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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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Wahrheit. Diesesmal verdoppelte noch dazu das
Gefühl seiner steigenden Gesundheit sein Schmachten
nach dem geweissagten Verscheiden. Sein verherr¬
lichtes Angesicht, seine überirrdischen Wünsche und
sein stilles Ergeben waren gleisam der zweite höhere
Mondenschein, der in den dunklern fiel; und er
störte das wachsende Elysium gar nicht, da er z. B.
sagte: "der Sterbliche hält sich hier für ewig, weil
"das Menschengeschlecht ewig ist; aber der fortgestoßene
"Tropfe wird mit dem unversiegendem Strome ver¬
"wechselt; und keimten nicht immer neue Menschen
"nach, so würde jeder die Flüchtigkeit seiner Lebens¬
"terzie tiefer empfinden" -- oder da er sagte:
"wenn der Mensch nicht unsterblich wird, so wird
"es auch kein höheres Wesen und die Schlüsse sind
"dieselben; dann brennte der stehende Gott aus dem
"kämpfenden und erlöschenden Sinn einsam heraus,
"gleich der Sonne, die, wenn es keinen Erdendunst¬
"kreis gäbe, aus einem schwarzen Himmel lodern und
"die gewölbte Nacht durchschneiden aber nicht erhel¬
"len würde" -- oder da er sagte: der Gang des
"Menschengeschlechts zur h. Stadt Gottes gleicht
dem Gange einiger Pilgrimme, die nach Jerusalem
wallfarthen und allemal nach drei Schritten vor¬
wärts wieder einen rückwärts thun" -- Oder end¬
lich da er auf seines Viktors Bemerkung, daß die
Besserung nur die groben Fehler, nicht die feinen

Wahrheit. Dieſesmal verdoppelte noch dazu das
Gefuͤhl ſeiner ſteigenden Geſundheit ſein Schmachten
nach dem geweiſſagten Verſcheiden. Sein verherr¬
lichtes Angeſicht, ſeine uͤberirrdiſchen Wuͤnſche und
ſein ſtilles Ergeben waren gleiſam der zweite hoͤhere
Mondenſchein, der in den dunklern fiel; und er
ſtoͤrte das wachſende Elyſium gar nicht, da er z. B.
ſagte: »der Sterbliche haͤlt ſich hier fuͤr ewig, weil
»das Menſchengeſchlecht ewig iſt; aber der fortgeſtoßene
»Tropfe wird mit dem unverſiegendem Strome ver¬
»wechſelt; und keimten nicht immer neue Menſchen
»nach, ſo wuͤrde jeder die Fluͤchtigkeit ſeiner Lebens¬
»terzie tiefer empfinden« — oder da er ſagte:
»wenn der Menſch nicht unſterblich wird, ſo wird
»es auch kein hoͤheres Weſen und die Schluͤſſe ſind
»dieſelben; dann brennte der ſtehende Gott aus dem
»kaͤmpfenden und erloͤſchenden Sinn einſam heraus,
»gleich der Sonne, die, wenn es keinen Erdendunſt¬
»kreis gaͤbe, aus einem ſchwarzen Himmel lodern und
»die gewoͤlbte Nacht durchſchneiden aber nicht erhel¬
»len wuͤrde« — oder da er ſagte: der Gang des
»Menſchengeſchlechts zur h. Stadt Gottes gleicht
dem Gange einiger Pilgrimme, die nach Jeruſalem
wallfarthen und allemal nach drei Schritten vor¬
waͤrts wieder einen ruͤckwaͤrts thun« — Oder end¬
lich da er auf ſeines Viktors Bemerkung, daß die
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[184/0194] Wahrheit. Dieſesmal verdoppelte noch dazu das Gefuͤhl ſeiner ſteigenden Geſundheit ſein Schmachten nach dem geweiſſagten Verſcheiden. Sein verherr¬ lichtes Angeſicht, ſeine uͤberirrdiſchen Wuͤnſche und ſein ſtilles Ergeben waren gleiſam der zweite hoͤhere Mondenſchein, der in den dunklern fiel; und er ſtoͤrte das wachſende Elyſium gar nicht, da er z. B. ſagte: »der Sterbliche haͤlt ſich hier fuͤr ewig, weil »das Menſchengeſchlecht ewig iſt; aber der fortgeſtoßene »Tropfe wird mit dem unverſiegendem Strome ver¬ »wechſelt; und keimten nicht immer neue Menſchen »nach, ſo wuͤrde jeder die Fluͤchtigkeit ſeiner Lebens¬ »terzie tiefer empfinden« — oder da er ſagte: »wenn der Menſch nicht unſterblich wird, ſo wird »es auch kein hoͤheres Weſen und die Schluͤſſe ſind »dieſelben; dann brennte der ſtehende Gott aus dem »kaͤmpfenden und erloͤſchenden Sinn einſam heraus, »gleich der Sonne, die, wenn es keinen Erdendunſt¬ »kreis gaͤbe, aus einem ſchwarzen Himmel lodern und »die gewoͤlbte Nacht durchſchneiden aber nicht erhel¬ »len wuͤrde« — oder da er ſagte: der Gang des »Menſchengeſchlechts zur h. Stadt Gottes gleicht dem Gange einiger Pilgrimme, die nach Jeruſalem wallfarthen und allemal nach drei Schritten vor¬ waͤrts wieder einen ruͤckwaͤrts thun« — Oder end¬ lich da er auf ſeines Viktors Bemerkung, daß die Beſſerung nur die groben Fehler, nicht die feinen

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/194>, abgerufen am 24.11.2024.