Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

mie nur die Verwandlung der Sonnen in Schritt¬
zähler und Wegweiser für Pfefferfloten und im erha¬
bensten magister legens nur den anködernden Bier¬
kranz für arme Universitäten. -- --

Die zweite Meinung ist wenigstens der ersten
entgegen und besser: dem Lord ist wie andern großen
Menschen die Laufbahn das Ziel und die Schritte
die Kränze -- Glück unterscheidet sich bei ihm von
Unglück nicht im Werthe sondern in der Art,
ihm sind sie zwei konvergirende Rennbahnen zum
Ewigkeits-Ringe der innern Erhebung -- alle Zu¬
fälle dieses Lebens sind ihm bloße Multiplikationsex¬
empel in unbenannten Zahlen, die er durchmacht,
aber nicht als Kontorist sondern als Indifferenzialist
und Algebraist, welchem die Produkte und die Mul¬
tiplikanden gleich lieb sind und dem es einerlei ist,
mit Buchstaben oder Zentnern zu rechnen.

Wahrhaftig der Mensch hat sich fast eben so viel
vorzuwerfen, wenn er mißvergnügt als wenn er la¬
sterhaft ist; und da es auf seinen Gedankenozean an¬
kömmt, ob er aus ihm die unterste Hölle oder den
dritten Himmel als Insel heben will: so verdient er
alles, was er erschafft. ...

Gleichwohl ist die dritte Meinung die wahre und
zugleich die meinige: der Lord, so sehr er ein in¬
deklinabler Mensch zu seyn scheint, der nach nichts
geht sondern ein Verbum in mi ist, hat doch folgen¬

Hesperus. l. Th. U

mie nur die Verwandlung der Sonnen in Schritt¬
zaͤhler und Wegweiſer fuͤr Pfefferfloten und im erha¬
benſten magister legens nur den ankoͤdernden Bier¬
kranz fuͤr arme Univerſitaͤten. — —

Die zweite Meinung iſt wenigſtens der erſten
entgegen und beſſer: dem Lord iſt wie andern großen
Menſchen die Laufbahn das Ziel und die Schritte
die Kraͤnze — Gluͤck unterſcheidet ſich bei ihm von
Ungluͤck nicht im Werthe ſondern in der Art,
ihm ſind ſie zwei konvergirende Rennbahnen zum
Ewigkeits-Ringe der innern Erhebung — alle Zu¬
faͤlle dieſes Lebens ſind ihm bloße Multiplikationsex¬
empel in unbenannten Zahlen, die er durchmacht,
aber nicht als Kontoriſt ſondern als Indifferenzialiſt
und Algebraiſt, welchem die Produkte und die Mul¬
tiplikanden gleich lieb ſind und dem es einerlei iſt,
mit Buchſtaben oder Zentnern zu rechnen.

Wahrhaftig der Menſch hat ſich faſt eben ſo viel
vorzuwerfen, wenn er mißvergnuͤgt als wenn er la¬
ſterhaft iſt; und da es auf ſeinen Gedankenozean an¬
koͤmmt, ob er aus ihm die unterſte Hoͤlle oder den
dritten Himmel als Inſel heben will: ſo verdient er
alles, was er erſchafft. ...

Gleichwohl iſt die dritte Meinung die wahre und
zugleich die meinige: der Lord, ſo ſehr er ein in¬
deklinabler Menſch zu ſeyn ſcheint, der nach nichts
geht ſondern ein Verbum in mi iſt, hat doch folgen¬

Heſperus. l. Th. U
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0316" n="305"/>
mie nur die Verwandlung der Sonnen in Schritt¬<lb/>
za&#x0364;hler und Wegwei&#x017F;er fu&#x0364;r Pfefferfloten und im erha¬<lb/>
ben&#x017F;ten <hi rendition="#aq">magister legens</hi> nur den anko&#x0364;dernden Bier¬<lb/>
kranz fu&#x0364;r arme Univer&#x017F;ita&#x0364;ten. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Die zweite Meinung i&#x017F;t wenig&#x017F;tens der er&#x017F;ten<lb/>
entgegen und be&#x017F;&#x017F;er: dem Lord i&#x017F;t wie andern großen<lb/>
Men&#x017F;chen die Laufbahn das Ziel und die Schritte<lb/>
die Kra&#x0364;nze &#x2014; Glu&#x0364;ck unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich bei ihm von<lb/>
Unglu&#x0364;ck nicht im <hi rendition="#g">Werthe</hi> &#x017F;ondern in der <hi rendition="#g">Art</hi>,<lb/>
ihm &#x017F;ind &#x017F;ie zwei konvergirende Rennbahnen zum<lb/>
Ewigkeits-Ringe der innern Erhebung &#x2014; alle Zu¬<lb/>
fa&#x0364;lle die&#x017F;es Lebens &#x017F;ind ihm bloße Multiplikationsex¬<lb/>
empel in <hi rendition="#g">unbenannten</hi> Zahlen, die er durchmacht,<lb/>
aber nicht als Kontori&#x017F;t &#x017F;ondern als Indifferenziali&#x017F;t<lb/>
und Algebrai&#x017F;t, welchem die Produkte und die Mul¬<lb/>
tiplikanden gleich lieb &#x017F;ind und dem es einerlei i&#x017F;t,<lb/>
mit Buch&#x017F;taben oder Zentnern zu rechnen.</p><lb/>
        <p>Wahrhaftig der Men&#x017F;ch hat &#x017F;ich fa&#x017F;t eben &#x017F;o viel<lb/>
vorzuwerfen, wenn er mißvergnu&#x0364;gt als wenn er la¬<lb/>
&#x017F;terhaft i&#x017F;t; und da es auf &#x017F;einen Gedankenozean an¬<lb/>
ko&#x0364;mmt, ob er aus ihm die unter&#x017F;te Ho&#x0364;lle oder den<lb/>
dritten Himmel als In&#x017F;el heben will: &#x017F;o verdient er<lb/>
alles, was er er&#x017F;chafft. ...</p><lb/>
        <p>Gleichwohl i&#x017F;t die dritte Meinung die wahre und<lb/>
zugleich die meinige: der Lord, &#x017F;o &#x017F;ehr er ein in¬<lb/>
deklinabler Men&#x017F;ch zu &#x017F;eyn &#x017F;cheint, der nach nichts<lb/>
geht &#x017F;ondern ein Verbum in <hi rendition="#aq">mi</hi> i&#x017F;t, hat doch folgen¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">He&#x017F;perus. <hi rendition="#aq">l</hi>. Th. U<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0316] mie nur die Verwandlung der Sonnen in Schritt¬ zaͤhler und Wegweiſer fuͤr Pfefferfloten und im erha¬ benſten magister legens nur den ankoͤdernden Bier¬ kranz fuͤr arme Univerſitaͤten. — — Die zweite Meinung iſt wenigſtens der erſten entgegen und beſſer: dem Lord iſt wie andern großen Menſchen die Laufbahn das Ziel und die Schritte die Kraͤnze — Gluͤck unterſcheidet ſich bei ihm von Ungluͤck nicht im Werthe ſondern in der Art, ihm ſind ſie zwei konvergirende Rennbahnen zum Ewigkeits-Ringe der innern Erhebung — alle Zu¬ faͤlle dieſes Lebens ſind ihm bloße Multiplikationsex¬ empel in unbenannten Zahlen, die er durchmacht, aber nicht als Kontoriſt ſondern als Indifferenzialiſt und Algebraiſt, welchem die Produkte und die Mul¬ tiplikanden gleich lieb ſind und dem es einerlei iſt, mit Buchſtaben oder Zentnern zu rechnen. Wahrhaftig der Menſch hat ſich faſt eben ſo viel vorzuwerfen, wenn er mißvergnuͤgt als wenn er la¬ ſterhaft iſt; und da es auf ſeinen Gedankenozean an¬ koͤmmt, ob er aus ihm die unterſte Hoͤlle oder den dritten Himmel als Inſel heben will: ſo verdient er alles, was er erſchafft. ... Gleichwohl iſt die dritte Meinung die wahre und zugleich die meinige: der Lord, ſo ſehr er ein in¬ deklinabler Menſch zu ſeyn ſcheint, der nach nichts geht ſondern ein Verbum in mi iſt, hat doch folgen¬ Heſperus. l. Th. U

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/316
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/316>, abgerufen am 24.11.2024.