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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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sen seiner, der ihn in seinen Roman mit hinein¬
nimmt, wirklich sowohl Zähne als Ahnen mehr
nicht hatte als 32 so wars doch noch zu machen.
Der alte Westphälinger war nemlich der Stamm¬
halter und die Schlußvignette und das hogartische
Schwanzstück seines ganzen historischen Bildersaals;
nicht einmal in beiden Indien, wo wir alle unsre
Vettern haben und erben, hatt' er noch einen.
Darauf fußte der Urgrosvater, der ihm sein Adels¬
diplom abzufluchen und abzubetteln suchte, um es
für sein eignes auszugeben: "Denn wer Teufel weiß
es, sagte er, dir hilft es nichts und ich heft' es
an meines." Ja der Ahnen-Compilator, der Ur¬
grosvater, wollte christlich handeln und bot dem
Roß- und Ahnentäuscher für den Brief einen unna¬
türlich-schönen Bescheeler an, einen solchen Gro߬
sultan und Ehevogt eines benachbarten Roß-Harems
wie ich noch wenige gesehen. Aber der Stammhal¬
ter drehte langsam den Kopf hin und her und
sagte kalt, ich mag nicht und trank Zerbster Fla¬
schenbier. Da er ein Paar Gläser von Quedlinbur¬
ger Gose blos versucht hatte, fieng er schon an,
über das Ansinnen zu fluchen und zu wettern;
was schon gut war. Da er etwas Königslutteri¬

ſen ſeiner, der ihn in ſeinen Roman mit hinein¬
nimmt, wirklich ſowohl Zaͤhne als Ahnen mehr
nicht hatte als 32 ſo wars doch noch zu machen.
Der alte Weſtphaͤlinger war nemlich der Stamm¬
halter und die Schlußvignette und das hogartiſche
Schwanzſtuͤck ſeines ganzen hiſtoriſchen Bilderſaals;
nicht einmal in beiden Indien, wo wir alle unſre
Vettern haben und erben, hatt' er noch einen.
Darauf fußte der Urgrosvater, der ihm ſein Adels¬
diplom abzufluchen und abzubetteln ſuchte, um es
fuͤr ſein eignes auszugeben: „Denn wer Teufel weiß
es, ſagte er, dir hilft es nichts und ich heft' es
an meines.“ Ja der Ahnen-Compilator, der Ur¬
grosvater, wollte chriſtlich handeln und bot dem
Roß- und Ahnentaͤuſcher fuͤr den Brief einen unna¬
tuͤrlich-ſchoͤnen Beſcheeler an, einen ſolchen Gro߬
ſultan und Ehevogt eines benachbarten Roß-Harems
wie ich noch wenige geſehen. Aber der Stammhal¬
ter drehte langſam den Kopf hin und her und
ſagte kalt, ich mag nicht und trank Zerbſter Fla¬
ſchenbier. Da er ein Paar Glaͤſer von Quedlinbur¬
ger Goſe blos verſucht hatte, fieng er ſchon an,
uͤber das Anſinnen zu fluchen und zu wettern;
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[29/0065] ſen ſeiner, der ihn in ſeinen Roman mit hinein¬ nimmt, wirklich ſowohl Zaͤhne als Ahnen mehr nicht hatte als 32 ſo wars doch noch zu machen. Der alte Weſtphaͤlinger war nemlich der Stamm¬ halter und die Schlußvignette und das hogartiſche Schwanzſtuͤck ſeines ganzen hiſtoriſchen Bilderſaals; nicht einmal in beiden Indien, wo wir alle unſre Vettern haben und erben, hatt' er noch einen. Darauf fußte der Urgrosvater, der ihm ſein Adels¬ diplom abzufluchen und abzubetteln ſuchte, um es fuͤr ſein eignes auszugeben: „Denn wer Teufel weiß es, ſagte er, dir hilft es nichts und ich heft' es an meines.“ Ja der Ahnen-Compilator, der Ur¬ grosvater, wollte chriſtlich handeln und bot dem Roß- und Ahnentaͤuſcher fuͤr den Brief einen unna¬ tuͤrlich-ſchoͤnen Beſcheeler an, einen ſolchen Gro߬ ſultan und Ehevogt eines benachbarten Roß-Harems wie ich noch wenige geſehen. Aber der Stammhal¬ ter drehte langſam den Kopf hin und her und ſagte kalt, ich mag nicht und trank Zerbſter Fla¬ ſchenbier. Da er ein Paar Glaͤſer von Quedlinbur¬ ger Goſe blos verſucht hatte, fieng er ſchon an, uͤber das Anſinnen zu fluchen und zu wettern; was ſchon gut war. Da er etwas Koͤnigslutteri¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/65>, abgerufen am 04.12.2024.