Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.genlichts gemalt, das jetzt den entkleideten Diese tyrannische Erinnerung an die Lei¬ genlichts gemalt, das jetzt den entkleideten Dieſe tyranniſche Erinnerung an die Lei¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0323" n="303"/> genlichts gemalt, das jetzt den entkleideten<lb/> Geiſt umgab. Aber auf Julienne machte ein<lb/> ſchwarzes Taftpflaſter auf dem Augenknochen,<lb/> das noch von einem Stoße daraufgeblieben<lb/> war, dieſes Zeichen der Wunden einen hefti¬<lb/> gern Eindruck als alle Zeichen der Heilung; ſie<lb/> bemerkte nur die Thränen, aber nicht die Worte<lb/> Lianens: o wie ruht Er ſo ſchön! — „Aber<lb/> „warum ruht er? (ſagte ihr Bruder mit jener<lb/> „aus dem Innerſten murmelnden Stimme, die<lb/> „ſie von ſeiner Liebhaber-Bühne her kannte;<lb/> „und faßte ihre Hand erſchüttert, weil er und<lb/> „ſie einander innig liebten und ſeine Lava<lb/> „brach nun durch die dünne Rinde) — dar¬<lb/> „um, — weil das Herz aus ſeiner Bruſt ge¬<lb/> „ſchnitten iſt, weil darin das Feuerrad der<lb/> „Entzückung, das Schöpfrad der Thränen<lb/> „nicht mehr geht.“ —</p><lb/> <p>Dieſe tyranniſche Erinnerung an die Lei¬<lb/> chenöffnung wirkte fürchterlich auf die kranke<lb/> Liane und ſie mußte die Augen von der zuge¬<lb/> deckten Bruſt abwenden, weil der Schmerz mit<lb/> einem Lungenkrampfe den Athem ſperrte; und<lb/> doch fuhr der wilde, andere wie ſich verhee¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [303/0323]
genlichts gemalt, das jetzt den entkleideten
Geiſt umgab. Aber auf Julienne machte ein
ſchwarzes Taftpflaſter auf dem Augenknochen,
das noch von einem Stoße daraufgeblieben
war, dieſes Zeichen der Wunden einen hefti¬
gern Eindruck als alle Zeichen der Heilung; ſie
bemerkte nur die Thränen, aber nicht die Worte
Lianens: o wie ruht Er ſo ſchön! — „Aber
„warum ruht er? (ſagte ihr Bruder mit jener
„aus dem Innerſten murmelnden Stimme, die
„ſie von ſeiner Liebhaber-Bühne her kannte;
„und faßte ihre Hand erſchüttert, weil er und
„ſie einander innig liebten und ſeine Lava
„brach nun durch die dünne Rinde) — dar¬
„um, — weil das Herz aus ſeiner Bruſt ge¬
„ſchnitten iſt, weil darin das Feuerrad der
„Entzückung, das Schöpfrad der Thränen
„nicht mehr geht.“ —
Dieſe tyranniſche Erinnerung an die Lei¬
chenöffnung wirkte fürchterlich auf die kranke
Liane und ſie mußte die Augen von der zuge¬
deckten Bruſt abwenden, weil der Schmerz mit
einem Lungenkrampfe den Athem ſperrte; und
doch fuhr der wilde, andere wie ſich verhee¬
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