räche und wie ein Nervenwurm den durchfresse, den er bewohne und wie wenig also ein anderer das Richteramt der Unversöhnlichkeit zu verwalten ha¬ be; wie wenig es Verdienst habe, Unvorsichtig¬ keiten, kleine oder zu entschuldigende Fehler zu vergeben, und wie sehr alles Verdienst in Ueberse¬ hung solcher Fehler, die uns mit Recht erbitter¬ ten, ankäme etc. Da er endlich auf das Glück der Menschenliebe zeigte etc. - so ruhte das brennende und strömende Auge Gustavs unbewust auf Bea¬ tens Antlitz aus; und als endlich ihre Augen sich, dem Pfarrer zugekehrt, mit der wahren Kummer- und Freuden-Solution anfüllten und als sie unter dem Abtrocknen sie auf Gustav wandte: so öfneten sie sich einander ihre Augen und ihr Innerstes, die zwei entkörperten Seelen schaueten groß in einan¬ der hinein und ein vorüberfliegender Augenblick des zärtlichsten Enthusiasmus zauberte sie an den Augen zusammen. . . . Aber plötzlich suchten sie wieder den alten Ort und Beata blieb mit ihren an der Kanzel.
Ich kanns nicht behaupten, ob er, H. Bürger, diese nützliche Predigt schon unter seine gedruckten gethan oder nicht; gleichwohl soll mich dieses Lob
raͤche und wie ein Nervenwurm den durchfreſſe, den er bewohne und wie wenig alſo ein anderer das Richteramt der Unverſoͤhnlichkeit zu verwalten ha¬ be; wie wenig es Verdienſt habe, Unvorſichtig¬ keiten, kleine oder zu entſchuldigende Fehler zu vergeben, und wie ſehr alles Verdienſt in Ueberſe¬ hung ſolcher Fehler, die uns mit Recht erbitter¬ ten, ankaͤme ꝛc. Da er endlich auf das Gluͤck der Menſchenliebe zeigte ꝛc. - ſo ruhte das brennende und ſtroͤmende Auge Guſtavs unbewuſt auf Bea¬ tens Antlitz aus; und als endlich ihre Augen ſich, dem Pfarrer zugekehrt, mit der wahren Kummer- und Freuden-Solution anfuͤllten und als ſie unter dem Abtrocknen ſie auf Guſtav wandte: ſo oͤfneten ſie ſich einander ihre Augen und ihr Innerſtes, die zwei entkoͤrperten Seelen ſchaueten groß in einan¬ der hinein und ein voruͤberfliegender Augenblick des zaͤrtlichſten Enthuſiaſmus zauberte ſie an den Augen zuſammen. . . . Aber ploͤtzlich ſuchten ſie wieder den alten Ort und Beata blieb mit ihren an der Kanzel.
Ich kanns nicht behaupten, ob er, H. Buͤrger, dieſe nuͤtzliche Predigt ſchon unter ſeine gedruckten gethan oder nicht; gleichwohl ſoll mich dieſes Lob
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raͤche und wie ein Nervenwurm den durchfreſſe, den
er bewohne und wie wenig alſo ein anderer das
Richteramt der Unverſoͤhnlichkeit zu verwalten ha¬
be; wie wenig es Verdienſt habe, Unvorſichtig¬
keiten, kleine oder zu entſchuldigende Fehler zu
vergeben, und wie ſehr alles Verdienſt in Ueberſe¬
hung ſolcher Fehler, die uns mit Recht erbitter¬
ten, ankaͤme ꝛc. Da er endlich auf das Gluͤck der
Menſchenliebe zeigte ꝛc. - ſo ruhte das brennende
und ſtroͤmende Auge Guſtavs unbewuſt auf Bea¬
tens Antlitz aus; und als endlich ihre Augen ſich,
dem Pfarrer zugekehrt, mit der wahren Kummer-
und Freuden-Solution anfuͤllten und als ſie unter
dem Abtrocknen ſie auf Guſtav wandte: ſo oͤfneten
ſie ſich einander ihre Augen und ihr Innerſtes, die
zwei entkoͤrperten Seelen ſchaueten groß in einan¬
der hinein und ein voruͤberfliegender Augenblick
des zaͤrtlichſten Enthuſiaſmus zauberte ſie an den
Augen zuſammen. . . . Aber ploͤtzlich ſuchten ſie
wieder den alten Ort und Beata blieb mit ihren
an der Kanzel.
Ich kanns nicht behaupten, ob er, H. Buͤrger,
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/312>, abgerufen am 22.11.2024.
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