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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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Aber aus Liebe gegen Theoda, die dem Dich-
ter als einem Sonnengott wie eine Memnon's
Statue zutönte mit heitern Nachtmusiken und
Ständchen, setzte er sich nieder und schrieb, um
ihr den Aufschub seiner Götter-Erscheinung oder
seines Aufgangs zu verfüßen, eigenhändig in
Theudobachs Namen ein Briefchen an Hr. v.
Nieß, worin er sich selber als Freund berich-
tete: "er komme erst Abends in Maulbronn an,
doch aber, hoff' er, nicht zu spät für den Be-
such des Deklamatorium, und nicht zu früh,
wünsch' er für unsre Dame." Er steckte dies
Blättchen in einem mit der Bad-Post angelang-
ten Briefumschlag und ging zu Theoda mit ent-
zücktem Gesichte. Daß er nicht log, war er
sich bewußt, da er eben vorhatte unter dem
Vorlesen (um das Loben ins Gesicht zu hemmen)
auf zu stehen und zu sagen: ach nur ich bin
selber dieser Theudobach. Ehe der Edelmann
kam, hatte sie eben folgendes ins Tagebuch ge-
schrieben: "Endlich bin ich da, Bona, aber nie-
mand anders (außer einige Schocke Badegäste)
sogar auf der Badeliste fehlt Er. Bloß in der

Aber aus Liebe gegen Theoda, die dem Dich-
ter als einem Sonnengott wie eine Memnon’s
Statue zutoͤnte mit heitern Nachtmuſiken und
Staͤndchen, ſetzte er ſich nieder und ſchrieb, um
ihr den Aufſchub ſeiner Goͤtter-Erſcheinung oder
ſeines Aufgangs zu verfuͤßen, eigenhändig in
Theudobachs Namen ein Briefchen an Hr. v.
Nieß, worin er ſich ſelber als Freund berich-
tete: „er komme erſt Abends in Maulbronn an,
doch aber, hoff’ er, nicht zu ſpaͤt fuͤr den Be-
ſuch des Deklamatorium, und nicht zu fruͤh,
wuͤnſch’ er fuͤr unſre Dame.” Er ſteckte dies
Blaͤttchen in einem mit der Bad-Poſt angelang-
ten Briefumſchlag und ging zu Theoda mit ent-
zuͤcktem Geſichte. Daß er nicht log, war er
ſich bewußt, da er eben vorhatte unter dem
Vorleſen (um das Loben ins Geſicht zu hemmen)
auf zu ſtehen und zu ſagen: ach nur ich bin
ſelber dieſer Theudobach. Ehe der Edelmann
kam, hatte ſie eben folgendes ins Tagebuch ge-
ſchrieben: „Endlich bin ich da, Bona, aber nie-
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[134/0152] Aber aus Liebe gegen Theoda, die dem Dich- ter als einem Sonnengott wie eine Memnon’s Statue zutoͤnte mit heitern Nachtmuſiken und Staͤndchen, ſetzte er ſich nieder und ſchrieb, um ihr den Aufſchub ſeiner Goͤtter-Erſcheinung oder ſeines Aufgangs zu verfuͤßen, eigenhändig in Theudobachs Namen ein Briefchen an Hr. v. Nieß, worin er ſich ſelber als Freund berich- tete: „er komme erſt Abends in Maulbronn an, doch aber, hoff’ er, nicht zu ſpaͤt fuͤr den Be- ſuch des Deklamatorium, und nicht zu fruͤh, wuͤnſch’ er fuͤr unſre Dame.” Er ſteckte dies Blaͤttchen in einem mit der Bad-Poſt angelang- ten Briefumſchlag und ging zu Theoda mit ent- zuͤcktem Geſichte. Daß er nicht log, war er ſich bewußt, da er eben vorhatte unter dem Vorleſen (um das Loben ins Geſicht zu hemmen) auf zu ſtehen und zu ſagen: ach nur ich bin ſelber dieſer Theudobach. Ehe der Edelmann kam, hatte ſie eben folgendes ins Tagebuch ge- ſchrieben: „Endlich bin ich da, Bona, aber nie- mand anders (außer einige Schocke Badegaͤſte) ſogar auf der Badeliſte fehlt Er. Bloß in der

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/152>, abgerufen am 24.11.2024.