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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Aber hier ist noch was ganz anders zu lieben
-- Drei Kommunikantinnen horchten zur offnen
Gartenthür herein und verdoppelten von weitem
das Auditorium: mit Einem Worte, Regina war
darunter und ihr Bruder mit droben; die Gallerie
oder Logen mußten endlich -- da das heraufrufen
nichts half -- das weibliche Parterre heraufzerren.
Ich erzähle jetzt feuriger nach; kein Wunder, daß
ers that. Regina setzte sich am weitesten von ihm,
aber ihm gegenüber. Er fieng eine ganz neue Hi¬
storie an, weil das bureau d'esprit stärker gewor¬
den. Ein elendes Mädchen -- Kinder wollen in der
Geschichte bloß Kinder -- malt' er vor, ohne Abend¬
brod, ohne Eltern, ohne Bett, ohne Haube und
ohne Fehler die aber allemal so oft ein Stern sich
putzte, unten einen hübschen Thaler fand u. s. w.
Welche Flamme schlug aus seinen Worten heraus,
aus seinen Augen und Gestus, in seine Zuhörer¬
schaft hinein. Noch dazu stickte der Mond die Lin¬
dennacht auf dem Fußboden mit wankenden Silber-
Punkten -- eine verspätete Biene kreutzte durch den
glühenden Kreis und ein schnurrender Dämmerungs¬
vogel um einen weissen Kopf -- auf dem Doppel-
Grund von Lindengrün und Himmelsblau zitterten

Aber hier iſt noch was ganz anders zu lieben
— Drei Kommunikantinnen horchten zur offnen
Gartenthuͤr herein und verdoppelten von weitem
das Auditorium: mit Einem Worte, Regina war
darunter und ihr Bruder mit droben; die Gallerie
oder Logen mußten endlich — da das heraufrufen
nichts half — das weibliche Parterre heraufzerren.
Ich erzaͤhle jetzt feuriger nach; kein Wunder, daß
ers that. Regina ſetzte ſich am weiteſten von ihm,
aber ihm gegenuͤber. Er fieng eine ganz neue Hi¬
ſtorie an, weil das bureau d'eſprit ſtaͤrker gewor¬
den. Ein elendes Maͤdchen — Kinder wollen in der
Geſchichte bloß Kinder — malt' er vor, ohne Abend¬
brod, ohne Eltern, ohne Bett, ohne Haube und
ohne Fehler die aber allemal ſo oft ein Stern ſich
putzte, unten einen huͤbſchen Thaler fand u. ſ. w.
Welche Flamme ſchlug aus ſeinen Worten heraus,
aus ſeinen Augen und Geſtus, in ſeine Zuhoͤrer¬
ſchaft hinein. Noch dazu ſtickte der Mond die Lin¬
dennacht auf dem Fußboden mit wankenden Silber-
Punkten — eine verſpaͤtete Biene kreutzte durch den
gluͤhenden Kreis und ein ſchnurrender Daͤmmerungs¬
vogel um einen weiſſen Kopf — auf dem Doppel-
Grund von Lindengruͤn und Himmelsblau zitterten

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[214/0250] Aber hier iſt noch was ganz anders zu lieben — Drei Kommunikantinnen horchten zur offnen Gartenthuͤr herein und verdoppelten von weitem das Auditorium: mit Einem Worte, Regina war darunter und ihr Bruder mit droben; die Gallerie oder Logen mußten endlich — da das heraufrufen nichts half — das weibliche Parterre heraufzerren. Ich erzaͤhle jetzt feuriger nach; kein Wunder, daß ers that. Regina ſetzte ſich am weiteſten von ihm, aber ihm gegenuͤber. Er fieng eine ganz neue Hi¬ ſtorie an, weil das bureau d'eſprit ſtaͤrker gewor¬ den. Ein elendes Maͤdchen — Kinder wollen in der Geſchichte bloß Kinder — malt' er vor, ohne Abend¬ brod, ohne Eltern, ohne Bett, ohne Haube und ohne Fehler die aber allemal ſo oft ein Stern ſich putzte, unten einen huͤbſchen Thaler fand u. ſ. w. Welche Flamme ſchlug aus ſeinen Worten heraus, aus ſeinen Augen und Geſtus, in ſeine Zuhoͤrer¬ ſchaft hinein. Noch dazu ſtickte der Mond die Lin¬ dennacht auf dem Fußboden mit wankenden Silber- Punkten — eine verſpaͤtete Biene kreutzte durch den gluͤhenden Kreis und ein ſchnurrender Daͤmmerungs¬ vogel um einen weiſſen Kopf — auf dem Doppel- Grund von Lindengruͤn und Himmelsblau zitterten

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/250>, abgerufen am 21.11.2024.