nichts gethan als Fragen an den Edelmann über den Dichter. Dieser ist selber -- höre -- bloß die beste erste Ausgabe seiner Bücher, eine Prachtausgabe, wenn nicht besser; wenigstens milder, als seine Stachelkomödien. Niemand hat sich vor seinem Auge oder Herzen zu scheuen. Er lief schon als Kind gern auf Berge, und in die Natur; und so war er auch schon als Kind vor seinem neunten Jahre unsterblich verliebt. Närrisch ists doch, daß man dergleichen an gro- ßen Menschen als so etwas Großes nimmt, da man ja bey sich und andern nicht viel daraus macht. -- Hr. v. Nieß erzählte mir eine köstliche längst abgeschlossne Geschichte von seiner ersten Liebe, als eines Knaben voll Zärte und Gluth und Frömmigkeit; sie soll Dir einmal wohlthun, wenn ich sie Dir in Dein Wochenbett hinein werfe. Nur machts der liebe Vater durch Mi- nen und Worte jedem gar zu schwer, dergleichen vorzutragen; -- anzuhören weniger, denn ich bin an ihn gewöhnt -- er wirft oft, wie Du ja weißt, Eisspitzen ins schönste Feuer, auf die niemand in ganz Pira gefallen wäre, und bringt
nichts gethan als Fragen an den Edelmann uͤber den Dichter. Dieſer iſt ſelber — hoͤre — bloß die beſte erſte Ausgabe ſeiner Buͤcher, eine Prachtausgabe, wenn nicht beſſer; wenigſtens milder, als ſeine Stachelkomoͤdien. Niemand hat ſich vor ſeinem Auge oder Herzen zu ſcheuen. Er lief ſchon als Kind gern auf Berge, und in die Natur; und ſo war er auch ſchon als Kind vor ſeinem neunten Jahre unſterblich verliebt. Naͤrriſch iſts doch, daß man dergleichen an gro- ßen Menſchen als ſo etwas Großes nimmt, da man ja bey ſich und andern nicht viel daraus macht. — Hr. v. Nieß erzaͤhlte mir eine koͤſtliche laͤngſt abgeſchloſſne Geſchichte von ſeiner erſten Liebe, als eines Knaben voll Zaͤrte und Gluth und Froͤmmigkeit; ſie ſoll Dir einmal wohlthun, wenn ich ſie Dir in Dein Wochenbett hinein werfe. Nur machts der liebe Vater durch Mi- nen und Worte jedem gar zu ſchwer, dergleichen vorzutragen; — anzuhoͤren weniger, denn ich bin an ihn gewoͤhnt — er wirft oft, wie Du ja weißt, Eisſpitzen ins ſchoͤnſte Feuer, auf die niemand in ganz Pira gefallen waͤre, und bringt
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nichts gethan als Fragen an den Edelmann
uͤber den Dichter. Dieſer iſt ſelber — hoͤre —
bloß die beſte erſte Ausgabe ſeiner Buͤcher, eine
Prachtausgabe, wenn nicht beſſer; wenigſtens
milder, als ſeine Stachelkomoͤdien. Niemand
hat ſich vor ſeinem Auge oder Herzen zu ſcheuen.
Er lief ſchon als Kind gern auf Berge, und in
die Natur; und ſo war er auch ſchon als Kind
vor ſeinem neunten Jahre unſterblich verliebt.
Naͤrriſch iſts doch, daß man dergleichen an gro-
ßen Menſchen als ſo etwas Großes nimmt, da
man ja bey ſich und andern nicht viel daraus
macht. — Hr. v. Nieß erzaͤhlte mir eine koͤſtliche
laͤngſt abgeſchloſſne Geſchichte von ſeiner erſten
Liebe, als eines Knaben voll Zaͤrte und Gluth
und Froͤmmigkeit; ſie ſoll Dir einmal wohlthun,
wenn ich ſie Dir in Dein Wochenbett hinein
werfe. Nur machts der liebe Vater durch Mi-
nen und Worte jedem gar zu ſchwer, dergleichen
vorzutragen; — anzuhoͤren weniger, denn ich
bin an ihn gewoͤhnt — er wirft oft, wie Du ja
weißt, Eisſpitzen ins ſchoͤnſte Feuer, auf die
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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/89>, abgerufen am 26.11.2024.
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