sichtbaren Händen den blinden Menschen in weite, reine, unbekannte Regionen hebt, meinem gelieb¬ ten Schüler das Bild seines Guido *), das ich ihm bisher entzog, ans Herz drückte; in sol¬ chen Minuten sind Worte nicht nöthig, aber je¬ des, das man spricht, hat eine allmächtige Hand: "Hier, Gustav, (sagt' ich) hier vor dem Himmel und der Erde, und vor allem Unsichtbaren um den Menschen, hier übergeb' ich dir aus meinen be¬ wahrenden Händen fünf große Dinge in deine, -- ich übergebe dir dein unschuldiges Herz -- ich über¬ gebe dir deine Ehre -- den Gedanken an das Un¬ endliche -- dein Schicksal -- und deine Gestalt, die auch um Guido's Seele liegt. Die großen Stun¬ den stehen nicht auf der Erde, die dich fragen wer¬ den, ob du diese fünf großen Dinge erhalten oder verloren hast -- aber sie werden einmal deine künf¬ tige Seele mit deiner jetzigen vergleichen -- -- ach! laß mich an mich nicht denken, wenn du al¬ les verloren hast! . . .
*) Das Bild des verlornen Kleinen, das er an seinem Hal¬ se von der Entführerin mitbrachte, und das ihm so ähn¬ lich sah.
ſichtbaren Haͤnden den blinden Menſchen in weite, reine, unbekannte Regionen hebt, meinem gelieb¬ ten Schuͤler das Bild ſeines Guido *), das ich ihm bisher entzog, ans Herz druͤckte; in ſol¬ chen Minuten ſind Worte nicht noͤthig, aber je¬ des, das man ſpricht, hat eine allmaͤchtige Hand: „Hier, Guſtav, (ſagt' ich) hier vor dem Himmel und der Erde, und vor allem Unſichtbaren um den Menſchen, hier uͤbergeb' ich dir aus meinen be¬ wahrenden Haͤnden fuͤnf große Dinge in deine, — ich uͤbergebe dir dein unſchuldiges Herz — ich uͤber¬ gebe dir deine Ehre — den Gedanken an das Un¬ endliche — dein Schickſal — und deine Geſtalt, die auch um Guido's Seele liegt. Die großen Stun¬ den ſtehen nicht auf der Erde, die dich fragen wer¬ den, ob du dieſe fuͤnf großen Dinge erhalten oder verloren haſt — aber ſie werden einmal deine kuͤnf¬ tige Seele mit deiner jetzigen vergleichen — — ach! laß mich an mich nicht denken, wenn du al¬ les verloren haſt! . . .
*) Das Bild des verlornen Kleinen, das er an ſeinem Hal¬ ſe von der Entführerin mitbrachte, und das ihm ſo ähn¬ lich ſah.
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ſichtbaren Haͤnden den blinden Menſchen in weite,
reine, unbekannte Regionen hebt, meinem gelieb¬
ten Schuͤler das Bild ſeines Guido *), das ich
ihm bisher entzog, ans Herz druͤckte; in ſol¬
chen Minuten ſind Worte nicht noͤthig, aber je¬
des, das man ſpricht, hat eine allmaͤchtige Hand:
„Hier, Guſtav, (ſagt' ich) hier vor dem Himmel
und der Erde, und vor allem Unſichtbaren um den
Menſchen, hier uͤbergeb' ich dir aus meinen be¬
wahrenden Haͤnden fuͤnf große Dinge in deine, —
ich uͤbergebe dir dein unſchuldiges Herz — ich uͤber¬
gebe dir deine Ehre — den Gedanken an das Un¬
endliche — dein Schickſal — und deine Geſtalt, die
auch um Guido's Seele liegt. Die großen Stun¬
den ſtehen nicht auf der Erde, die dich fragen wer¬
den, ob du dieſe fuͤnf großen Dinge erhalten oder
verloren haſt — aber ſie werden einmal deine kuͤnf¬
tige Seele mit deiner jetzigen vergleichen — —
ach! laß mich an mich nicht denken, wenn du al¬
les verloren haſt! . . .
*)
Das Bild des verlornen Kleinen, das er an ſeinem Hal¬
ſe von der Entführerin mitbrachte, und das ihm ſo ähn¬
lich ſah.
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/316>, abgerufen am 21.11.2024.
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