Wenn ich nun
„male, parlir' ich wenig; und doch animirt
„Reden ein Geſicht unglaublich.” Ob Walt
gleich wenig delikate Welt darin fand, daß man
ihn als Sprach- und Reitz-Maſchine vor ein
Sitzgeſicht aufzuſtellen trachtete: ſo folgte er doch.
Er wars ſchon gewohnt ſeit einer Woche, einige
male des Tags zu erſtaunen uͤber Mangel an
zaͤrteſter Denkart, ſowohl auf dem Markte als in
den beſten Haͤuſern, welche aͤuſſerlich einen glaͤn¬
zenden Anſtrich und Anwurf hatten.

Mit Vergnuͤgen kam er in dem eigenen Hau¬
ſe wie in einem fremden an. Raphaela laͤchelte
beiden von der oberſten Treppe herab und fuͤhrte
ſie haſtig in ihr Schreibzimmer hinein. Hier wa¬
ren ſchon widerſprechende Weine, Eiſe und Ku¬
chen gehaͤuft. Da eine Frau leichter das Herz
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[63/0069] mittag, wo ſie beiſammen waͤren, ihn zu Ra¬ phaelen zu begleiten, welche ihm heute fluͤchtig ſitze zu einem ſchlechten Miniatur-Portrait fuͤr den Geburtstag ihrer Mutter: „wir 3 ſind ſuͤ¬ „perbe allein, fuͤgt' er hinzu. Wenn ich nun „male, parlir' ich wenig; und doch animirt „Reden ein Geſicht unglaublich.” Ob Walt gleich wenig delikate Welt darin fand, daß man ihn als Sprach- und Reitz-Maſchine vor ein Sitzgeſicht aufzuſtellen trachtete: ſo folgte er doch. Er wars ſchon gewohnt ſeit einer Woche, einige male des Tags zu erſtaunen uͤber Mangel an zaͤrteſter Denkart, ſowohl auf dem Markte als in den beſten Haͤuſern, welche aͤuſſerlich einen glaͤn¬ zenden Anſtrich und Anwurf hatten. Mit Vergnuͤgen kam er in dem eigenen Hau¬ ſe wie in einem fremden an. Raphaela laͤchelte beiden von der oberſten Treppe herab und fuͤhrte ſie haſtig in ihr Schreibzimmer hinein. Hier wa¬ ren ſchon widerſprechende Weine, Eiſe und Ku¬ chen gehaͤuft. Da eine Frau leichter das Herz als den Magen eines Mannes erraͤth: ſo weiß ſie freilich nicht, was er Abends um 4 Uhr am

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/69>, abgerufen am 27.11.2024.