oder am Tage darauf sich verstellen und sagen, wie brillant wars, wie delicieux etc. Große Quartanten- Theologen haben längst bewiesen, daß Adam vor dem Falle kein Vergnügen aus dem Essenund andern Vergnügungen geschöpfet habe -- unsre Großen sind vor ihrem Falle eben so schlimm daran und verrichten alles das in ihrer Unschuld, ohne den geringsten Spas dabei zu haben. Ich wollt' ich könnte dem Hofstaat helfen. -- --
Ein Mensch, der eine festgesetzte Arbeitsstun¬ de (und wäre sie nur 30 Minuten lang) hat, sie¬ het sich für ämsiger an, wie einer, der gerade heute seinem 12stündigen Pensum 30 Minuten ab¬ gebrochen. Oefel warf sich selber seine übertriebne Anspannung vor und sagte, er wüßte sich nicht zu entschuldigen, daß er jeden Morgen Eine Stun¬ de schreibe am "Großsultan." Erst darnach waren die ernsthaften Geschäfte des Tages zu Ende: er ließ sich nun zum erstenmale frisieren und ein¬ stäuben, um als Tagschmetterling gegen alle Toilettenspiegel anzuflattern; auf den Blumen¬ kopf der Defaillante (so hieß die Ministerin noch) ließ er sich nieder. Alsdann ließ er sich zum zwei¬ tenmal frisieren und beflügeln, um als bestäub¬
oder am Tage darauf ſich verſtellen und ſagen, wie brillant wars, wie delicieux ꝛc. Große Quartanten- Theologen haben laͤngſt bewieſen, daß Adam vor dem Falle kein Vergnuͤgen aus dem Eſſenund andern Vergnuͤgungen geſchoͤpfet habe — unſre Großen ſind vor ihrem Falle eben ſo ſchlimm daran und verrichten alles das in ihrer Unſchuld, ohne den geringſten Spas dabei zu haben. Ich wollt' ich koͤnnte dem Hofſtaat helfen. — —
Ein Menſch, der eine feſtgeſetzte Arbeitsſtun¬ de (und waͤre ſie nur 30 Minuten lang) hat, ſie¬ het ſich fuͤr aͤmſiger an, wie einer, der gerade heute ſeinem 12ſtuͤndigen Penſum 30 Minuten ab¬ gebrochen. Oefel warf ſich ſelber ſeine uͤbertriebne Anſpannung vor und ſagte, er wuͤßte ſich nicht zu entſchuldigen, daß er jeden Morgen Eine Stun¬ de ſchreibe am „Großſultan.” Erſt darnach waren die ernſthaften Geſchaͤfte des Tages zu Ende: er ließ ſich nun zum erſtenmale friſieren und ein¬ ſtaͤuben, um als Tagſchmetterling gegen alle Toilettenſpiegel anzuflattern; auf den Blumen¬ kopf der Défaillante (ſo hieß die Miniſterin noch) ließ er ſich nieder. Alsdann ließ er ſich zum zwei¬ tenmal friſieren und befluͤgeln, um als beſtaͤub¬
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oder am Tage darauf ſich verſtellen und ſagen, wie
brillant wars, wie delicieux ꝛc. Große Quartanten-
Theologen haben laͤngſt bewieſen, daß Adam vor
dem Falle kein Vergnuͤgen aus dem Eſſen und
andern Vergnuͤgungen geſchoͤpfet habe — unſre
Großen ſind vor ihrem Falle eben ſo ſchlimm daran
und verrichten alles das in ihrer Unſchuld, ohne
den geringſten Spas dabei zu haben. Ich wollt'
ich koͤnnte dem Hofſtaat helfen. — —
Ein Menſch, der eine feſtgeſetzte Arbeitsſtun¬
de (und waͤre ſie nur 30 Minuten lang) hat, ſie¬
het ſich fuͤr aͤmſiger an, wie einer, der gerade
heute ſeinem 12ſtuͤndigen Penſum 30 Minuten ab¬
gebrochen. Oefel warf ſich ſelber ſeine uͤbertriebne
Anſpannung vor und ſagte, er wuͤßte ſich nicht
zu entſchuldigen, daß er jeden Morgen Eine Stun¬
de ſchreibe am „Großſultan.” Erſt darnach waren
die ernſthaften Geſchaͤfte des Tages zu Ende: er
ließ ſich nun zum erſtenmale friſieren und ein¬
ſtaͤuben, um als Tagſchmetterling gegen alle
Toilettenſpiegel anzuflattern; auf den Blumen¬
kopf der Défaillante (ſo hieß die Miniſterin noch)
ließ er ſich nieder. Alsdann ließ er ſich zum zwei¬
tenmal friſieren und befluͤgeln, um als beſtaͤub¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/48>, abgerufen am 21.11.2024.
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