gen. Einsame Unthätigkeit reift ausser der Glas¬ glocke des Museums zur geselligen Thätigkeit und unter den Menschen wird man nicht besser, wenn man nicht schon gut unter sie kömmt.
Seine Geschäfte giengen in schöne Unterbrechun¬ gen über. Denn vor seinem Fenster draussen stand die schöne und fast kokette Natur von Paris-Aep¬ feln umhangen und mitten in ihr eine Spatziergän¬ gerin, die die Aepfel alle verdiente. Wer kanns seyn als -- Beata? -- Gieng sie in den Park: so wars ihm eben so unmöglich, ihr nachzuspatziren als ihr nicht nachzuschauen durchs Fenster und sei¬ ne Augen suchten aus dem Gebüsche alle vorbei¬ blinkende Bänder heraus. Wandelte sie rückwärts mit dem Gesichte gegen seine Fenster: so trat er nicht bloß von diesen, sondern auch von der Gar¬ dine so weit wie möglich zurück, um ungesehen zu sehen. Vielleicht, (aber schwerlich,) kehrten sich die Rollen um, wenn er nach ihr sich auf ihre Gän¬ ge wagte, die für ihn Himmelswege waren. Eine herabgewehte Rose, die er einmal in der dunkel¬ sten Nacht unter ihrem Fenster aufhob, war eine Ordensrose für ihn, ihr welker Honigkelch war das Potpourri seiner schönsten Träume und seines
gen. Einſame Unthaͤtigkeit reift auſſer der Glas¬ glocke des Muſeums zur geſelligen Thaͤtigkeit und unter den Menſchen wird man nicht beſſer, wenn man nicht ſchon gut unter ſie koͤmmt.
Seine Geſchaͤfte giengen in ſchoͤne Unterbrechun¬ gen uͤber. Denn vor ſeinem Fenſter drauſſen ſtand die ſchoͤne und faſt kokette Natur von Paris-Aep¬ feln umhangen und mitten in ihr eine Spatziergaͤn¬ gerin, die die Aepfel alle verdiente. Wer kanns ſeyn als — Beata? — Gieng ſie in den Park: ſo wars ihm eben ſo unmoͤglich, ihr nachzuſpatziren als ihr nicht nachzuſchauen durchs Fenſter und ſei¬ ne Augen ſuchten aus dem Gebuͤſche alle vorbei¬ blinkende Baͤnder heraus. Wandelte ſie ruͤckwaͤrts mit dem Geſichte gegen ſeine Fenſter: ſo trat er nicht bloß von dieſen, ſondern auch von der Gar¬ dine ſo weit wie moͤglich zuruͤck, um ungeſehen zu ſehen. Vielleicht, (aber ſchwerlich,) kehrten ſich die Rollen um, wenn er nach ihr ſich auf ihre Gaͤn¬ ge wagte, die fuͤr ihn Himmelswege waren. Eine herabgewehte Roſe, die er einmal in der dunkel¬ ſten Nacht unter ihrem Fenſter aufhob, war eine Ordensroſe fuͤr ihn, ihr welker Honigkelch war das Potpourri ſeiner ſchoͤnſten Traͤume und ſeines
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gen. Einſame Unthaͤtigkeit reift auſſer der Glas¬
glocke des Muſeums zur geſelligen Thaͤtigkeit und
unter den Menſchen wird man nicht beſſer, wenn
man nicht ſchon gut unter ſie koͤmmt.
Seine Geſchaͤfte giengen in ſchoͤne Unterbrechun¬
gen uͤber. Denn vor ſeinem Fenſter drauſſen ſtand
die ſchoͤne und faſt kokette Natur von Paris-Aep¬
feln umhangen und mitten in ihr eine Spatziergaͤn¬
gerin, die die Aepfel alle verdiente. Wer kanns
ſeyn als — Beata? — Gieng ſie in den Park: ſo
wars ihm eben ſo unmoͤglich, ihr nachzuſpatziren
als ihr nicht nachzuſchauen durchs Fenſter und ſei¬
ne Augen ſuchten aus dem Gebuͤſche alle vorbei¬
blinkende Baͤnder heraus. Wandelte ſie ruͤckwaͤrts
mit dem Geſichte gegen ſeine Fenſter: ſo trat er
nicht bloß von dieſen, ſondern auch von der Gar¬
dine ſo weit wie moͤglich zuruͤck, um ungeſehen zu
ſehen. Vielleicht, (aber ſchwerlich,) kehrten ſich
die Rollen um, wenn er nach ihr ſich auf ihre Gaͤn¬
ge wagte, die fuͤr ihn Himmelswege waren. Eine
herabgewehte Roſe, die er einmal in der dunkel¬
ſten Nacht unter ihrem Fenſter aufhob, war eine
Ordensroſe fuͤr ihn, ihr welker Honigkelch war
das Potpourri ſeiner ſchoͤnſten Traͤume und ſeines
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/14>, abgerufen am 21.11.2024.
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