stand schon draussen und überdekte alle Gemächer un¬ sers Vatikans mit seinen Gemälden. Ich hab' einen Nebel lieb, sobald er wie ein Schleier vom Ange¬ sicht eines schönen Tages abgleitet und sobald ihn größere als die vier Fakultäten machen. Wenn er (der am 1. Mai war so) wie ein Zugnez Gipfel und Bäche überflicht -- wenn die herabgedrükten Wolken auf unsern Auen und durch nasse Stauden kriechen -- wenn er auf der einen Weltgegend den Himmel mit einem Pech-Brodem besudelt und den Wald mit einer unreinen schweren Nebelbank be¬ streift, indeß er auf den andern, abgewischt vom nassen Saphyr des Himmels, in Tropfen verkleinert die Blumen erleuchtet; und wenn dieser blaue Glanz und jene schmuzige Nacht nahe an einander vorüber¬ ziehen und die Plätze tauschen: wem ist alsdann nicht als säh er Länder und Völker vor sich liegen, auf denen giftige und stinkende Nebel in Gruppen herumziehen, die bald kommen, bald gehen? -- Und wenn ferner diese weiße Nacht mein schwermüthiges Auge mit dahin fliegenden Dunstströmen, mit irren¬ den zitternden Duftstäubgen umzingelt: so erblick' ich trübe in dem Dunst das Menschenleben abgefärbt, mit seinen zwei großen Wolken an unserm Auf- und Untergange, mit seinem scheinbar lichten Raume um uns, mit seiner blauen Mündung über uns. . . .
ſtand ſchon drauſſen und uͤberdekte alle Gemaͤcher un¬ ſers Vatikans mit ſeinen Gemaͤlden. Ich hab' einen Nebel lieb, ſobald er wie ein Schleier vom Ange¬ ſicht eines ſchoͤnen Tages abgleitet und ſobald ihn groͤßere als die vier Fakultaͤten machen. Wenn er (der am 1. Mai war ſo) wie ein Zugnez Gipfel und Baͤche uͤberflicht — wenn die herabgedruͤkten Wolken auf unſern Auen und durch naſſe Stauden kriechen — wenn er auf der einen Weltgegend den Himmel mit einem Pech-Brodem beſudelt und den Wald mit einer unreinen ſchweren Nebelbank be¬ ſtreift, indeß er auf den andern, abgewiſcht vom naſſen Saphyr des Himmels, in Tropfen verkleinert die Blumen erleuchtet; und wenn dieſer blaue Glanz und jene ſchmuzige Nacht nahe an einander voruͤber¬ ziehen und die Plaͤtze tauſchen: wem iſt alsdann nicht als ſaͤh er Laͤnder und Voͤlker vor ſich liegen, auf denen giftige und ſtinkende Nebel in Gruppen herumziehen, die bald kommen, bald gehen? — Und wenn ferner dieſe weiße Nacht mein ſchwermuͤthiges Auge mit dahin fliegenden Dunſtſtroͤmen, mit irren¬ den zitternden Duftſtaͤubgen umzingelt: ſo erblick' ich truͤbe in dem Dunſt das Menſchenleben abgefaͤrbt, mit ſeinen zwei großen Wolken an unſerm Auf- und Untergange, mit ſeinem ſcheinbar lichten Raume um uns, mit ſeiner blauen Muͤndung uͤber uns. . . .
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ſtand ſchon drauſſen und uͤberdekte alle Gemaͤcher un¬
ſers Vatikans mit ſeinen Gemaͤlden. Ich hab' einen
Nebel lieb, ſobald er wie ein Schleier vom Ange¬
ſicht eines ſchoͤnen Tages abgleitet und ſobald ihn
groͤßere als die vier Fakultaͤten machen. Wenn
er (der am 1. Mai war ſo) wie ein Zugnez Gipfel
und Baͤche uͤberflicht — wenn die herabgedruͤkten
Wolken auf unſern Auen und durch naſſe Stauden
kriechen — wenn er auf der einen Weltgegend den
Himmel mit einem Pech-Brodem beſudelt und den
Wald mit einer unreinen ſchweren Nebelbank be¬
ſtreift, indeß er auf den andern, abgewiſcht vom
naſſen Saphyr des Himmels, in Tropfen verkleinert
die Blumen erleuchtet; und wenn dieſer blaue Glanz
und jene ſchmuzige Nacht nahe an einander voruͤber¬
ziehen und die Plaͤtze tauſchen: wem iſt alsdann
nicht als ſaͤh er Laͤnder und Voͤlker vor ſich liegen,
auf denen giftige und ſtinkende Nebel in Gruppen
herumziehen, die bald kommen, bald gehen? — Und
wenn ferner dieſe weiße Nacht mein ſchwermuͤthiges
Auge mit dahin fliegenden Dunſtſtroͤmen, mit irren¬
den zitternden Duftſtaͤubgen umzingelt: ſo erblick' ich
truͤbe in dem Dunſt das Menſchenleben abgefaͤrbt,
mit ſeinen zwei großen Wolken an unſerm Auf- und
Untergange, mit ſeinem ſcheinbar lichten Raume um
uns, mit ſeiner blauen Muͤndung uͤber uns. . . .
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/36>, abgerufen am 21.11.2024.
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