als zögen die großen Töne ihn und sie aus der Er¬ de weg ins Land der Umarmung hinauf, sein We¬ sen kam an alle seine Gränzen, "Beata," sagt' er, zu der schönen an bekämfenden Empfindungen dahin sterbenden Gestalt, "Beata, wir sterben jetzt "-- und wenn wir todt sind, so sag' ich dir meine "Liebe und umarme dich -- der Todte neben uns "ist mir im Traum erschienen und hat mir wieder "deine Hand gegeben. . . ." Sie suchte auf das Grab desselben aufzusinken -- aber er hielt den fal¬ lenden Engel in seinen Armen auf -- er ließ ihr entschlummertes Haupt unter seines fallen und un¬ ter ihrem stockenden Herzen glühten die Schläge des seinigen -- es war eine erhabne Minute als er die Arme um eine schlummernde Seligkeit, einsam ansah die auf der Erde schlafende Nacht, einsam anhörte die allein redende Orgel, einsam wachte im Kreise des Schlafs . . . .
Die erhabne Minute vergieng, die seligste fieng an: Beata erhob ihr Haupt und zeigte Gustav und dem Himmel auf dem zurückgebognen Ange¬ sicht das irre überweinte Auge, die erschöpfte See¬ le, die verklärten Züge und alles was die Liebe und die Tugend und die Schönheit in Einen Him¬
als zoͤgen die großen Toͤne ihn und ſie aus der Er¬ de weg ins Land der Umarmung hinauf, ſein We¬ ſen kam an alle ſeine Graͤnzen, „Beata,“ ſagt' er, zu der ſchoͤnen an bekaͤmfenden Empfindungen dahin ſterbenden Geſtalt, „Beata, wir ſterben jetzt „— und wenn wir todt ſind, ſo ſag' ich dir meine „Liebe und umarme dich — der Todte neben uns „iſt mir im Traum erſchienen und hat mir wieder „deine Hand gegeben. . . .“ Sie ſuchte auf das Grab deſſelben aufzuſinken — aber er hielt den fal¬ lenden Engel in ſeinen Armen auf — er ließ ihr entſchlummertes Haupt unter ſeines fallen und un¬ ter ihrem ſtockenden Herzen gluͤhten die Schlaͤge des ſeinigen — es war eine erhabne Minute als er die Arme um eine ſchlummernde Seligkeit, einſam anſah die auf der Erde ſchlafende Nacht, einſam anhoͤrte die allein redende Orgel, einſam wachte im Kreiſe des Schlafs . . . .
Die erhabne Minute vergieng, die ſeligſte fieng an: Beata erhob ihr Haupt und zeigte Guſtav und dem Himmel auf dem zuruͤckgebognen Ange¬ ſicht das irre uͤberweinte Auge, die erſchoͤpfte See¬ le, die verklaͤrten Zuͤge und alles was die Liebe und die Tugend und die Schoͤnheit in Einen Him¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0137"n="127"/>
als zoͤgen die großen Toͤne ihn und ſie aus der Er¬<lb/>
de weg ins Land der Umarmung hinauf, ſein We¬<lb/>ſen kam an alle ſeine Graͤnzen, „Beata,“ſagt'<lb/>
er, zu der ſchoͤnen an bekaͤmfenden Empfindungen<lb/>
dahin ſterbenden Geſtalt, „Beata, wir ſterben jetzt<lb/>„— und wenn wir todt ſind, ſo ſag' ich dir meine<lb/>„Liebe und umarme dich — der Todte neben uns<lb/>„iſt mir im Traum erſchienen und hat mir wieder<lb/>„deine Hand gegeben. . . .“ Sie ſuchte auf das<lb/>
Grab deſſelben aufzuſinken — aber er hielt den fal¬<lb/>
lenden Engel in ſeinen Armen auf — er ließ ihr<lb/>
entſchlummertes Haupt unter ſeines fallen und un¬<lb/>
ter ihrem ſtockenden Herzen gluͤhten die Schlaͤge<lb/>
des ſeinigen — es war eine erhabne Minute als er<lb/>
die Arme um eine ſchlummernde Seligkeit, einſam<lb/>
anſah die auf der Erde ſchlafende Nacht, einſam<lb/>
anhoͤrte die allein redende Orgel, einſam wachte<lb/>
im Kreiſe des Schlafs . . . .</p><lb/><p>Die erhabne Minute vergieng, die ſeligſte fieng<lb/>
an: Beata erhob ihr Haupt und zeigte Guſtav<lb/>
und dem Himmel auf dem zuruͤckgebognen Ange¬<lb/>ſicht das irre uͤberweinte Auge, die erſchoͤpfte See¬<lb/>
le, die verklaͤrten Zuͤge und alles was die Liebe<lb/>
und die Tugend und die Schoͤnheit in Einen Him¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[127/0137]
als zoͤgen die großen Toͤne ihn und ſie aus der Er¬
de weg ins Land der Umarmung hinauf, ſein We¬
ſen kam an alle ſeine Graͤnzen, „Beata,“ ſagt'
er, zu der ſchoͤnen an bekaͤmfenden Empfindungen
dahin ſterbenden Geſtalt, „Beata, wir ſterben jetzt
„— und wenn wir todt ſind, ſo ſag' ich dir meine
„Liebe und umarme dich — der Todte neben uns
„iſt mir im Traum erſchienen und hat mir wieder
„deine Hand gegeben. . . .“ Sie ſuchte auf das
Grab deſſelben aufzuſinken — aber er hielt den fal¬
lenden Engel in ſeinen Armen auf — er ließ ihr
entſchlummertes Haupt unter ſeines fallen und un¬
ter ihrem ſtockenden Herzen gluͤhten die Schlaͤge
des ſeinigen — es war eine erhabne Minute als er
die Arme um eine ſchlummernde Seligkeit, einſam
anſah die auf der Erde ſchlafende Nacht, einſam
anhoͤrte die allein redende Orgel, einſam wachte
im Kreiſe des Schlafs . . . .
Die erhabne Minute vergieng, die ſeligſte fieng
an: Beata erhob ihr Haupt und zeigte Guſtav
und dem Himmel auf dem zuruͤckgebognen Ange¬
ſicht das irre uͤberweinte Auge, die erſchoͤpfte See¬
le, die verklaͤrten Zuͤge und alles was die Liebe
und die Tugend und die Schoͤnheit in Einen Him¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/137>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.