Beiläufig! Es wäre Boßheit von mir gegen den edeln Maz, wenn ichs länger unterdrückte, daß er seit einiger Zeit gegen meinen Helden viel sanfter und inbrünstiger wurde -- welches bloß an einem andern Menschen, ich meine an einem nachstellenden Schelm ein Kains-Zeichen wäre und etwan so viel bedeutete wie das Wedeln eines Katzenschwanzes. --
Viktor erstaunte über die Bitte der Fürstin, -- Klotilden zu heilen: das heißt, nicht über die Bitte -- denn sie beehrte ihn jetzt öfters damit -- son¬ dern über die Nachricht, daß Klotilde, auf deren Wangen er bisher die Aepfelblüten der Gesundheit auf Kosten seiner Seele in den Rennwochen ge¬ sehen, bloß taube Blüten getragen hatte, nämlich weniger Schminke, die ihr die Fürstin wegen der Symmetrie mit den übrigen rothen Kupferblumen des Hofes befehlen müssen. Die Fürstin, die wie ihr Stand rasch war, ersucht' ihn noch, da er zur medizinischen Oberexaminationskommission ernennet war, sein Amt recht bald, schon heute im Schau¬ spiele zu verwalten, wo er die Pazientin und Exa¬ minandin treffen konnte. . . . . Ich bin so begierig und erweicht zugleich, daß ich über Viktors heutige Stunden und Schmerzen wegspringe, um Abends hinter ihm und ihr in der Loge zu stehen.
Das Schauspiel war ein aus Eldorado geliefer¬ ter funkelnder Solitaire, Göthes Iphigenie. Da
Beilaͤufig! Es waͤre Boßheit von mir gegen den edeln Maz, wenn ichs laͤnger unterdruͤckte, daß er ſeit einiger Zeit gegen meinen Helden viel ſanfter und inbruͤnſtiger wurde — welches bloß an einem andern Menſchen, ich meine an einem nachſtellenden Schelm ein Kains-Zeichen waͤre und etwan ſo viel bedeutete wie das Wedeln eines Katzenſchwanzes. —
Viktor erſtaunte uͤber die Bitte der Fuͤrſtin, — Klotilden zu heilen: das heißt, nicht uͤber die Bitte — denn ſie beehrte ihn jetzt oͤfters damit — ſon¬ dern uͤber die Nachricht, daß Klotilde, auf deren Wangen er bisher die Aepfelbluͤten der Geſundheit auf Koſten ſeiner Seele in den Rennwochen ge¬ ſehen, bloß taube Bluͤten getragen hatte, naͤmlich weniger Schminke, die ihr die Fuͤrſtin wegen der Symmetrie mit den uͤbrigen rothen Kupferblumen des Hofes befehlen muͤſſen. Die Fuͤrſtin, die wie ihr Stand raſch war, erſucht' ihn noch, da er zur mediziniſchen Oberexaminationskommiſſion ernennet war, ſein Amt recht bald, ſchon heute im Schau¬ ſpiele zu verwalten, wo er die Pazientin und Exa¬ minandin treffen konnte. . . . . Ich bin ſo begierig und erweicht zugleich, daß ich uͤber Viktors heutige Stunden und Schmerzen wegſpringe, um Abends hinter ihm und ihr in der Loge zu ſtehen.
Das Schauſpiel war ein aus Eldorado geliefer¬ ter funkelnder Solitaire, Goͤthes Iphigenie. Da
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0222"n="212"/><p>Beilaͤufig! Es waͤre Boßheit von mir gegen den<lb/>
edeln Maz, wenn ichs laͤnger unterdruͤckte, daß er<lb/>ſeit einiger Zeit gegen meinen Helden viel ſanfter<lb/>
und inbruͤnſtiger wurde — welches bloß an einem<lb/>
andern Menſchen, ich meine an einem nachſtellenden<lb/>
Schelm ein Kains-Zeichen waͤre und etwan ſo viel<lb/>
bedeutete wie das Wedeln eines Katzenſchwanzes. —</p><lb/><p>Viktor erſtaunte uͤber die Bitte der Fuͤrſtin, —<lb/>
Klotilden zu heilen: das heißt, nicht uͤber die Bitte<lb/>— denn ſie beehrte ihn jetzt oͤfters damit —ſon¬<lb/>
dern uͤber die Nachricht, daß Klotilde, auf deren<lb/>
Wangen er bisher die Aepfelbluͤten der Geſundheit<lb/>
auf Koſten ſeiner Seele in den <hirendition="#g">Rennwochen</hi> ge¬<lb/>ſehen, bloß taube Bluͤten getragen hatte, naͤmlich<lb/>
weniger Schminke, die ihr die Fuͤrſtin wegen der<lb/>
Symmetrie mit den uͤbrigen rothen Kupferblumen<lb/>
des Hofes <hirendition="#g">befehlen</hi> muͤſſen. Die Fuͤrſtin, die wie<lb/>
ihr Stand raſch war, erſucht' ihn noch, da er zur<lb/>
mediziniſchen Oberexaminationskommiſſion ernennet<lb/>
war, ſein Amt recht bald, ſchon heute im Schau¬<lb/>ſpiele zu verwalten, wo er die Pazientin und Exa¬<lb/>
minandin treffen konnte. . . . . Ich bin ſo begierig<lb/>
und erweicht zugleich, daß ich uͤber Viktors heutige<lb/>
Stunden und Schmerzen wegſpringe, um Abends<lb/>
hinter ihm und ihr in der Loge zu ſtehen.</p><lb/><p>Das Schauſpiel war ein aus Eldorado geliefer¬<lb/>
ter funkelnder Solitaire, Goͤthes <hirendition="#g">Iphigenie</hi>. Da<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[212/0222]
Beilaͤufig! Es waͤre Boßheit von mir gegen den
edeln Maz, wenn ichs laͤnger unterdruͤckte, daß er
ſeit einiger Zeit gegen meinen Helden viel ſanfter
und inbruͤnſtiger wurde — welches bloß an einem
andern Menſchen, ich meine an einem nachſtellenden
Schelm ein Kains-Zeichen waͤre und etwan ſo viel
bedeutete wie das Wedeln eines Katzenſchwanzes. —
Viktor erſtaunte uͤber die Bitte der Fuͤrſtin, —
Klotilden zu heilen: das heißt, nicht uͤber die Bitte
— denn ſie beehrte ihn jetzt oͤfters damit — ſon¬
dern uͤber die Nachricht, daß Klotilde, auf deren
Wangen er bisher die Aepfelbluͤten der Geſundheit
auf Koſten ſeiner Seele in den Rennwochen ge¬
ſehen, bloß taube Bluͤten getragen hatte, naͤmlich
weniger Schminke, die ihr die Fuͤrſtin wegen der
Symmetrie mit den uͤbrigen rothen Kupferblumen
des Hofes befehlen muͤſſen. Die Fuͤrſtin, die wie
ihr Stand raſch war, erſucht' ihn noch, da er zur
mediziniſchen Oberexaminationskommiſſion ernennet
war, ſein Amt recht bald, ſchon heute im Schau¬
ſpiele zu verwalten, wo er die Pazientin und Exa¬
minandin treffen konnte. . . . . Ich bin ſo begierig
und erweicht zugleich, daß ich uͤber Viktors heutige
Stunden und Schmerzen wegſpringe, um Abends
hinter ihm und ihr in der Loge zu ſtehen.
Das Schauſpiel war ein aus Eldorado geliefer¬
ter funkelnder Solitaire, Goͤthes Iphigenie. Da
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/222>, abgerufen am 18.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.