bitten und machte ihn mit ihrem Platzgolde von Jähzorn bekannt.
Zwei Tage lang wurde der westphälische Friede gehalten.
Aber Eine Zänkerei mit einem Mädgen macht wie Ein Narr, zehen: und zum Unglück hat man die Zornige nur lieber (wenistens mehr als die Gleich¬ gültige,) so wie das Volk den methodistischen Pre¬ digern am meisten zuläuft, die es am stärksten ver¬ dammen. Joachime wurde täglich zornfähiger -- welches er größerer Liebe zuschrieb -- aber er auch. Sie konnten den ganzen Besuch im schönsten Reichs- und Hausfrieden verbracht haben: beim Abschiede wurd' alles auf den Kriegsetat gesetzt, die Gesand¬ ten zurückgerufen und die Beurlaubten, wenn mir diese poetische Ausdrücke erlaubt sind. Mit dem zornigen Sediment im Herzen zog er dann ab und konnte kaum den Augenblick des Wiedersehens -- d. h. seiner oder ihrer Rechtfertigung -- erwarten. So brachten sie ihre Stunde mir dem Schreiben der Friedensinstrumente und der Manifeste zu. Die streitige Sache war so sonderbar wie der Streit: es betraf ihre Foderungen der Freundschaft; jedes be¬ wies, das andre wäre der Schuldner und fodere zu viel. Was unsern Medikus am meisten erboste, war, daß sie dem feinen und dem wohlriechenden Narren, ihr die Hand zu küßen, erlaubte, ihm aber verbot
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bitten und machte ihn mit ihrem Platzgolde von Jaͤhzorn bekannt.
Zwei Tage lang wurde der weſtphaͤliſche Friede gehalten.
Aber Eine Zaͤnkerei mit einem Maͤdgen macht wie Ein Narr, zehen: und zum Ungluͤck hat man die Zornige nur lieber (weniſtens mehr als die Gleich¬ guͤltige,) ſo wie das Volk den methodiſtiſchen Pre¬ digern am meiſten zulaͤuft, die es am ſtaͤrkſten ver¬ dammen. Joachime wurde taͤglich zornfaͤhiger — welches er groͤßerer Liebe zuſchrieb — aber er auch. Sie konnten den ganzen Beſuch im ſchoͤnſten Reichs- und Hausfrieden verbracht haben: beim Abſchiede wurd' alles auf den Kriegsetat geſetzt, die Geſand¬ ten zuruͤckgerufen und die Beurlaubten, wenn mir dieſe poetiſche Ausdruͤcke erlaubt ſind. Mit dem zornigen Sediment im Herzen zog er dann ab und konnte kaum den Augenblick des Wiederſehens — d. h. ſeiner oder ihrer Rechtfertigung — erwarten. So brachten ſie ihre Stunde mir dem Schreiben der Friedensinſtrumente und der Manifeſte zu. Die ſtreitige Sache war ſo ſonderbar wie der Streit: es betraf ihre Foderungen der Freundſchaft; jedes be¬ wies, das andre waͤre der Schuldner und fodere zu viel. Was unſern Medikus am meiſten erboſte, war, daß ſie dem feinen und dem wohlriechenden Narren, ihr die Hand zu kuͤßen, erlaubte, ihm aber verbot
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bitten und machte ihn mit ihrem Platzgolde von
Jaͤhzorn bekannt.
Zwei Tage lang wurde der weſtphaͤliſche Friede
gehalten.
Aber Eine Zaͤnkerei mit einem Maͤdgen macht
wie Ein Narr, zehen: und zum Ungluͤck hat man die
Zornige nur lieber (weniſtens mehr als die Gleich¬
guͤltige,) ſo wie das Volk den methodiſtiſchen Pre¬
digern am meiſten zulaͤuft, die es am ſtaͤrkſten ver¬
dammen. Joachime wurde taͤglich zornfaͤhiger —
welches er groͤßerer Liebe zuſchrieb — aber er auch.
Sie konnten den ganzen Beſuch im ſchoͤnſten Reichs-
und Hausfrieden verbracht haben: beim Abſchiede
wurd' alles auf den Kriegsetat geſetzt, die Geſand¬
ten zuruͤckgerufen und die Beurlaubten, wenn mir
dieſe poetiſche Ausdruͤcke erlaubt ſind. Mit dem
zornigen Sediment im Herzen zog er dann ab und
konnte kaum den Augenblick des Wiederſehens —
d. h. ſeiner oder ihrer Rechtfertigung — erwarten.
So brachten ſie ihre Stunde mir dem Schreiben
der Friedensinſtrumente und der Manifeſte zu. Die
ſtreitige Sache war ſo ſonderbar wie der Streit: es
betraf ihre Foderungen der Freundſchaft; jedes be¬
wies, das andre waͤre der Schuldner und fodere zu
viel. Was unſern Medikus am meiſten erboſte, war,
daß ſie dem feinen und dem wohlriechenden Narren,
ihr die Hand zu kuͤßen, erlaubte, ihm aber verbot
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/173>, abgerufen am 21.11.2024.
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