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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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der ihn, wenn er unter einer Brüdergemeinde
wäre, längst als Wildenbekehrer aus ihr nach A¬
merika hinabgerollet hätte: er predigte gern. Ich
kann es anders sagen: seine quellende Seele muste
entweder strömen oder stocken, aber tropfen konn¬
te sie nicht -- und wenn sich ihr denn ein freund¬
schaftliches Ohr aufthat: so regnete sie nieder im
Enthusiasmus über Tugend, Natur und Zukunft. --
Dann wehte eine heitere frische Luft durch seine
Ideenwelt -- die niedergestürzten Ergießungen deck¬
ten den schönen lichten tiefblauen Himmel seines
Innern auf und Amandus stand unter dem ofnen
Himmel entzückt. Dieser, dem die Superiorität
seines herzlich Geliebten ein Postement war, das
ihn nicht belastete sondern emporhob, genoß im
fremden Werth seinen eignen; ja in seinem min¬
der ausgelichteten Kopf entstand noch größere
Wärme als im redenden war, wie etwann dun¬
kles Wasser sich unter der Sonne stärker als hel¬
les erwärmt. Gustav erzählte ihm die Avantüre
und sprach mit ihm so lange über ihre Moralität
bis der Schmerz darüber weggesprochen war: das
ist das freundschaftliche Besprechen des innern
Schadenfeuers. Bloß Liebe und ein wenig Schwä¬

der ihn, wenn er unter einer Bruͤdergemeinde
waͤre, laͤngſt als Wildenbekehrer aus ihr nach A¬
merika hinabgerollet haͤtte: er predigte gern. Ich
kann es anders ſagen: ſeine quellende Seele muſte
entweder ſtroͤmen oder ſtocken, aber tropfen konn¬
te ſie nicht — und wenn ſich ihr denn ein freund¬
ſchaftliches Ohr aufthat: ſo regnete ſie nieder im
Enthuſiaſmus uͤber Tugend, Natur und Zukunft. —
Dann wehte eine heitere friſche Luft durch ſeine
Ideenwelt — die niedergeſtuͤrzten Ergießungen deck¬
ten den ſchoͤnen lichten tiefblauen Himmel ſeines
Innern auf und Amandus ſtand unter dem ofnen
Himmel entzuͤckt. Dieſer, dem die Superioritaͤt
ſeines herzlich Geliebten ein Poſtement war, das
ihn nicht belaſtete ſondern emporhob, genoß im
fremden Werth ſeinen eignen; ja in ſeinem min¬
der ausgelichteten Kopf entſtand noch groͤßere
Waͤrme als im redenden war, wie etwann dun¬
kles Waſſer ſich unter der Sonne ſtaͤrker als hel¬
les erwaͤrmt. Guſtav erzaͤhlte ihm die Avantuͤre
und ſprach mit ihm ſo lange uͤber ihre Moralitaͤt
bis der Schmerz daruͤber weggeſprochen war: das
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[318/0354] der ihn, wenn er unter einer Bruͤdergemeinde waͤre, laͤngſt als Wildenbekehrer aus ihr nach A¬ merika hinabgerollet haͤtte: er predigte gern. Ich kann es anders ſagen: ſeine quellende Seele muſte entweder ſtroͤmen oder ſtocken, aber tropfen konn¬ te ſie nicht — und wenn ſich ihr denn ein freund¬ ſchaftliches Ohr aufthat: ſo regnete ſie nieder im Enthuſiaſmus uͤber Tugend, Natur und Zukunft. — Dann wehte eine heitere friſche Luft durch ſeine Ideenwelt — die niedergeſtuͤrzten Ergießungen deck¬ ten den ſchoͤnen lichten tiefblauen Himmel ſeines Innern auf und Amandus ſtand unter dem ofnen Himmel entzuͤckt. Dieſer, dem die Superioritaͤt ſeines herzlich Geliebten ein Poſtement war, das ihn nicht belaſtete ſondern emporhob, genoß im fremden Werth ſeinen eignen; ja in ſeinem min¬ der ausgelichteten Kopf entſtand noch groͤßere Waͤrme als im redenden war, wie etwann dun¬ kles Waſſer ſich unter der Sonne ſtaͤrker als hel¬ les erwaͤrmt. Guſtav erzaͤhlte ihm die Avantuͤre und ſprach mit ihm ſo lange uͤber ihre Moralitaͤt bis der Schmerz daruͤber weggeſprochen war: das iſt das freundſchaftliche Beſprechen des innern Schadenfeuers. Bloß Liebe und ein wenig Schwaͤ¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/354>, abgerufen am 22.11.2024.