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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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ist und im kleinen Zirkel vielmehr als im großen,
zu geschweigen daß er immer die Aufmerksamkeit
aufsucht und auch erjagt, die bescheidne Leute ge¬
schickt vermeiden, die allgemeine nämlich: Wenn
ihm diese überall gelingt: so soll er sie doch nicht
in meinem Buche haben. . . Die folgende Sache
ist freilich unmöglich -- zumal meines verdammten
lang- und kurzbeinigen oder spondäischen Stel¬
lage und Konsole wegen, auf die mein übrigens
von Kennern beurtheilter Torso gelagert ist -- --
aber ausmahlen kann sich doch ein Mensch die un¬
mögliche Sache, welche diese ist, daß ich mich
einmal Beaten mit einer Liebeserklärung zeigte
und so -- wider eigne Erwartung -- selber der
Held dieser Biographie und sie die Heldin würde
-- -- ich bin ordentlich verdutzt, denn ich wollte
wahrhaftig nur sagen und setzen, daß ich bei Rö¬
per Gerichtshalter würde und hernach im Grunde
-- weil ich jeden Gerichtstag zärtlich wäre, oder
eine zärtliche Bestie, wie eine Frau sich ausdrückt,
die mehr zum schönen als schwachen Geschlecht
gehört -- gar sein Schwiegersohn -- Mit Freuden
wollt, ich dem so guten Leser, der Mitfreude
fühlt, alles biographisch beschreiben und ihn er¬

iſt und im kleinen Zirkel vielmehr als im großen,
zu geſchweigen daß er immer die Aufmerkſamkeit
aufſucht und auch erjagt, die beſcheidne Leute ge¬
ſchickt vermeiden, die allgemeine naͤmlich: Wenn
ihm dieſe uͤberall gelingt: ſo ſoll er ſie doch nicht
in meinem Buche haben. . . Die folgende Sache
iſt freilich unmoͤglich — zumal meines verdammten
lang- und kurzbeinigen oder ſpondaͤiſchen Stel¬
lage und Konſole wegen, auf die mein uͤbrigens
von Kennern beurtheilter Torſo gelagert iſt — —
aber ausmahlen kann ſich doch ein Menſch die un¬
moͤgliche Sache, welche dieſe iſt, daß ich mich
einmal Beaten mit einer Liebeserklaͤrung zeigte
und ſo — wider eigne Erwartung — ſelber der
Held dieſer Biographie und ſie die Heldin wuͤrde
— — ich bin ordentlich verdutzt, denn ich wollte
wahrhaftig nur ſagen und ſetzen, daß ich bei Roͤ¬
per Gerichtshalter wuͤrde und hernach im Grunde
— weil ich jeden Gerichtstag zaͤrtlich waͤre, oder
eine zaͤrtliche Beſtie, wie eine Frau ſich ausdruͤckt,
die mehr zum ſchoͤnen als ſchwachen Geſchlecht
gehoͤrt — gar ſein Schwiegerſohn — Mit Freuden
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[255/0291] iſt und im kleinen Zirkel vielmehr als im großen, zu geſchweigen daß er immer die Aufmerkſamkeit aufſucht und auch erjagt, die beſcheidne Leute ge¬ ſchickt vermeiden, die allgemeine naͤmlich: Wenn ihm dieſe uͤberall gelingt: ſo ſoll er ſie doch nicht in meinem Buche haben. . . Die folgende Sache iſt freilich unmoͤglich — zumal meines verdammten lang- und kurzbeinigen oder ſpondaͤiſchen Stel¬ lage und Konſole wegen, auf die mein uͤbrigens von Kennern beurtheilter Torſo gelagert iſt — — aber ausmahlen kann ſich doch ein Menſch die un¬ moͤgliche Sache, welche dieſe iſt, daß ich mich einmal Beaten mit einer Liebeserklaͤrung zeigte und ſo — wider eigne Erwartung — ſelber der Held dieſer Biographie und ſie die Heldin wuͤrde — — ich bin ordentlich verdutzt, denn ich wollte wahrhaftig nur ſagen und ſetzen, daß ich bei Roͤ¬ per Gerichtshalter wuͤrde und hernach im Grunde — weil ich jeden Gerichtstag zaͤrtlich waͤre, oder eine zaͤrtliche Beſtie, wie eine Frau ſich ausdruͤckt, die mehr zum ſchoͤnen als ſchwachen Geſchlecht gehoͤrt — gar ſein Schwiegerſohn — Mit Freuden wollt, ich dem ſo guten Leſer, der Mitfreude fuͤhlt, alles biographiſch beſchreiben und ihn er¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/291>, abgerufen am 27.11.2024.