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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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sprechen, ihm auch eines zu geben -- sie hatt' es schon ge¬
schrieben und gab es ihm heute beim Abschied --
Der frohe Tag, der frohe Abend, die himmlische
Nacht füllte ihre Augen mit tausend Seelen und
mit zwei Thränen, die stehen blieben -- sie deckte
und trocknete das eine Auge mit dem weissen Tu¬
che und sah Gustav mit dem zweiten rein und strö¬
mend an wie ein Spiegelbild . . . . Du gute See¬
le dachtest, du verbärgest auch das zweite Auge! --

Endlich -- o du ewiges unaufhörliches Endlich!
-- brach auch unsere silberne Wellen-Fahrt an ih¬
rem Ufer: ach das gegenüberliegende lag öde und
überschattet dort. Ottomar riß sich im wehmüthig¬
sten Enthusiasmus los und unter dem Verklingen
der Schweizer-Töne sagte mein erneuerter Freund:
"es ist wieder vorüber -- alle Töne verhallen -- al¬
le Wellen versinken -- die schönsten Stunden schla¬
gen aus und das Leben verrinnt -- es giebt doch
gar nichts, du weiter Himmel über uns, was uns
füllet oder beglückt! -- Lebt wohl! ich werde von
euch Abschied nehmen auf meinem ganzen Weg hin¬
durch."

Die Alpen-Echo's klangen in die weite Nacht
zurück und fielen zu einem tönenden Hauche, der

ſprechen, ihm auch eines zu geben — ſie hatt' es ſchon ge¬
ſchrieben und gab es ihm heute beim Abſchied —
Der frohe Tag, der frohe Abend, die himmliſche
Nacht fuͤllte ihre Augen mit tauſend Seelen und
mit zwei Thraͤnen, die ſtehen blieben — ſie deckte
und trocknete das eine Auge mit dem weiſſen Tu¬
che und ſah Guſtav mit dem zweiten rein und ſtroͤ¬
mend an wie ein Spiegelbild . . . . Du gute See¬
le dachteſt, du verbaͤrgeſt auch das zweite Auge! —

Endlich — o du ewiges unaufhoͤrliches Endlich!
— brach auch unſere ſilberne Wellen-Fahrt an ih¬
rem Ufer: ach das gegenuͤberliegende lag oͤde und
uͤberſchattet dort. Ottomar riß ſich im wehmuͤthig¬
ſten Enthuſiaſmus los und unter dem Verklingen
der Schweizer-Toͤne ſagte mein erneuerter Freund:
„es iſt wieder voruͤber — alle Toͤne verhallen — al¬
le Wellen verſinken — die ſchoͤnſten Stunden ſchla¬
gen aus und das Leben verrinnt — es giebt doch
gar nichts, du weiter Himmel uͤber uns, was uns
fuͤllet oder begluͤckt! — Lebt wohl! ich werde von
euch Abſchied nehmen auf meinem ganzen Weg hin¬
durch.“

Die Alpen-Echo's klangen in die weite Nacht
zuruͤck und fielen zu einem toͤnenden Hauche, der

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[348/0358] ſprechen, ihm auch eines zu geben — ſie hatt' es ſchon ge¬ ſchrieben und gab es ihm heute beim Abſchied — Der frohe Tag, der frohe Abend, die himmliſche Nacht fuͤllte ihre Augen mit tauſend Seelen und mit zwei Thraͤnen, die ſtehen blieben — ſie deckte und trocknete das eine Auge mit dem weiſſen Tu¬ che und ſah Guſtav mit dem zweiten rein und ſtroͤ¬ mend an wie ein Spiegelbild . . . . Du gute See¬ le dachteſt, du verbaͤrgeſt auch das zweite Auge! — Endlich — o du ewiges unaufhoͤrliches Endlich! — brach auch unſere ſilberne Wellen-Fahrt an ih¬ rem Ufer: ach das gegenuͤberliegende lag oͤde und uͤberſchattet dort. Ottomar riß ſich im wehmuͤthig¬ ſten Enthuſiaſmus los und unter dem Verklingen der Schweizer-Toͤne ſagte mein erneuerter Freund: „es iſt wieder voruͤber — alle Toͤne verhallen — al¬ le Wellen verſinken — die ſchoͤnſten Stunden ſchla¬ gen aus und das Leben verrinnt — es giebt doch gar nichts, du weiter Himmel uͤber uns, was uns fuͤllet oder begluͤckt! — Lebt wohl! ich werde von euch Abſchied nehmen auf meinem ganzen Weg hin¬ durch.“ Die Alpen-Echo's klangen in die weite Nacht zuruͤck und fielen zu einem toͤnenden Hauche, der

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/358>, abgerufen am 22.11.2024.