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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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die Kunst, indem sie aus ihrem Himmel der
Göttergestalten eine sichtbare herunterschickt
und jene Gefühle des Großen in uns ent-
zündet, in welche wir die aufgeflogene, den
Gegenstand des Denkmals, im göttlichen Rau-
sche der Bewunderung hineingeben. Ich stehe
vor der Pyramide, vor dem Obelisk: wie von
einem Liebes- und Zaubertrank berückt, schaue
ich weit in eine kolossale Welt hinein und
darin sehe ich nun eben den Menschen groß
und glänzend gehen, dessen bloßer Name an
dem Denkmale steht. Erhebt einen Säulen-
tempel in die Luft und schreibt darauf: Lu-
thero!
so ist's genug und sogar sein Gesicht
entbehrlich, das mit etwas fetter Mönchsschrift
geschrieben ist; -- die sichtbare Ehrenkirche
führt schon den Kraftpriester der unsichtbaren
heran vor unser Herz. Die eigne Gestalt des
Gedenk-Menschen ist folglich dem Denkmale
nicht nothwendig, ja -- z. B. die von Vol-
taire durch Pigalt -- sogar schädlich, wenn sie
nicht von der Taufe der Kunst die Wiederge-
burt empfangen hat; daher die Griechen die

die Kunſt, indem ſie aus ihrem Himmel der
Goͤttergeſtalten eine ſichtbare herunterſchickt
und jene Gefuͤhle des Großen in uns ent-
zuͤndet, in welche wir die aufgeflogene, den
Gegenſtand des Denkmals, im goͤttlichen Rau-
ſche der Bewunderung hineingeben. Ich ſtehe
vor der Pyramide, vor dem Obelisk: wie von
einem Liebes- und Zaubertrank beruͤckt, ſchaue
ich weit in eine koloſſale Welt hinein und
darin ſehe ich nun eben den Menſchen groß
und glaͤnzend gehen, deſſen bloßer Name an
dem Denkmale ſteht. Erhebt einen Saͤulen-
tempel in die Luft und ſchreibt darauf: Lu-
thero!
ſo iſt’s genug und ſogar ſein Geſicht
entbehrlich, das mit etwas fetter Mönchsſchrift
geſchrieben iſt; — die ſichtbare Ehrenkirche
führt ſchon den Kraftprieſter der unſichtbaren
heran vor unſer Herz. Die eigne Geſtalt des
Gedenk-Menſchen iſt folglich dem Denkmale
nicht nothwendig, ja — z. B. die von Vol-
taire durch Pigalt — ſogar ſchaͤdlich, wenn ſie
nicht von der Taufe der Kunſt die Wiederge-
burt empfangen hat; daher die Griechen die

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[184/0190] die Kunſt, indem ſie aus ihrem Himmel der Goͤttergeſtalten eine ſichtbare herunterſchickt und jene Gefuͤhle des Großen in uns ent- zuͤndet, in welche wir die aufgeflogene, den Gegenſtand des Denkmals, im goͤttlichen Rau- ſche der Bewunderung hineingeben. Ich ſtehe vor der Pyramide, vor dem Obelisk: wie von einem Liebes- und Zaubertrank beruͤckt, ſchaue ich weit in eine koloſſale Welt hinein und darin ſehe ich nun eben den Menſchen groß und glaͤnzend gehen, deſſen bloßer Name an dem Denkmale ſteht. Erhebt einen Saͤulen- tempel in die Luft und ſchreibt darauf: Lu- thero! ſo iſt’s genug und ſogar ſein Geſicht entbehrlich, das mit etwas fetter Mönchsſchrift geſchrieben iſt; — die ſichtbare Ehrenkirche führt ſchon den Kraftprieſter der unſichtbaren heran vor unſer Herz. Die eigne Geſtalt des Gedenk-Menſchen iſt folglich dem Denkmale nicht nothwendig, ja — z. B. die von Vol- taire durch Pigalt — ſogar ſchaͤdlich, wenn ſie nicht von der Taufe der Kunſt die Wiederge- burt empfangen hat; daher die Griechen die

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/190>, abgerufen am 21.11.2024.