eines ganzen Staats an den Weg beerdigt; was soll ich aber von den Deutschen denken, bei denen selten ein nützlicher Staatsbürger -- sondern mei¬ stens ausgemachte Spitzbuben -- auf öffentliche Ko¬ sten, die man die Henkergelder nennt, begraben wird und vorher am Wege ausgehangen unter dem Gal¬ gen? -- Nicht einmal bei Lebzeiten kann ein Mann -- wenn er nicht ausserordentliche und oft exzen¬ trische Verdienste hat, wiewol exzentrische Men¬ schen in die Wahrheit, wie die Kometen in die Sonne, als Nahrungsstof zurückfallen -- sich darauf allemal Rechnung machen, daß er auf eine Art, wie die Alten ihre Edeln in Statuen und Bildern reflektirten und verdoppelten, in effigie un¬ ter einem erhabenen Ort werde gehangen werden. . . . . Man antworte mir, ich lasse mit mir reden.
P.
Philosophie. Einige kritische Philosophen haben jetzt aus der Algebra eine mathematische Me¬ thode entlehnt, ohne die man keine Minute philoso¬ phisch -- nicht sowohl denken als -- schreiben kann. Der Algebraist erhaschet durch das Versetzen bloßer Buchstaben Wahrheiten, die kein Syllogis¬ mus ausgraben konnte. Das thut der kritische Phi¬ losoph nach, aber mit größerem Vortheil: da er nicht Buchstaben sondern ganze Termen geschickt
eines ganzen Staats an den Weg beerdigt; was ſoll ich aber von den Deutſchen denken, bei denen ſelten ein nuͤtzlicher Staatsbuͤrger — ſondern mei¬ ſtens ausgemachte Spitzbuben — auf oͤffentliche Ko¬ ſten, die man die Henkergelder nennt, begraben wird und vorher am Wege ausgehangen unter dem Gal¬ gen? — Nicht einmal bei Lebzeiten kann ein Mann — wenn er nicht auſſerordentliche und oft exzen¬ triſche Verdienſte hat, wiewol exzentriſche Men¬ ſchen in die Wahrheit, wie die Kometen in die Sonne, als Nahrungsſtof zuruͤckfallen — ſich darauf allemal Rechnung machen, daß er auf eine Art, wie die Alten ihre Edeln in Statuen und Bildern reflektirten und verdoppelten, in effigie un¬ ter einem erhabenen Ort werde gehangen werden. . . . . Man antworte mir, ich laſſe mit mir reden.
P.
Philoſophie. Einige kritiſche Philoſophen haben jetzt aus der Algebra eine mathematiſche Me¬ thode entlehnt, ohne die man keine Minute philoſo¬ phiſch — nicht ſowohl denken als — ſchreiben kann. Der Algebraiſt erhaſchet durch das Verſetzen bloßer Buchſtaben Wahrheiten, die kein Syllogis¬ mus ausgraben konnte. Das thut der kritiſche Phi¬ loſoph nach, aber mit groͤßerem Vortheil: da er nicht Buchſtaben ſondern ganze Termen geſchickt
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eines ganzen Staats an den Weg beerdigt; was
ſoll ich aber von den Deutſchen denken, bei denen
ſelten ein nuͤtzlicher Staatsbuͤrger — ſondern mei¬
ſtens ausgemachte Spitzbuben — auf oͤffentliche Ko¬
ſten, die man die Henkergelder nennt, begraben wird
und vorher am Wege ausgehangen unter dem Gal¬
gen? — Nicht einmal bei Lebzeiten kann ein Mann
— wenn er nicht auſſerordentliche und oft exzen¬
triſche Verdienſte hat, wiewol exzentriſche Men¬
ſchen in die Wahrheit, wie die Kometen in die
Sonne, als Nahrungsſtof zuruͤckfallen — ſich
darauf allemal Rechnung machen, daß er auf eine
Art, wie die Alten ihre Edeln in Statuen und
Bildern reflektirten und verdoppelten, in effigie un¬
ter einem erhabenen Ort werde gehangen werden. .
. . . Man antworte mir, ich laſſe mit mir reden.
P.
Philoſophie. Einige kritiſche Philoſophen
haben jetzt aus der Algebra eine mathematiſche Me¬
thode entlehnt, ohne die man keine Minute philoſo¬
phiſch — nicht ſowohl denken als — ſchreiben
kann. Der Algebraiſt erhaſchet durch das Verſetzen
bloßer Buchſtaben Wahrheiten, die kein Syllogis¬
mus ausgraben konnte. Das thut der kritiſche Phi¬
loſoph nach, aber mit groͤßerem Vortheil: da er
nicht Buchſtaben ſondern ganze Termen geſchickt
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/133>, abgerufen am 23.11.2024.
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