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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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nen Tabellen die Liebe gerade am Tage nach dem
ersten Kusse am höchsten, nämlich auf 112° Fahrenh.
oder 10° de l'Isle steht: so war doch mit Viktors
Liebe zugleich seine Ehrfurcht gestiegen -- o die Liebe
erhebt, worin die Gunstbezeugungen nicht kühner
sondern blöder machen! --

Unser Freund fühlte, wie glücklich in der Freude
das Ansichhalten mache und wie sehr der moussi¬
rende Freuden-Pokal durch einige Messerspitzen hin¬
eingeworfnes Temperirpulver sich aufhelle und ver¬
edle. Nach einem Nachmittag, wo die ganzen
Stunden reizend waren, ohne daß man einzelne aus¬
serordentliche Minuten hätte herausheben können --
wie die Fasanenfedern nicht einzeln, sondern in gan¬
zen Büschen glänzen -- nach diesem Nachmittag zog
alles in den Garten, aber Emanuel zuerst. Der In¬
dier vertrug wie Grasmücken keine Zimmer und
schwieg darin oder las nur und zwar bloß -- was
mich nicht wundert -- den ernsthaften Shakespear.
. . . . .

Unter dem großen Abendhimmel, den keine Wolke
einschränkte, thaten sich die Seelen wie Nachtviolen
auf. Emanuel war der Zizerone und Gallerieinspek¬
tor dieses malerischen Gartens. Er führte seinen
Freund und die andern zu seinem kleinen Blumen¬
gärtgen, das am höchsten im Park lag. Der Park
lief nämlich den Berg hinab mit fünf gleichsam aus

nen Tabellen die Liebe gerade am Tage nach dem
erſten Kuſſe am hoͤchſten, naͤmlich auf 112° Fahrenh.
oder 10° de l'Isle ſteht: ſo war doch mit Viktors
Liebe zugleich ſeine Ehrfurcht geſtiegen — o die Liebe
erhebt, worin die Gunſtbezeugungen nicht kuͤhner
ſondern bloͤder machen! —

Unſer Freund fuͤhlte, wie gluͤcklich in der Freude
das Anſichhalten mache und wie ſehr der mouſſi¬
rende Freuden-Pokal durch einige Meſſerſpitzen hin¬
eingeworfnes Temperirpulver ſich aufhelle und ver¬
edle. Nach einem Nachmittag, wo die ganzen
Stunden reizend waren, ohne daß man einzelne auſ¬
ſerordentliche Minuten haͤtte herausheben koͤnnen —
wie die Faſanenfedern nicht einzeln, ſondern in gan¬
zen Buͤſchen glaͤnzen — nach dieſem Nachmittag zog
alles in den Garten, aber Emanuel zuerſt. Der In¬
dier vertrug wie Grasmuͤcken keine Zimmer und
ſchwieg darin oder las nur und zwar bloß — was
mich nicht wundert — den ernſthaften Shakeſpear.
. . . . .

Unter dem großen Abendhimmel, den keine Wolke
einſchraͤnkte, thaten ſich die Seelen wie Nachtviolen
auf. Emanuel war der Zizerone und Gallerieinſpek¬
tor dieſes maleriſchen Gartens. Er fuͤhrte ſeinen
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[178/0188] nen Tabellen die Liebe gerade am Tage nach dem erſten Kuſſe am hoͤchſten, naͤmlich auf 112° Fahrenh. oder 10° de l'Isle ſteht: ſo war doch mit Viktors Liebe zugleich ſeine Ehrfurcht geſtiegen — o die Liebe erhebt, worin die Gunſtbezeugungen nicht kuͤhner ſondern bloͤder machen! — Unſer Freund fuͤhlte, wie gluͤcklich in der Freude das Anſichhalten mache und wie ſehr der mouſſi¬ rende Freuden-Pokal durch einige Meſſerſpitzen hin¬ eingeworfnes Temperirpulver ſich aufhelle und ver¬ edle. Nach einem Nachmittag, wo die ganzen Stunden reizend waren, ohne daß man einzelne auſ¬ ſerordentliche Minuten haͤtte herausheben koͤnnen — wie die Faſanenfedern nicht einzeln, ſondern in gan¬ zen Buͤſchen glaͤnzen — nach dieſem Nachmittag zog alles in den Garten, aber Emanuel zuerſt. Der In¬ dier vertrug wie Grasmuͤcken keine Zimmer und ſchwieg darin oder las nur und zwar bloß — was mich nicht wundert — den ernſthaften Shakeſpear. . . . . . Unter dem großen Abendhimmel, den keine Wolke einſchraͤnkte, thaten ſich die Seelen wie Nachtviolen auf. Emanuel war der Zizerone und Gallerieinſpek¬ tor dieſes maleriſchen Gartens. Er fuͤhrte ſeinen Freund und die andern zu ſeinem kleinen Blumen¬ gaͤrtgen, das am hoͤchſten im Park lag. Der Park lief naͤmlich den Berg hinab mit fuͤnf gleichſam aus

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/188>, abgerufen am 24.11.2024.