waren doch in diesem Töchter-Handelshaus noch drei Freiexemplare für gute Freunde feil. Der Mi¬ nister gab bei den Ziehungen aus der Aemter-Lotte¬ rie gern seine Töchter zu Prämien für große Ge¬ winnste und Treffer her. Wem Gott ein Amt giebt, dem giebt er wenn nicht Verstand doch eine Frau. In einem töchterreichen Hause müssen wie in der Peterskirche, Beichtstühle für alle Natio¬ nen, für alle Karaktere, für alle Fehler stehen, damit die Töchter als Beichtmütter darin sitzen und von allem absolviren, bloß die Ehelosigkeit ausgenommen. Ich habe oft als Naturforscher die weisen Anstal¬ ten der Natur zur Verbreitung der Töchter und Kräuter bewundert; ists nicht eine weise Einrichtung sagt' ich zum naturhistorischen Göze, daß die Natur gerade denen Mädgen, die zu ihrem Leben einen rei¬ chen mineralischen Boden brauchen, etwas Anhäckeln¬ des giebt, womit sie sich an elende Ehe-Finken setzen, die sie an fette Oerter tragen? So bemerkt Linnee *), wie Sie wissen, daß Samenarten, die nur in fetter Erde forkommen, Hätgen anhaben, um sich leichter ans Vieh zu hängen, das sie in den Stall und Dünger trägt. Wunderbar streuet die Natur durch den Wind -- Vater und Mutter müs¬
*) S. dessen amoen. acad. die Abhandlung von der bewohnten Erde.
waren doch in dieſem Toͤchter-Handelshaus noch drei Freiexemplare fuͤr gute Freunde feil. Der Mi¬ niſter gab bei den Ziehungen aus der Aemter-Lotte¬ rie gern ſeine Toͤchter zu Praͤmien fuͤr große Ge¬ winnſte und Treffer her. Wem Gott ein Amt giebt, dem giebt er wenn nicht Verſtand doch eine Frau. In einem toͤchterreichen Hauſe muͤſſen wie in der Peterskirche, Beichtſtuͤhle fuͤr alle Natio¬ nen, fuͤr alle Karaktere, fuͤr alle Fehler ſtehen, damit die Toͤchter als Beichtmuͤtter darin ſitzen und von allem abſolviren, bloß die Eheloſigkeit ausgenommen. Ich habe oft als Naturforſcher die weiſen Anſtal¬ ten der Natur zur Verbreitung der Toͤchter und Kraͤuter bewundert; iſts nicht eine weiſe Einrichtung ſagt' ich zum naturhiſtoriſchen Goͤze, daß die Natur gerade denen Maͤdgen, die zu ihrem Leben einen rei¬ chen mineraliſchen Boden brauchen, etwas Anhaͤckeln¬ des giebt, womit ſie ſich an elende Ehe-Finken ſetzen, die ſie an fette Oerter tragen? So bemerkt Linnee *), wie Sie wiſſen, daß Samenarten, die nur in fetter Erde forkommen, Haͤtgen anhaben, um ſich leichter ans Vieh zu haͤngen, das ſie in den Stall und Duͤnger traͤgt. Wunderbar ſtreuet die Natur durch den Wind — Vater und Mutter muͤſ¬
*) S. deſſen amoen. acad. die Abhandlung von der bewohnten Erde.
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waren doch in dieſem Toͤchter-Handelshaus noch
drei Freiexemplare fuͤr gute Freunde feil. Der Mi¬
niſter gab bei den Ziehungen aus der Aemter-Lotte¬
rie gern ſeine Toͤchter zu Praͤmien fuͤr große Ge¬
winnſte und Treffer her. Wem Gott ein Amt
giebt, dem giebt er wenn nicht Verſtand doch eine
Frau. In einem toͤchterreichen Hauſe muͤſſen wie
in der Peterskirche, Beichtſtuͤhle fuͤr alle Natio¬
nen, fuͤr alle Karaktere, fuͤr alle Fehler ſtehen, damit
die Toͤchter als Beichtmuͤtter darin ſitzen und von
allem abſolviren, bloß die Eheloſigkeit ausgenommen.
Ich habe oft als Naturforſcher die weiſen Anſtal¬
ten der Natur zur Verbreitung der Toͤchter und
Kraͤuter bewundert; iſts nicht eine weiſe Einrichtung
ſagt' ich zum naturhiſtoriſchen Goͤze, daß die Natur
gerade denen Maͤdgen, die zu ihrem Leben einen rei¬
chen mineraliſchen Boden brauchen, etwas Anhaͤckeln¬
des giebt, womit ſie ſich an elende Ehe-Finken
ſetzen, die ſie an fette Oerter tragen? So bemerkt
Linnee *), wie Sie wiſſen, daß Samenarten, die
nur in fetter Erde forkommen, Haͤtgen anhaben, um
ſich leichter ans Vieh zu haͤngen, das ſie in den
Stall und Duͤnger traͤgt. Wunderbar ſtreuet die
Natur durch den Wind — Vater und Mutter muͤſ¬
*) S. deſſen amoen. acad. die Abhandlung von der bewohnten
Erde.
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/148>, abgerufen am 23.11.2024.
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