und das Menschengeschlecht und die Weltgeschichte verschwunden. ...
-- Jetzt schläft und träumt der Engel noch -- wir sind noch in seinem Traum -- erst Phobetor ist bei ihm und Morpheus wartet noch, daß Pho¬ betor mit seinem Thiere verschwinde. ...
Aber lasset uns statt zu träumen, denken und hoffen; und jetzt fragen, werden auf Pflanzen¬ menschen, auf Thiermenschen endlich Gott¬ menschen kommen? Verräth der Gang der Welt- Uhr so viel Zweck wie der Bau derselben und hat sie ein Zifferblatts-Rad und einen Zeiger?
Man kann nicht (wie ein bekannter Philosoph) von Endabsichten in der Physik so fort auf End¬ absichten in der Geschichte schließen -- so wenig als ich, im Einzelnen, aus der theologischen Struk¬ tur eines Menschen eine theologische Lebensgeschichte desselben folgern kann, oder so wenig als ich aus dem weisen Bau der Thiere einen fortlaufenden Plan in der Weltgeschichte derselben schließen darf. Die Natur ist eisern, immer dieselbe, und die Weis¬ heit in ihrem Bau bleibt unverdunkelt; das Men¬ schengeschlecht ist frei und nimmt wie das Infusions¬ thier, die vielgestalltete Vortizelle, in jedem Augen¬ blick bald regelmäßige bald regellose Figuren an. Jede physische Unordnung ist nur die Hülse einer Ordnung, jeder trübe Frühling die Hülse eines hei¬
und das Menſchengeſchlecht und die Weltgeſchichte verſchwunden. ...
— Jetzt ſchlaͤft und traͤumt der Engel noch — wir ſind noch in ſeinem Traum — erſt Phobetor iſt bei ihm und Morpheus wartet noch, daß Pho¬ betor mit ſeinem Thiere verſchwinde. ...
Aber laſſet uns ſtatt zu traͤumen, denken und hoffen; und jetzt fragen, werden auf Pflanzen¬ menſchen, auf Thiermenſchen endlich Gott¬ menſchen kommen? Verraͤth der Gang der Welt- Uhr ſo viel Zweck wie der Bau derſelben und hat ſie ein Zifferblatts-Rad und einen Zeiger?
Man kann nicht (wie ein bekannter Philoſoph) von Endabſichten in der Phyſik ſo fort auf End¬ abſichten in der Geſchichte ſchließen — ſo wenig als ich, im Einzelnen, aus der theologiſchen Struk¬ tur eines Menſchen eine theologiſche Lebensgeſchichte deſſelben folgern kann, oder ſo wenig als ich aus dem weiſen Bau der Thiere einen fortlaufenden Plan in der Weltgeſchichte derſelben ſchließen darf. Die Natur iſt eiſern, immer dieſelbe, und die Weis¬ heit in ihrem Bau bleibt unverdunkelt; das Men¬ ſchengeſchlecht iſt frei und nimmt wie das Infuſions¬ thier, die vielgeſtalltete Vortizelle, in jedem Augen¬ blick bald regelmaͤßige bald regelloſe Figuren an. Jede phyſiſche Unordnung iſt nur die Huͤlſe einer Ordnung, jeder truͤbe Fruͤhling die Huͤlſe eines hei¬
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und das Menſchengeſchlecht und die Weltgeſchichte
verſchwunden. ...
— Jetzt ſchlaͤft und traͤumt der Engel noch —
wir ſind noch in ſeinem Traum — erſt Phobetor
iſt bei ihm und Morpheus wartet noch, daß Pho¬
betor mit ſeinem Thiere verſchwinde. ...
Aber laſſet uns ſtatt zu traͤumen, denken und
hoffen; und jetzt fragen, werden auf Pflanzen¬
menſchen, auf Thiermenſchen endlich Gott¬
menſchen kommen? Verraͤth der Gang der Welt-
Uhr ſo viel Zweck wie der Bau derſelben und hat
ſie ein Zifferblatts-Rad und einen Zeiger?
Man kann nicht (wie ein bekannter Philoſoph)
von Endabſichten in der Phyſik ſo fort auf End¬
abſichten in der Geſchichte ſchließen — ſo wenig
als ich, im Einzelnen, aus der theologiſchen Struk¬
tur eines Menſchen eine theologiſche Lebensgeſchichte
deſſelben folgern kann, oder ſo wenig als ich aus
dem weiſen Bau der Thiere einen fortlaufenden
Plan in der Weltgeſchichte derſelben ſchließen darf.
Die Natur iſt eiſern, immer dieſelbe, und die Weis¬
heit in ihrem Bau bleibt unverdunkelt; das Men¬
ſchengeſchlecht iſt frei und nimmt wie das Infuſions¬
thier, die vielgeſtalltete Vortizelle, in jedem Augen¬
blick bald regelmaͤßige bald regelloſe Figuren an.
Jede phyſiſche Unordnung iſt nur die Huͤlſe einer
Ordnung, jeder truͤbe Fruͤhling die Huͤlſe eines hei¬
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/247>, abgerufen am 22.11.2024.
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