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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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wehr präsentiren muß: so will mans viel lieber strek¬
ken und überhaupt statt stehen knien, um nicht so¬
wohl den Feind zu verwunden als die Freundin. . . .
Beim Henker! ich werde hier mehr Witz gehabt ha¬
ben als wohl gern erlaubt wird; aber es versuch' es
einmal ein gescheuter Mann und schreib' über die
Liebe und entschlage sich des Witzes! -- es geht gar
nicht. -- Ich behaupt' es nicht und wiederleg' es
nicht, daß Oefel vielleicht aus den Träumen Gustavs,
die immer sprechend und oft nach den Erwachen agi¬
rend waren, die Namen der gedachten weiblichen
Schönheits-Ambe mag vernommen haben. Der Ro¬
mancier hat also einen Vortheil vor dem Biographen
(ich bins) voraus: er schläft neben seinem Helden.

Er änstigte seinen und unsern Helden, ders aber
nur im ästhetischen, nicht im militairischen Sinne
war, mit der Herbstrevüe; denn jeder kleine Fürst
spielt dem großen Soldatens auf der Gasse nach ne¬
ben noch kleinern Kindern; daher haben wir Schee¬
rauer eine niedliche Taschen-Landmacht, eine trag¬
bare Artillerie und eine verjüngte Kavallerie. Jezt
macht ein Landesherr ohnehin einen Spaß, wenn er
einen Menschen zu einem Rekruten macht: es wider¬
fährt dem Kerl nichts, sondern nur Motion soll er

haben,

wehr praͤſentiren muß: ſo will mans viel lieber ſtrek¬
ken und uͤberhaupt ſtatt ſtehen knien, um nicht ſo¬
wohl den Feind zu verwunden als die Freundin. . . .
Beim Henker! ich werde hier mehr Witz gehabt ha¬
ben als wohl gern erlaubt wird; aber es verſuch' es
einmal ein geſcheuter Mann und ſchreib' uͤber die
Liebe und entſchlage ſich des Witzes! — es geht gar
nicht. — Ich behaupt' es nicht und wiederleg' es
nicht, daß Oefel vielleicht aus den Traͤumen Guſtavs,
die immer ſprechend und oft nach den Erwachen agi¬
rend waren, die Namen der gedachten weiblichen
Schoͤnheits-Ambe mag vernommen haben. Der Ro¬
mancier hat alſo einen Vortheil vor dem Biographen
(ich bins) voraus: er ſchlaͤft neben ſeinem Helden.

Er aͤnſtigte ſeinen und unſern Helden, ders aber
nur im aͤſthetiſchen, nicht im militairiſchen Sinne
war, mit der Herbſtrevuͤe; denn jeder kleine Fuͤrſt
ſpielt dem großen Soldatens auf der Gaſſe nach ne¬
ben noch kleinern Kindern; daher haben wir Schee¬
rauer eine niedliche Taſchen-Landmacht, eine trag¬
bare Artillerie und eine verjuͤngte Kavallerie. Jezt
macht ein Landesherr ohnehin einen Spaß, wenn er
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[352/0388] wehr praͤſentiren muß: ſo will mans viel lieber ſtrek¬ ken und uͤberhaupt ſtatt ſtehen knien, um nicht ſo¬ wohl den Feind zu verwunden als die Freundin. . . . Beim Henker! ich werde hier mehr Witz gehabt ha¬ ben als wohl gern erlaubt wird; aber es verſuch' es einmal ein geſcheuter Mann und ſchreib' uͤber die Liebe und entſchlage ſich des Witzes! — es geht gar nicht. — Ich behaupt' es nicht und wiederleg' es nicht, daß Oefel vielleicht aus den Traͤumen Guſtavs, die immer ſprechend und oft nach den Erwachen agi¬ rend waren, die Namen der gedachten weiblichen Schoͤnheits-Ambe mag vernommen haben. Der Ro¬ mancier hat alſo einen Vortheil vor dem Biographen (ich bins) voraus: er ſchlaͤft neben ſeinem Helden. Er aͤnſtigte ſeinen und unſern Helden, ders aber nur im aͤſthetiſchen, nicht im militairiſchen Sinne war, mit der Herbſtrevuͤe; denn jeder kleine Fuͤrſt ſpielt dem großen Soldatens auf der Gaſſe nach ne¬ ben noch kleinern Kindern; daher haben wir Schee¬ rauer eine niedliche Taſchen-Landmacht, eine trag¬ bare Artillerie und eine verjuͤngte Kavallerie. Jezt macht ein Landesherr ohnehin einen Spaß, wenn er einen Menſchen zu einem Rekruten macht: es wider¬ faͤhrt dem Kerl nichts, ſondern nur Motion ſoll er haben,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/388>, abgerufen am 24.11.2024.