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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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merlichte, das unsre Herzen zieht, vor unsern in¬
nern Augen schweben. In der That man liebt nie
eine Frau mehr als nach einer solchen Nacht Mor¬
gens eh' man gefrühstückt.

Ich dachte heute tausendmal an meinen Gu¬
stav der vor Tags seine fünftägige Reise angetre¬
ten, und an meinen festen Ottomar, der mit ihm
geht. Möchtet ihr an keine Dornen kommen als
solche die unter die Rose gesteckt sind, unter keine
Wolke treten als die, die euch den ganzen blauen
Himmel lässet und bloß die Glut-Scheibe nimmt,
und möchte euren Freuden keine fehlen als die,
daß ihr sie uns noch nicht erzählen könnet!

Alles Sonnenlicht umzauberte und überwallte
mir bloß wie erhöhtes Mondenlicht alle Schatten¬
gänge von Lilienbad; die vorige Nacht schien mir
in den heutigen Tag herüber zu langen und ich
kann nicht sagen, wie mir der Mond, der noch
mit seinen abgewischten Schimmer wie eine Schnee¬
flocke tief gegen Abend hergieng, so willkommen
und lieb wurde. O blasser Freund der Noth und
der Nacht! ich denke schon noch an dein elysisches
Schimmern, an deine abgekühlten Stralen, womit
du uns an Bächen und in Alleen begleitest und wo¬
mit du die traurige Nacht in einen von weiten ge¬

merlichte, das unſre Herzen zieht, vor unſern in¬
nern Augen ſchweben. In der That man liebt nie
eine Frau mehr als nach einer ſolchen Nacht Mor¬
gens eh' man gefruͤhſtuͤckt.

Ich dachte heute tauſendmal an meinen Gu¬
ſtav der vor Tags ſeine fuͤnftaͤgige Reiſe angetre¬
ten, und an meinen feſten Ottomar, der mit ihm
geht. Moͤchtet ihr an keine Dornen kommen als
ſolche die unter die Roſe geſteckt ſind, unter keine
Wolke treten als die, die euch den ganzen blauen
Himmel laͤſſet und bloß die Glut-Scheibe nimmt,
und moͤchte euren Freuden keine fehlen als die,
daß ihr ſie uns noch nicht erzaͤhlen koͤnnet!

Alles Sonnenlicht umzauberte und uͤberwallte
mir bloß wie erhoͤhtes Mondenlicht alle Schatten¬
gaͤnge von Lilienbad; die vorige Nacht ſchien mir
in den heutigen Tag heruͤber zu langen und ich
kann nicht ſagen, wie mir der Mond, der noch
mit ſeinen abgewiſchten Schimmer wie eine Schnee¬
flocke tief gegen Abend hergieng, ſo willkommen
und lieb wurde. O blaſſer Freund der Noth und
der Nacht! ich denke ſchon noch an dein elyſiſches
Schimmern, an deine abgekuͤhlten Stralen, womit
du uns an Baͤchen und in Alleen begleiteſt und wo¬
mit du die traurige Nacht in einen von weiten ge¬

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[354/0364] merlichte, das unſre Herzen zieht, vor unſern in¬ nern Augen ſchweben. In der That man liebt nie eine Frau mehr als nach einer ſolchen Nacht Mor¬ gens eh' man gefruͤhſtuͤckt. Ich dachte heute tauſendmal an meinen Gu¬ ſtav der vor Tags ſeine fuͤnftaͤgige Reiſe angetre¬ ten, und an meinen feſten Ottomar, der mit ihm geht. Moͤchtet ihr an keine Dornen kommen als ſolche die unter die Roſe geſteckt ſind, unter keine Wolke treten als die, die euch den ganzen blauen Himmel laͤſſet und bloß die Glut-Scheibe nimmt, und moͤchte euren Freuden keine fehlen als die, daß ihr ſie uns noch nicht erzaͤhlen koͤnnet! Alles Sonnenlicht umzauberte und uͤberwallte mir bloß wie erhoͤhtes Mondenlicht alle Schatten¬ gaͤnge von Lilienbad; die vorige Nacht ſchien mir in den heutigen Tag heruͤber zu langen und ich kann nicht ſagen, wie mir der Mond, der noch mit ſeinen abgewiſchten Schimmer wie eine Schnee¬ flocke tief gegen Abend hergieng, ſo willkommen und lieb wurde. O blaſſer Freund der Noth und der Nacht! ich denke ſchon noch an dein elyſiſches Schimmern, an deine abgekuͤhlten Stralen, womit du uns an Baͤchen und in Alleen begleiteſt und wo¬ mit du die traurige Nacht in einen von weiten ge¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/364>, abgerufen am 22.11.2024.