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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Ueberhaupt versteck' ichs vergeblich, wie sehr
es meiner Historie noch mangelt an wahrem Mord
und Todtschlag, Pestilenz und theuerer Zeit und
an der Pathologie der Litanei: ich und der Bü¬
cherverleiher finden hier das ganze weiche Publikum
im Laden, das aufpasset und schon das weisse
Schnupftuch -- dieses sentimentalische Haarseil --
heraus hat und das Seinige beweinen will und ab¬
wischen. . . und doch bringt keiner von uns viel
Rührendes und Todtes. . . . Von der andern Sei¬
te bleibt mir wieder die Schererei, daß das deut¬
sche Publikum seinen Kopf aufsetzt und sich nicht
von mir ängstigen lassen will: denn es bauet dar¬
auf, ich könne als bloßer platter Biograph es zu
keinem Morde treiben, ohne den doch nichts zu
thun ist. -- Aber ist denn nur der Romanen-Fa¬
brikant mit dem Blut- und Königsbann beliehen
und ist nur sein Druckpapier ein Greveplatz? --
Wahrhaftig Zeitungsschreiber, die keine Romane
schreiben, haben doch von jeher eingetunkt und
niedergemacht was sie wollten und mehr als rekru¬
tiret war -- Geschichtschreiber ferner, diese Gro߬
kreuze unter den gedachten Kleinkreuzen (denn aus
100 Zeitungs-Annalisten extrahir' ich nie mehr als

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Ueberhaupt verſteck' ichs vergeblich, wie ſehr
es meiner Hiſtorie noch mangelt an wahrem Mord
und Todtſchlag, Peſtilenz und theuerer Zeit und
an der Pathologie der Litanei: ich und der Buͤ¬
cherverleiher finden hier das ganze weiche Publikum
im Laden, das aufpaſſet und ſchon das weiſſe
Schnupftuch — dieſes ſentimentaliſche Haarſeil —
heraus hat und das Seinige beweinen will und ab¬
wiſchen. . . und doch bringt keiner von uns viel
Ruͤhrendes und Todtes. . . . Von der andern Sei¬
te bleibt mir wieder die Schererei, daß das deut¬
ſche Publikum ſeinen Kopf aufſetzt und ſich nicht
von mir aͤngſtigen laſſen will: denn es bauet dar¬
auf, ich koͤnne als bloßer platter Biograph es zu
keinem Morde treiben, ohne den doch nichts zu
thun iſt. — Aber iſt denn nur der Romanen-Fa¬
brikant mit dem Blut- und Koͤnigsbann beliehen
und iſt nur ſein Druckpapier ein Greveplatz? —
Wahrhaftig Zeitungsſchreiber, die keine Romane
ſchreiben, haben doch von jeher eingetunkt und
niedergemacht was ſie wollten und mehr als rekru¬
tiret war — Geſchichtſchreiber ferner, dieſe Gro߬
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[337/0373] Ueberhaupt verſteck' ichs vergeblich, wie ſehr es meiner Hiſtorie noch mangelt an wahrem Mord und Todtſchlag, Peſtilenz und theuerer Zeit und an der Pathologie der Litanei: ich und der Buͤ¬ cherverleiher finden hier das ganze weiche Publikum im Laden, das aufpaſſet und ſchon das weiſſe Schnupftuch — dieſes ſentimentaliſche Haarſeil — heraus hat und das Seinige beweinen will und ab¬ wiſchen. . . und doch bringt keiner von uns viel Ruͤhrendes und Todtes. . . . Von der andern Sei¬ te bleibt mir wieder die Schererei, daß das deut¬ ſche Publikum ſeinen Kopf aufſetzt und ſich nicht von mir aͤngſtigen laſſen will: denn es bauet dar¬ auf, ich koͤnne als bloßer platter Biograph es zu keinem Morde treiben, ohne den doch nichts zu thun iſt. — Aber iſt denn nur der Romanen-Fa¬ brikant mit dem Blut- und Koͤnigsbann beliehen und iſt nur ſein Druckpapier ein Greveplatz? — Wahrhaftig Zeitungsſchreiber, die keine Romane ſchreiben, haben doch von jeher eingetunkt und niedergemacht was ſie wollten und mehr als rekru¬ tiret war — Geſchichtſchreiber ferner, dieſe Gro߬ kreuze unter den gedachten Kleinkreuzen (denn aus 100 Zeitungs-Annaliſten extrahir' ich nie mehr als Y

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/373>, abgerufen am 24.11.2024.