jetzt die Freiheit auf dem Paradebette der Al¬ pen liegen und die Schweizer wachen -- beste¬ hen bekanntlich aus zwei Regierungsräthen, zwei Kammerräthen und so fort. Der eine Kam¬ merrath war der Hauptmann Roquairol. Es kann hier nur einschaltungsweise berührt wer¬ den, wie dieser Jüngling, der vom Kamerale fast nicht mehr verstand als ein Kammerrath im * * hischen, doch zu einem Rathe in Kriegs¬ sachen darin aufstieg --, nämlich wider seinen Willen durch den alten Froulay, der (an sich eben kein sentimentalischer Herr) den alten Fürsten immer die Jugenderinnerungen auf¬ frischte und auffärbte, weil man in dieser wei¬ chen Laune von ihm erbetteln konnte was man wollte. Wie häßlich und niedrig! So kann ein armer Fürst kein Lächeln, keine Thräne, kein freudiges Bild haben, woraus nicht irgend ein Hofprezist, ders sieht, einen Thürgriff arbeitet, sich etwas zu öffnen, oder einen Degengriff zum Verwunden; keinen Laut kann er von sich ge¬ ben, den nicht ein Waidmann und Wildruf¬ dreher zum Mundstück und Wildruf ver¬ brauche. --
jetzt die Freiheit auf dem Paradebette der Al¬ pen liegen und die Schweizer wachen — beſte¬ hen bekanntlich aus zwei Regierungsräthen, zwei Kammerräthen und ſo fort. Der eine Kam¬ merrath war der Hauptmann Roquairol. Es kann hier nur einſchaltungsweiſe berührt wer¬ den, wie dieſer Jüngling, der vom Kamerale faſt nicht mehr verſtand als ein Kammerrath im * * hiſchen, doch zu einem Rathe in Kriegs¬ ſachen darin aufſtieg —, nämlich wider ſeinen Willen durch den alten Froulay, der (an ſich eben kein ſentimentaliſcher Herr) den alten Fürſten immer die Jugenderinnerungen auf¬ friſchte und auffärbte, weil man in dieſer wei¬ chen Laune von ihm erbetteln konnte was man wollte. Wie häßlich und niedrig! So kann ein armer Fürſt kein Lächeln, keine Thräne, kein freudiges Bild haben, woraus nicht irgend ein Hofpreziſt, ders ſieht, einen Thürgriff arbeitet, ſich etwas zu öffnen, oder einen Degengriff zum Verwunden; keinen Laut kann er von ſich ge¬ ben, den nicht ein Waidmann und Wildruf¬ dreher zum Mundſtück und Wildruf ver¬ brauche. —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0319"n="299"/>
jetzt die Freiheit auf dem Paradebette der Al¬<lb/>
pen liegen und die Schweizer wachen — beſte¬<lb/>
hen bekanntlich aus zwei Regierungsräthen,<lb/>
zwei Kammerräthen und ſo fort. Der eine Kam¬<lb/>
merrath war der Hauptmann Roquairol. Es<lb/>
kann hier nur einſchaltungsweiſe berührt wer¬<lb/>
den, wie dieſer Jüngling, der vom Kamerale<lb/>
faſt nicht mehr verſtand als ein Kammerrath<lb/>
im * * hiſchen, doch zu einem Rathe in Kriegs¬<lb/>ſachen darin aufſtieg —, nämlich wider ſeinen<lb/>
Willen durch den alten Froulay, der (an ſich<lb/>
eben kein ſentimentaliſcher Herr) den alten<lb/>
Fürſten immer die Jugenderinnerungen auf¬<lb/>
friſchte und auffärbte, weil man in dieſer wei¬<lb/>
chen Laune von ihm erbetteln konnte was man<lb/>
wollte. Wie häßlich und niedrig! So kann ein<lb/>
armer Fürſt kein Lächeln, keine Thräne, kein<lb/>
freudiges Bild haben, woraus nicht irgend ein<lb/>
Hofpreziſt, ders ſieht, einen Thürgriff arbeitet,<lb/>ſich etwas zu öffnen, oder einen Degengriff zum<lb/>
Verwunden; keinen Laut kann er von ſich ge¬<lb/>
ben, den nicht ein Waidmann und Wildruf¬<lb/>
dreher zum Mundſtück und Wildruf ver¬<lb/>
brauche. —</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[299/0319]
jetzt die Freiheit auf dem Paradebette der Al¬
pen liegen und die Schweizer wachen — beſte¬
hen bekanntlich aus zwei Regierungsräthen,
zwei Kammerräthen und ſo fort. Der eine Kam¬
merrath war der Hauptmann Roquairol. Es
kann hier nur einſchaltungsweiſe berührt wer¬
den, wie dieſer Jüngling, der vom Kamerale
faſt nicht mehr verſtand als ein Kammerrath
im * * hiſchen, doch zu einem Rathe in Kriegs¬
ſachen darin aufſtieg —, nämlich wider ſeinen
Willen durch den alten Froulay, der (an ſich
eben kein ſentimentaliſcher Herr) den alten
Fürſten immer die Jugenderinnerungen auf¬
friſchte und auffärbte, weil man in dieſer wei¬
chen Laune von ihm erbetteln konnte was man
wollte. Wie häßlich und niedrig! So kann ein
armer Fürſt kein Lächeln, keine Thräne, kein
freudiges Bild haben, woraus nicht irgend ein
Hofpreziſt, ders ſieht, einen Thürgriff arbeitet,
ſich etwas zu öffnen, oder einen Degengriff zum
Verwunden; keinen Laut kann er von ſich ge¬
ben, den nicht ein Waidmann und Wildruf¬
dreher zum Mundſtück und Wildruf ver¬
brauche. —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/319>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.