Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Fächerstäbe und daß das Schieß-Pulver und der
wohlriechende Puder und das Kavalierpapier dum¬
pfig geworden und daß der Wurstschlitten ausgesessen
ist zu einem hölzernen Esel, und daß der Hund und
das Kanapee im Häären begriffen sind -- wo alles
zu spät kommt, alles verbrät, alles überkocht und
die Kammerdonna die Stecknadeln ins Fleisch der
Frau wie in eine Puppe treibt -- und wo man,
wenn man sich bei dieser hundsföttischen Krankheit
ohne Materie
genugsam ereifert hat ohne Ursache,
sich zufrieden giebt wieder ohne Ursache -- --

Als Viktor anlandete in der Pfarre: hört' er
den Geburtshelden des Tages, den Pfarrer, in sei¬
nem Museo doziren und schreien. Er goß seinen
h. Geist in die langen Ohren seiner Katechumenen
aus, in die keine feurigen Zungen zu bringen wa¬
ren. Er handhabte eine Dunsin aus einer Einöde
(einem einzigen Hause im Walde), vor der er den
Unterschied des Löse- und des Bindeschlüssels aufklä¬
ren wollte. Es war aber nicht zu machen: der Ka¬
plan und Wiedergebohrne hatte schon 11/2 Stunde
über die Schulzeit mit dem Aufklären zugebracht;
die Dunsin vergrif sich immer in den Schlüsseln,
als wäre sie eine -- Weltdame. Der Kaplan
hatte seinen Kopf darauf gesetzt auf die Illuminazion
des ihrigen -- er stellte ihr alles vor, was Eisen¬
holz und Eisensteine gerührt hätte, seinen heutigen

Faͤcherſtaͤbe und daß das Schieß-Pulver und der
wohlriechende Puder und das Kavalierpapier dum¬
pfig geworden und daß der Wurſtſchlitten ausgeſeſſen
iſt zu einem hoͤlzernen Eſel, und daß der Hund und
das Kanapee im Haͤaͤren begriffen ſind — wo alles
zu ſpaͤt kommt, alles verbraͤt, alles uͤberkocht und
die Kammerdonna die Stecknadeln ins Fleiſch der
Frau wie in eine Puppe treibt — und wo man,
wenn man ſich bei dieſer hundsfoͤttiſchen Krankheit
ohne Materie
genugſam ereifert hat ohne Urſache,
ſich zufrieden giebt wieder ohne Urſache — —

Als Viktor anlandete in der Pfarre: hoͤrt' er
den Geburtshelden des Tages, den Pfarrer, in ſei¬
nem Muſeo doziren und ſchreien. Er goß ſeinen
h. Geiſt in die langen Ohren ſeiner Katechumenen
aus, in die keine feurigen Zungen zu bringen wa¬
ren. Er handhabte eine Dunſin aus einer Einoͤde
(einem einzigen Hauſe im Walde), vor der er den
Unterſchied des Loͤſe- und des Bindeſchluͤſſels aufklaͤ¬
ren wollte. Es war aber nicht zu machen: der Ka¬
plan und Wiedergebohrne hatte ſchon 1½ Stunde
uͤber die Schulzeit mit dem Aufklaͤren zugebracht;
die Dunſin vergrif ſich immer in den Schluͤſſeln,
als waͤre ſie eine — Weltdame. Der Kaplan
hatte ſeinen Kopf darauf geſetzt auf die Illuminazion
des ihrigen — er ſtellte ihr alles vor, was Eiſen¬
holz und Eiſenſteine geruͤhrt haͤtte, ſeinen heutigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0096" n="86"/>
Fa&#x0364;cher&#x017F;ta&#x0364;be und daß das Schieß-Pulver und der<lb/>
wohlriechende Puder und das Kavalierpapier dum¬<lb/>
pfig geworden und daß der Wur&#x017F;t&#x017F;chlitten ausge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t zu einem ho&#x0364;lzernen E&#x017F;el, und daß der Hund und<lb/>
das Kanapee im Ha&#x0364;a&#x0364;ren begriffen &#x017F;ind &#x2014; wo alles<lb/>
zu &#x017F;pa&#x0364;t kommt, alles verbra&#x0364;t, alles u&#x0364;berkocht und<lb/>
die Kammerdonna die Stecknadeln ins Flei&#x017F;ch der<lb/>
Frau wie in eine Puppe treibt &#x2014; und wo man,<lb/>
wenn man &#x017F;ich bei die&#x017F;er hundsfo&#x0364;tti&#x017F;chen <hi rendition="#g">Krankheit<lb/>
ohne Materie</hi> genug&#x017F;am ereifert hat ohne Ur&#x017F;ache,<lb/>
&#x017F;ich zufrieden giebt wieder ohne Ur&#x017F;ache &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Als Viktor anlandete in der Pfarre: ho&#x0364;rt' er<lb/>
den Geburtshelden des Tages, den Pfarrer, in &#x017F;ei¬<lb/>
nem Mu&#x017F;eo doziren und &#x017F;chreien. Er goß &#x017F;einen<lb/>
h. Gei&#x017F;t in die langen Ohren &#x017F;einer Katechumenen<lb/>
aus, in die keine feurigen Zungen zu bringen wa¬<lb/>
ren. Er handhabte eine Dun&#x017F;in aus einer Eino&#x0364;de<lb/>
(einem einzigen Hau&#x017F;e im Walde), vor der er den<lb/>
Unter&#x017F;chied des Lo&#x0364;&#x017F;e- und des Binde&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;els aufkla&#x0364;¬<lb/>
ren wollte. Es war aber nicht zu machen: der Ka¬<lb/>
plan und Wiedergebohrne hatte &#x017F;chon 1½ Stunde<lb/>
u&#x0364;ber die Schulzeit mit dem Aufkla&#x0364;ren zugebracht;<lb/>
die Dun&#x017F;in vergrif &#x017F;ich immer in den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln,<lb/>
als wa&#x0364;re &#x017F;ie eine &#x2014; <hi rendition="#g">Weltdame</hi>. Der Kaplan<lb/>
hatte &#x017F;einen Kopf darauf ge&#x017F;etzt auf die Illuminazion<lb/>
des ihrigen &#x2014; er &#x017F;tellte ihr alles vor, was Ei&#x017F;en¬<lb/>
holz und Ei&#x017F;en&#x017F;teine geru&#x0364;hrt ha&#x0364;tte, &#x017F;einen heutigen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0096] Faͤcherſtaͤbe und daß das Schieß-Pulver und der wohlriechende Puder und das Kavalierpapier dum¬ pfig geworden und daß der Wurſtſchlitten ausgeſeſſen iſt zu einem hoͤlzernen Eſel, und daß der Hund und das Kanapee im Haͤaͤren begriffen ſind — wo alles zu ſpaͤt kommt, alles verbraͤt, alles uͤberkocht und die Kammerdonna die Stecknadeln ins Fleiſch der Frau wie in eine Puppe treibt — und wo man, wenn man ſich bei dieſer hundsfoͤttiſchen Krankheit ohne Materie genugſam ereifert hat ohne Urſache, ſich zufrieden giebt wieder ohne Urſache — — Als Viktor anlandete in der Pfarre: hoͤrt' er den Geburtshelden des Tages, den Pfarrer, in ſei¬ nem Muſeo doziren und ſchreien. Er goß ſeinen h. Geiſt in die langen Ohren ſeiner Katechumenen aus, in die keine feurigen Zungen zu bringen wa¬ ren. Er handhabte eine Dunſin aus einer Einoͤde (einem einzigen Hauſe im Walde), vor der er den Unterſchied des Loͤſe- und des Bindeſchluͤſſels aufklaͤ¬ ren wollte. Es war aber nicht zu machen: der Ka¬ plan und Wiedergebohrne hatte ſchon 1½ Stunde uͤber die Schulzeit mit dem Aufklaͤren zugebracht; die Dunſin vergrif ſich immer in den Schluͤſſeln, als waͤre ſie eine — Weltdame. Der Kaplan hatte ſeinen Kopf darauf geſetzt auf die Illuminazion des ihrigen — er ſtellte ihr alles vor, was Eiſen¬ holz und Eiſenſteine geruͤhrt haͤtte, ſeinen heutigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/96
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/96>, abgerufen am 24.11.2024.