glitt so leise wie der Schwan unter den Blumen¬ inseln, an die ich mich lagerte, durch den Aether- Ozean dahin, der freundliche Himmel bückte sich tiefer zur Erde nieder, es war dem Herzen als müßt' es im stillen weiten Blau zerfliessen, als müßt' es von Fernen ein verhalltes Jauchzen hören und es sehnte sich nach arkadischen Ländern und nach einem Freund, vor dem es zergieng: -- -- Ich setzte mich mit der Reißfeder auf einen künstli¬ chen Felsen neben dem See und wollte meine Aus¬ sicht zeichnen -- die einander umarmenden Erlen¬ bäume, die das Ende des umgekrümmten Sees zuhülleten und belaubten -- die bunte Reihe der Blumeninseln, um deren jede schon ein doppeltes Blumenstück ihrer geschmückten Insulanerin gema¬ let schwamm, nämlich das bunte Blumenbild, das unter dem Wasser zum Spiegel-Himmel hinunter¬ gieng, und der Schattenriß, der auf dem zittern¬ den Silbergrunde schwankte -- und die lebendige Gondel, der Schwan, der zu meinen Füßen sich vielleicht in hungriger Hoffnung drehte; -- -- aber als die ganze hoch aufgerichtete Natur mir saß und mich mit ihren Strahlen ergriff, die von einer Sonne zur andern reichen: so betete ich an was
glitt ſo leiſe wie der Schwan unter den Blumen¬ inſeln, an die ich mich lagerte, durch den Aether- Ozean dahin, der freundliche Himmel buͤckte ſich tiefer zur Erde nieder, es war dem Herzen als muͤßt' es im ſtillen weiten Blau zerflieſſen, als muͤßt' es von Fernen ein verhalltes Jauchzen hoͤren und es ſehnte ſich nach arkadiſchen Laͤndern und nach einem Freund, vor dem es zergieng: — — Ich ſetzte mich mit der Reißfeder auf einen kuͤnſtli¬ chen Felſen neben dem See und wollte meine Aus¬ ſicht zeichnen — die einander umarmenden Erlen¬ baͤume, die das Ende des umgekruͤmmten Sees zuhuͤlleten und belaubten — die bunte Reihe der Blumeninſeln, um deren jede ſchon ein doppeltes Blumenſtuͤck ihrer geſchmuͤckten Inſulanerin gema¬ let ſchwamm, naͤmlich das bunte Blumenbild, das unter dem Waſſer zum Spiegel-Himmel hinunter¬ gieng, und der Schattenriß, der auf dem zittern¬ den Silbergrunde ſchwankte — und die lebendige Gondel, der Schwan, der zu meinen Fuͤßen ſich vielleicht in hungriger Hoffnung drehte; — — aber als die ganze hoch aufgerichtete Natur mir ſaß und mich mit ihren Strahlen ergriff, die von einer Sonne zur andern reichen: ſo betete ich an was
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glitt ſo leiſe wie der Schwan unter den Blumen¬
inſeln, an die ich mich lagerte, durch den Aether-
Ozean dahin, der freundliche Himmel buͤckte ſich
tiefer zur Erde nieder, es war dem Herzen als
muͤßt' es im ſtillen weiten Blau zerflieſſen, als
muͤßt' es von Fernen ein verhalltes Jauchzen hoͤren
und es ſehnte ſich nach arkadiſchen Laͤndern und
nach einem Freund, vor dem es zergieng: — —
Ich ſetzte mich mit der Reißfeder auf einen kuͤnſtli¬
chen Felſen neben dem See und wollte meine Aus¬
ſicht zeichnen — die einander umarmenden Erlen¬
baͤume, die das Ende des umgekruͤmmten Sees
zuhuͤlleten und belaubten — die bunte Reihe der
Blumeninſeln, um deren jede ſchon ein doppeltes
Blumenſtuͤck ihrer geſchmuͤckten Inſulanerin gema¬
let ſchwamm, naͤmlich das bunte Blumenbild, das
unter dem Waſſer zum Spiegel-Himmel hinunter¬
gieng, und der Schattenriß, der auf dem zittern¬
den Silbergrunde ſchwankte — und die lebendige
Gondel, der Schwan, der zu meinen Fuͤßen ſich
vielleicht in hungriger Hoffnung drehte; — — aber
als die ganze hoch aufgerichtete Natur mir ſaß und
mich mit ihren Strahlen ergriff, die von einer
Sonne zur andern reichen: ſo betete ich an was
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/17>, abgerufen am 21.11.2024.
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