thieus Dienstfertigkeit, als wenn er das Zischen und den Kugelpfif des herabschiessenden Stoßvogels vernähme, der bisher unverrückt gleichsam mit ange¬ nageltem Fittich hoch im Blauen über dem Raub geruhet hatte. -- Verarget es dem Doktor nicht gar zu sehr, daß ihn die verlorne Gelegenheit kränk¬ te, seinen Freund aus dem engen Gefängniß und sich aus dem weiten des Lebens los zu machen. Denn er hat zu viel verloren und ist zu einsam: die Men¬ schen kommen ihm wie die Leute in dem polnischen Steinsalzbergwerk vor, die herumtappen mit einem an dem Kopf gebundnen Licht, das sie ein Ich nennen, vom genußlosen Blinken des Salzes um¬ zingelt, weis gekleidet und mit rothen Binden, als wären es Aderlaßbinden -- Die Sprache seiner Be¬ kannten ist wie die der Sineser, einsylbig -- Er muß dem erniedrigenden Tag entgegen leben, wo Jenner und die Stadt die Niedrigkeit seines Stan¬ des ihm zum Betrug anrechnen. -- Vor jedem Auge steht er in einem andern Lichte oder Schatten vielmehr, Matthieu hält ihn für grob, Jenner für intriguant, die Weiber für tändelnd, so wie Ema¬ nuel für fromm und Klotilde für zu warm -- denn jeder vernimmt an einem vollstimmig besetzten Menschen nur sein Echo. Welches Herz konnt' ihn nun noch bewegen -- seines ohnehin nicht -- das Ruder im Sklavenschiff des Lebens länger zu halten?
thieus Dienſtfertigkeit, als wenn er das Ziſchen und den Kugelpfif des herabſchieſſenden Stoßvogels vernaͤhme, der bisher unverruͤckt gleichſam mit ange¬ nageltem Fittich hoch im Blauen uͤber dem Raub geruhet hatte. — Verarget es dem Doktor nicht gar zu ſehr, daß ihn die verlorne Gelegenheit kraͤnk¬ te, ſeinen Freund aus dem engen Gefaͤngniß und ſich aus dem weiten des Lebens los zu machen. Denn er hat zu viel verloren und iſt zu einſam: die Men¬ ſchen kommen ihm wie die Leute in dem polniſchen Steinſalzbergwerk vor, die herumtappen mit einem an dem Kopf gebundnen Licht, das ſie ein Ich nennen, vom genußloſen Blinken des Salzes um¬ zingelt, weis gekleidet und mit rothen Binden, als waͤren es Aderlaßbinden — Die Sprache ſeiner Be¬ kannten iſt wie die der Sineſer, einſylbig — Er muß dem erniedrigenden Tag entgegen leben, wo Jenner und die Stadt die Niedrigkeit ſeines Stan¬ des ihm zum Betrug anrechnen. — Vor jedem Auge ſteht er in einem andern Lichte oder Schatten vielmehr, Matthieu haͤlt ihn fuͤr grob, Jenner fuͤr intriguant, die Weiber fuͤr taͤndelnd, ſo wie Ema¬ nuel fuͤr fromm und Klotilde fuͤr zu warm — denn jeder vernimmt an einem vollſtimmig beſetzten Menſchen nur ſein Echo. Welches Herz konnt' ihn nun noch bewegen — ſeines ohnehin nicht — das Ruder im Sklavenſchiff des Lebens laͤnger zu halten?
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thieus Dienſtfertigkeit, als wenn er das Ziſchen
und den Kugelpfif des herabſchieſſenden Stoßvogels
vernaͤhme, der bisher unverruͤckt gleichſam mit ange¬
nageltem Fittich hoch im Blauen uͤber dem Raub
geruhet hatte. — Verarget es dem Doktor nicht
gar zu ſehr, daß ihn die verlorne Gelegenheit kraͤnk¬
te, ſeinen Freund aus dem engen Gefaͤngniß und
ſich aus dem weiten des Lebens los zu machen. Denn
er hat zu viel verloren und iſt zu einſam: die Men¬
ſchen kommen ihm wie die Leute in dem polniſchen
Steinſalzbergwerk vor, die herumtappen mit einem
an dem Kopf gebundnen Licht, das ſie ein Ich
nennen, vom genußloſen Blinken des Salzes um¬
zingelt, weis gekleidet und mit rothen Binden, als
waͤren es Aderlaßbinden — Die Sprache ſeiner Be¬
kannten iſt wie die der Sineſer, einſylbig — Er
muß dem erniedrigenden Tag entgegen leben, wo
Jenner und die Stadt die Niedrigkeit ſeines Stan¬
des ihm zum Betrug anrechnen. — Vor jedem
Auge ſteht er in einem andern Lichte oder Schatten
vielmehr, Matthieu haͤlt ihn fuͤr grob, Jenner fuͤr
intriguant, die Weiber fuͤr taͤndelnd, ſo wie Ema¬
nuel fuͤr fromm und Klotilde fuͤr zu warm — denn
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/405>, abgerufen am 23.11.2024.
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