Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.sein Athem-Zephyr spielte mit dem rinnenden Duf¬ Ich wandte mich nach Osten und ein ruhig¬ ſein Athem-Zephyr ſpielte mit dem rinnenden Duf¬ Ich wandte mich nach Oſten und ein ruhig¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0467" n="457"/> ſein Athem-Zephyr ſpielte mit dem rinnenden Duf¬<lb/> te wie mit weichen Bluͤthen und wiegte ſeine Wol¬<lb/> ke — die Wogen eines lauen Abendwindes ſpuͤhlten<lb/> an die Wolken an und fuͤhrten ſie — und als eine<lb/> Welle in meinen Athem floß, ſo wollt' in ihr mei¬<lb/> ne Seele dahin gegeben in ewige Ruhe auseinan¬<lb/> der rinnen — weit gegen Weſten erſchuͤtterte eine<lb/> dunkle Kugel ſich unter einem Gewitterguß und<lb/> Sturm — von Oſten her war auf meinen Boden ein<lb/> Zodiakallicht wie ein Schatten hingeworfen. . . .</p><lb/> <p>Ich wandte mich nach Oſten und ein ruhig¬<lb/> großer, in Tugend ſeliger, wie ein Mond aufge¬<lb/> hender Engel laͤchelte mich an und fragte: „kennſt<lb/> du mich? — Ich bin der Engel des Friedens und<lb/> der Ruhe und in deinem Sterben wirſt du mich<lb/> wieder ſehen. Ich liebe und troͤſte euch Menſchen<lb/> und bin bei eurem großen Kummer — wenn er<lb/> zu groß wird, wenn ihr euch auf dem harten Le¬<lb/> ben wundgelegen: ſo nehm' ich die Seele mit ih¬<lb/> ren Wunden an mein Herz und trage ſie aus eu¬<lb/> rer Kugel, die dort in Weſten kaͤmpft, und lege<lb/> ſie ſchlummernd auf die weiche Wolke des Todes<lb/> nieder.“</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [457/0467]
ſein Athem-Zephyr ſpielte mit dem rinnenden Duf¬
te wie mit weichen Bluͤthen und wiegte ſeine Wol¬
ke — die Wogen eines lauen Abendwindes ſpuͤhlten
an die Wolken an und fuͤhrten ſie — und als eine
Welle in meinen Athem floß, ſo wollt' in ihr mei¬
ne Seele dahin gegeben in ewige Ruhe auseinan¬
der rinnen — weit gegen Weſten erſchuͤtterte eine
dunkle Kugel ſich unter einem Gewitterguß und
Sturm — von Oſten her war auf meinen Boden ein
Zodiakallicht wie ein Schatten hingeworfen. . . .
Ich wandte mich nach Oſten und ein ruhig¬
großer, in Tugend ſeliger, wie ein Mond aufge¬
hender Engel laͤchelte mich an und fragte: „kennſt
du mich? — Ich bin der Engel des Friedens und
der Ruhe und in deinem Sterben wirſt du mich
wieder ſehen. Ich liebe und troͤſte euch Menſchen
und bin bei eurem großen Kummer — wenn er
zu groß wird, wenn ihr euch auf dem harten Le¬
ben wundgelegen: ſo nehm' ich die Seele mit ih¬
ren Wunden an mein Herz und trage ſie aus eu¬
rer Kugel, die dort in Weſten kaͤmpft, und lege
ſie ſchlummernd auf die weiche Wolke des Todes
nieder.“
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