Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.gen des Herzens und seufzete nach dem ver¬ gen des Herzens und ſeufzete nach dem ver¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0029" n="9"/> gen des Herzens und ſeufzete nach dem ver¬<lb/> hüllten Vater, der ihm bisher mit Sonnen¬<lb/> kraft wie hinter einer Nebelbank, den Tag<lb/> des Lebens warm und licht gemacht. Dieſes<lb/> Sehnen war nicht kindliche Liebe — dieſe ge¬<lb/> hörte ſeinen Pflegeeltern an, weil kindliche nur<lb/> gegen ein Herz entſteht, woran wir lange la¬<lb/> gen, und das uns gleichſam mit den erſten<lb/> Herzblättern gegen kalte Nächte und heiße<lb/> Tage beſchirmte — ſeine Liebe war höher oder<lb/> ſeltener. Über ſeine Seele war der Rieſenſchat¬<lb/> ten des väterlichen Bildes geworfen, der durch<lb/> Gaſpards Kälte nichts verlohr; Dian verglich<lb/> ſie mit der Ruhe auf dem erhabenen Angeſichte<lb/> der Juno Ludovici; und der warme Sohn ver¬<lb/> glich ſie mit einer andern ſchnellen Kälte, die<lb/> im Herzen oft neben zu großer fremder Wär¬<lb/> me einfällt, wie Brennſpiegel gerade in den<lb/> heißern Tagen matter brennen. Ja er hoffte<lb/> ſogar, er vermöge vielleicht dieſes ſo quälend<lb/> ans Eisfeld des Lebens angefrorne Vaterherz<lb/> durch ſeine Liebe abzulöſen; der Jüngling be¬<lb/> griff nicht, wie einem treuen warmen Herzen<lb/> zu widerſtehen ſey, wenigſtens ſeinem.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0029]
gen des Herzens und ſeufzete nach dem ver¬
hüllten Vater, der ihm bisher mit Sonnen¬
kraft wie hinter einer Nebelbank, den Tag
des Lebens warm und licht gemacht. Dieſes
Sehnen war nicht kindliche Liebe — dieſe ge¬
hörte ſeinen Pflegeeltern an, weil kindliche nur
gegen ein Herz entſteht, woran wir lange la¬
gen, und das uns gleichſam mit den erſten
Herzblättern gegen kalte Nächte und heiße
Tage beſchirmte — ſeine Liebe war höher oder
ſeltener. Über ſeine Seele war der Rieſenſchat¬
ten des väterlichen Bildes geworfen, der durch
Gaſpards Kälte nichts verlohr; Dian verglich
ſie mit der Ruhe auf dem erhabenen Angeſichte
der Juno Ludovici; und der warme Sohn ver¬
glich ſie mit einer andern ſchnellen Kälte, die
im Herzen oft neben zu großer fremder Wär¬
me einfällt, wie Brennſpiegel gerade in den
heißern Tagen matter brennen. Ja er hoffte
ſogar, er vermöge vielleicht dieſes ſo quälend
ans Eisfeld des Lebens angefrorne Vaterherz
durch ſeine Liebe abzulöſen; der Jüngling be¬
griff nicht, wie einem treuen warmen Herzen
zu widerſtehen ſey, wenigſtens ſeinem.
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