Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

terrettiche muß man weit säen, damit sie
groß werden; engstehende Menschen und
Bäume haben zwar einen schlankern Stangen¬
schuß, aber keine Wetterfestigkeit, keine so reiche
Krone und Aestung wie freistehende. -- Mit
der unbefangensten Herrlichkeit entdeckte der
Baumeister dem glühenden Jünglinge: "sie wür¬
"den sich von nun an jede Woche sehen, da er
"täglich, um den Bau der Kirche zu besorgen,
"komme." -- --

-- Das ganze Wehrfrizische Haus guckt
jetzt dem hohen Zuge bis auf das letzte ver¬
schwindende Wagenrad hinterdrein und ist doch
begierig, über das nachduftende Lavendelwasser
der Freude drei Worte zu sagen, das der Zug
in alle Winkel und auf alle Möbeln verspritzet
hatte. Vom Exerzizienmeister an, der mit
den Kompressionsmaschinen an den Füßen bloß
bis an die Knorren im Fegefeuer stand und
dann bis an den Wirbel im Himmel, weil die
gesprächige Prinzessinn sich seiner fünf Posizio¬
nen sehr gut entsonnen hatte -- bis zur be¬
scheidnen Rabette, der Lobrednerinn ihrer Sie¬
gerinn, -- und bis zu Albinen, der an einer

terrettiche muß man weit ſäen, damit ſie
groß werden; engſtehende Menſchen und
Bäume haben zwar einen ſchlankern Stangen¬
ſchuß, aber keine Wetterfeſtigkeit, keine ſo reiche
Krone und Aeſtung wie freiſtehende. — Mit
der unbefangenſten Herrlichkeit entdeckte der
Baumeiſter dem glühenden Jünglinge: „ſie wür¬
„den ſich von nun an jede Woche ſehen, da er
„täglich, um den Bau der Kirche zu beſorgen,
„komme.“ — —

— Das ganze Wehrfriziſche Haus guckt
jetzt dem hohen Zuge bis auf das letzte ver¬
ſchwindende Wagenrad hinterdrein und iſt doch
begierig, über das nachduftende Lavendelwaſſer
der Freude drei Worte zu ſagen, das der Zug
in alle Winkel und auf alle Möbeln verſpritzet
hatte. Vom Exerzizienmeiſter an, der mit
den Kompreſſionsmaſchinen an den Füßen bloß
bis an die Knorren im Fegefeuer ſtand und
dann bis an den Wirbel im Himmel, weil die
geſprächige Prinzeſſinn ſich ſeiner fünf Poſizio¬
nen ſehr gut entſonnen hatte — bis zur be¬
ſcheidnen Rabette, der Lobrednerinn ihrer Sie¬
gerinn, — und bis zu Albinen, der an einer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0268" n="248"/>
terrettiche muß man <hi rendition="#g">weit</hi> &#x017F;äen, damit &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#g">groß</hi> werden; eng&#x017F;tehende Men&#x017F;chen und<lb/>
Bäume haben zwar einen &#x017F;chlankern Stangen¬<lb/>
&#x017F;chuß, aber keine Wetterfe&#x017F;tigkeit, keine &#x017F;o reiche<lb/>
Krone und Ae&#x017F;tung wie frei&#x017F;tehende. &#x2014; Mit<lb/>
der unbefangen&#x017F;ten Herrlichkeit entdeckte der<lb/>
Baumei&#x017F;ter dem glühenden Jünglinge: &#x201E;&#x017F;ie wür¬<lb/>
&#x201E;den &#x017F;ich von nun an jede Woche &#x017F;ehen, da er<lb/>
&#x201E;täglich, um den Bau der Kirche zu be&#x017F;orgen,<lb/>
&#x201E;komme.&#x201C; &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x2014; Das ganze Wehrfrizi&#x017F;che Haus guckt<lb/>
jetzt dem hohen Zuge bis auf das letzte ver¬<lb/>
&#x017F;chwindende Wagenrad hinterdrein und i&#x017F;t doch<lb/>
begierig, über das nachduftende Lavendelwa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
der Freude drei Worte zu &#x017F;agen, <choice><sic>daß</sic><corr type="corrigenda">das</corr></choice> der Zug<lb/>
in alle Winkel und auf alle Möbeln ver&#x017F;pritzet<lb/>
hatte. Vom Exerzizienmei&#x017F;ter an, der mit<lb/>
den Kompre&#x017F;&#x017F;ionsma&#x017F;chinen an den Füßen bloß<lb/>
bis an die Knorren im Fegefeuer &#x017F;tand und<lb/>
dann bis an den Wirbel im Himmel, weil die<lb/>
ge&#x017F;prächige Prinze&#x017F;&#x017F;inn &#x017F;ich &#x017F;einer fünf Po&#x017F;izio¬<lb/>
nen &#x017F;ehr gut ent&#x017F;onnen hatte &#x2014; bis zur be¬<lb/>
&#x017F;cheidnen Rabette, der Lobrednerinn ihrer Sie¬<lb/>
gerinn, &#x2014; und bis zu Albinen, der an einer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0268] terrettiche muß man weit ſäen, damit ſie groß werden; engſtehende Menſchen und Bäume haben zwar einen ſchlankern Stangen¬ ſchuß, aber keine Wetterfeſtigkeit, keine ſo reiche Krone und Aeſtung wie freiſtehende. — Mit der unbefangenſten Herrlichkeit entdeckte der Baumeiſter dem glühenden Jünglinge: „ſie wür¬ „den ſich von nun an jede Woche ſehen, da er „täglich, um den Bau der Kirche zu beſorgen, „komme.“ — — — Das ganze Wehrfriziſche Haus guckt jetzt dem hohen Zuge bis auf das letzte ver¬ ſchwindende Wagenrad hinterdrein und iſt doch begierig, über das nachduftende Lavendelwaſſer der Freude drei Worte zu ſagen, das der Zug in alle Winkel und auf alle Möbeln verſpritzet hatte. Vom Exerzizienmeiſter an, der mit den Kompreſſionsmaſchinen an den Füßen bloß bis an die Knorren im Fegefeuer ſtand und dann bis an den Wirbel im Himmel, weil die geſprächige Prinzeſſinn ſich ſeiner fünf Poſizio¬ nen ſehr gut entſonnen hatte — bis zur be¬ ſcheidnen Rabette, der Lobrednerinn ihrer Sie¬ gerinn, — und bis zu Albinen, der an einer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/268
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/268>, abgerufen am 21.11.2024.