Unterweges weinte Gustav immerfort in unsere Stille hinein: der Alte, dem doch selber das Herz so leicht zerläuft, wurde endlich toll und bat mich: "der Hernhuter (der Genius) hat mir ihn völlig verhunzt! Und wenn Sie ihm Hr. Pathe, nicht ein wenig flu¬ chen anlernen: so wird ein Soldat aus ihm werden, daß den Himmel erbarm'."
Den Hernhuter bracht' er im Kopfe nach dem Städtchen Issich, als der Monolog vor unserem Wagen vorbeigieng: "ich bin ein Esel, ein Filou, ich bin ein Schlingel. O ich Racker und bekannter Schelm! Man sollte mich gar entzweihacken und ko¬ chen, mich Satan, mich Matz!" sagte ein Schulkna¬ be, den alle Schulkameraden umliefen und beklatsch¬ ten." Er redet, sagte mein Prinzipal, wie eine Hernhutische Bestie, die sich heruntersetzt, um jeden andern noch mehr herabzusetzen." Aber nicht im Geringsten: ein armer Teufel war's, der Hunger hat¬ te und Humor und für den die ganze Schule Käse und Aepfel und Kiele zusammengeschossen hatte, wenn er ihr den Gefallen thäte und auf sich entsetzlich schimpfte. . . .
-- -- Schönes Auenthal! dein Schnee ist schon weg? --
Unterweges weinte Guſtav immerfort in unſere Stille hinein: der Alte, dem doch ſelber das Herz ſo leicht zerlaͤuft, wurde endlich toll und bat mich: „der Hernhuter (der Genius) hat mir ihn voͤllig verhunzt! Und wenn Sie ihm Hr. Pathe, nicht ein wenig flu¬ chen anlernen: ſo wird ein Soldat aus ihm werden, daß den Himmel erbarm'.“
Den Hernhuter bracht' er im Kopfe nach dem Staͤdtchen Iſſich, als der Monolog vor unſerem Wagen vorbeigieng: „ich bin ein Eſel, ein Filou, ich bin ein Schlingel. O ich Racker und bekannter Schelm! Man ſollte mich gar entzweihacken und ko¬ chen, mich Satan, mich Matz!“ ſagte ein Schulkna¬ be, den alle Schulkameraden umliefen und beklatſch¬ ten.“ Er redet, ſagte mein Prinzipal, wie eine Hernhutiſche Beſtie, die ſich herunterſetzt, um jeden andern noch mehr herabzuſetzen.“ Aber nicht im Geringſten: ein armer Teufel war's, der Hunger hat¬ te und Humor und fuͤr den die ganze Schule Kaͤſe und Aepfel und Kiele zuſammengeſchoſſen hatte, wenn er ihr den Gefallen thaͤte und auf ſich entſetzlich ſchimpfte. . . .
— — Schoͤnes Auenthal! dein Schnee iſt ſchon weg? —
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Unterweges weinte Guſtav immerfort in unſere
Stille hinein: der Alte, dem doch ſelber das Herz ſo
leicht zerlaͤuft, wurde endlich toll und bat mich: „der
Hernhuter (der Genius) hat mir ihn voͤllig verhunzt!
Und wenn Sie ihm Hr. Pathe, nicht ein wenig flu¬
chen anlernen: ſo wird ein Soldat aus ihm werden,
daß den Himmel erbarm'.“
Den Hernhuter bracht' er im Kopfe nach dem
Staͤdtchen Iſſich, als der Monolog vor unſerem
Wagen vorbeigieng: „ich bin ein Eſel, ein Filou, ich
bin ein Schlingel. O ich Racker und bekannter
Schelm! Man ſollte mich gar entzweihacken und ko¬
chen, mich Satan, mich Matz!“ ſagte ein Schulkna¬
be, den alle Schulkameraden umliefen und beklatſch¬
ten.“ Er redet, ſagte mein Prinzipal, wie eine
Hernhutiſche Beſtie, die ſich herunterſetzt, um jeden
andern noch mehr herabzuſetzen.“ Aber nicht im
Geringſten: ein armer Teufel war's, der Hunger hat¬
te und Humor und fuͤr den die ganze Schule Kaͤſe
und Aepfel und Kiele zuſammengeſchoſſen hatte, wenn
er ihr den Gefallen thaͤte und auf ſich entſetzlich
ſchimpfte. . . .
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/214>, abgerufen am 21.11.2024.
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